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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Preußen das Champ de Bataille behalten, aber doch mehr als
die Oesterreicher eingebüßet. Der Holländische Ambassadeur ließ
sich auf die eigentliche Beschaffenheit des Facti nicht ein, sondern
bezeigte nur über die gantze Entreprise des Königs wegen
Schlesien sein großes Mißfallen, in summa diese
affaire war heute am Hofe der general Discours, und
redete ein ieder davon nach seiner passion, die meisten
aber admirireten das personel verhalten des Königs, als dem
man eine so außerordentliche bravoure, bey seiner vor die
Gelehrsamkeit und Künste geäußerten so sehr großen
Neigung, nicht zugetrauet hätte, und wurde bey dieser Ge-
legenheit erzehlet, daß einige Frantzosen, welche ehemals
um ihn gewesen, die Nachricht hieher gebracht, daß er bey
Lebens-Zeiten seines Herrn Vaters mit Fleiß das Ansehen von
sich gegeben, als ob er mit gantz andern Sachen sich amusire,
in Geheim aber die Kriegs-Kunst mit der allergrösten
application studiret habe. Nach geendeter Meße begaben
wir uns wieder zu der Königin ins Zimmer, da sie sich
bald mit diesem, bald mit jenem, sonderlich aber mit dem
Päbstlichen Nuncio zu rbeden machte, bis endlich der König
kam, und nebst ihr von denen 2 Marschällen, deren
einer [unleserliches Material]vor dem König, forgehet, und der andre aber vor
der Königin hergehet, in die 2te antichambre zur Tafel
geführet wurde, da denn beyde mit einander speiseten,
welches le grand Convert genennet wird. Wegen des heuti-
gen Marcus Tages wurde lauter maigre gegeben
und sprach der König mehrentheils mit dem Päbstlichen Nuncio,
mit der Königin aber gar nicht. Die übrige e[unleserliches Material]tiquette ist
bereits vormals beschrieben worden. Wir konnten auch
ohnedem das Ende nicht abwarten, weil es Zeit war,
uns selbsten zu dem Comte de Livry zur Tafel zu
begeben, woselbst die übrigen Gäste waren: der Duc
d'Aumont
, die Ministres von Schweden, Chur-Pfaltz, Wür-
tenberg
, Florentz, Lüttig, Engelland und Guastalla, Mylord
Tetford
und 2 frantzösischen Obristen. Die Schlesische Geschichte
waren auch hier der Haupt-Discours, außer daß nach der
Tafel wir mit dem Baron Orion noch über die Lüttigschen Strei-
tigkeiten mit dem Hertzogthum Brabant uns zu unterreden

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Preußen das Champ de Bataille behalten, aber doch mehr als
die Oesterreicher eingebüßet. Der Holländische Ambassadeur ließ
sich auf die eigentliche Beschaffenheit des Facti nicht ein, sondern
bezeigte nur über die gantze Entreprise des Königs wegen
Schlesien sein großes Mißfallen, in summa diese
affaire war heute am Hofe der general Discours, und
redete ein ieder davon nach seiner passion, die meisten
aber admirireten das personel verhalten des Königs, als dem
man eine so außerordentliche bravoure, bey seiner vor die
Gelehrsamkeit und Künste geäußerten so sehr großen
Neigung, nicht zugetrauet hätte, und wurde bey dieser Ge-
legenheit erzehlet, daß einige Frantzosen, welche ehemals
um ihn gewesen, die Nachricht hieher gebracht, daß er bey
Lebens-Zeiten seines Herrn Vaters mit Fleiß das Ansehen von
sich gegeben, als ob er mit gantz andern Sachen sich amusire,
in Geheim aber die Kriegs-Kunst mit der allergrösten
application studiret habe. Nach geendeter Meße begaben
wir uns wieder zu der Königin ins Zimmer, da sie sich
bald mit diesem, bald mit jenem, sonderlich aber mit dem
Päbstlichen Nuncio zu rbeden machte, bis endlich