Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].146 Beschaffenheit in Augenschein nehmen könne. Daß Waßerwird durch eine machine mit 4 Pferden, welche alle 3 Stunden abwechseln, so lange es Tag ist, mittelst zweyer großen Eymer oder vielmehr Tonnen, deren iedwede 1200 Liter Waßer in sich faßet, heraufgezogen, so, daß alle 4 Minuten aufs längste ein Eymer ausgießet. Jetztgedachte Eymer haben unten im Boden iedweder 4 eiserne ventile, welche das Waßer, wenn der Eymer hineingelaßen wird, aufhebet, und, wenn er angefüllet hinaufgezogen wird, wiederum zudrücket. Der Ausguß geschiehet in ein sehr breites mit Bley wohl aus- gefülltes Bassin, und ist an der Stelle, wo iedweder Eymer ausgießen soll, ein starcker eiserner Hacken befestiget, an welchen der heraufkommende Eymer sich accrochiret, und, weil die Pferde immer weiter fortziehen, von selbst in die Höhe kippet. So bald solches geschehen, werden die Pferde umgekehret, um den leeren Eymer wieder hinunter, und den andern vollen wieder herauf zu bringen. Aus gedachtem Bassin läuft das Waßer in ein gleich hinter demselbsen befindlich großes reservoir, welches in einem auf 3 Seiten mit Fenstern versehenen, und bis an die rincks herum lauffende Gallerie mit Bley, ausgefüttertem Gewölbe bestehet. Das Waßer in diesem Reservoir ist a l'ordinaire 6 Fuß hoch, und wird aus demselben durch bleyerne Röhren an alle Orte dieses weitläuffigen Hauses, wo es nötig ist, hingeleitet, wie denn Zum Exempel in der Küche über den verdeckten Heerd, in welchem die Suppen- und Fleisch-Keßel eingemauert sind, etliche von metall ge- goßene Röhre hinüber lauffen, aus welchen das Waßer ver- mittelst aufgeschraubter Hähne in die Keßel läuft. In dem großen Wasch-Hause hat gleichfals ieglicher Keßel und iegliche Pfanne ihren eignen Hahn. Die geistliche Nothdurft wird durch 12 mit hier wohnende Priester, die leibliche aber durch einen Oeconomum, welcher iedoch unter gewißen Directeurs stehet, besorget. La Salpetriere oder l'hopital generale ist eine große publique 146 Beschaffenheit in Augenschein nehmen könne. Daß Waßerwird durch eine machine mit 4 Pferden, welche alle 3 Stunden abwechseln, so lange es Tag ist, mittelst zweyer großen Eymer oder vielmehr Tonnen, deren iedwede 1200 Liter Waßer in sich faßet, heraufgezogen, so, daß alle 4 Minuten aufs längste ein Eymer ausgießet. Jetztgedachte Eymer haben unten im Boden iedweder 4 eiserne ventile, welche das Waßer, wenn der Eymer hineingelaßen wird, aufhebet, und, wenn er angefüllet hinaufgezogen wird, wiederum zudrücket. Der Ausguß geschiehet in ein sehr breites mit Bley wohl aus- gefülltes Bassin, und ist an der Stelle, wo iedweder Eymer ausgießen soll, ein starcker eiserner Hacken befestiget, an welchen der heraufkommende Eymer sich accrochiret, und, weil die Pferde immer weiter fortziehen, von selbst in die Höhe kippet. So bald solches geschehen, werden die Pferde umgekehret, um den leeren Eymer wieder hinunter, und den andern vollen wieder herauf zu bringen. Aus gedachtem Bassin läuft das Waßer in ein gleich hinter demselbsen befindlich großes reservoir, welches in einem auf 3 Seiten mit Fenstern versehenen, und bis an die rincks herum lauffende Gallerie mit Bley, ausgefüttertem Gewölbe bestehet. Das Waßer in diesem Reservoir ist à l'ordinaire 6 Fuß hoch, und wird aus demselben durch bleyerne Röhren an alle Orte dieses weitläuffigen Hauses, wo es nötig ist, hingeleitet, wie denn Zum Exempel in der Küche über den verdeckten Heerd, in welchem die Suppen- und Fleisch-Keßel eingemauert sind, etliche von metall ge- goßene Röhre hinüber lauffen, aus welchen das Waßer ver- mittelst aufgeschraubter Hähne in die Keßel läuft. In dem großen Wasch-Hause hat gleichfals ieglicher Keßel und iegliche Pfanne ihren eignen Hahn. Die geistliche Nothdurft wird durch 12 mit hier wohnende Priester, die leibliche aber durch einen Oeconomum, welcher iedoch unter gewißen Directeurs stehet, besorget. La Salpetriere oder l'hôpital generale ist eine große publique <TEI> <text> <body> <div type="letter"> <div type="diaryEntry"> <p><pb facs="#f0306"/><fw type="folNum" place="top">146</fw><lb/> Beschaffenheit in Augenschein nehmen könne. 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Beschaffenheit in Augenschein nehmen könne. Daß Waßer
wird durch eine machine mit 4 Pferden, welche alle 3 Stunden
abwechseln, so lange es Tag ist, mittelst zweyer großen
Eymer oder vielmehr Tonnen, deren iedwede 1200 Lt Waßer
in sich faßet, heraufgezogen, so, daß alle 4 Minuten aufs
längste ein Eymer ausgießet. Jetztgedachte Eymer haben
unten im Boden iedweder 4 eiserne ventile, welche das
Waßer, wenn der Eymer hineingelaßen wird, aufhebet, und,
wenn er angefüllet hinaufgezogen wird, wiederum zudrücket.
Der Ausguß geschiehet in ein sehr breites mit Bley wohl aus-
gefülltes Bassin, und ist an der Stelle, wo iedweder Eymer
ausgießen soll, ein starcker eiserner Hacken befestiget, an
welchen der heraufkommende Eymer sich accrochiret, und, weil
die Pferde immer weiter fortziehen, von selbst in die Höhe
kippet. So bald solches geschehen, werden die Pferde umgekehret,
um den leeren Eymer wieder hinunter, und den andern vollen
wieder herauf zu bringen. Aus gedachtem Bassin läuft das
Waßer in ein gleich hinter demselbsen befindl: großes reservoir,
welches in einem auf 3 Seiten mit Fenstern versehenen,
und bis an die rincks herum lauffende Galerie mit Bley,
ausgefüttertem Gewölbe bestehet. Das Waßer in diesem
Reservoir ist à l'ordinaire 6 Fuß hoch, und wird aus demselben
durch bleyerne Röhren an alle Orte dieses weitläuffigen
Hauses, wo es nötig ist, hingeleitet, wie denn Z.E. in der
Küche über den verdeckten Heerd, in welchem die Suppen-
und Fleisch-Keßel eingemauert sind, etliche von metall ge-
goßene Röhre hinüber lauffen, aus welchen das Waßer ver-
mittelst aufgeschraubter Hähne in die Keßel läuft. In dem
großen Wasch-Hause hat gleichfals ieglicher Keßel und iegliche
Pfanne ihren eignen Hahn. Die geistliche Nothdurft wird
durch 12 mit hier wohnende Priester, die leibliche aber durch
einen Oeconomum, welcher iedoch unter gewißen Directeurs
stehet, besorget.
La Salpetriere oder l'hôpital general ist eine große publique
Anstalt vor das weibliche Geschlecht, und wird durch etliche 30
Schwestern, und unter ihnen durch etl: 80 Gouvernantinnen, auch
eine starcke Anzahl Mägde gouverniret und bedienet. Die Anzahl
derer ietzo vorhandenen Einwohner erstrecket sich auf 7000, be-
stehend in folgenden Espeçen: 1) Findel=Kinder, welche etliche
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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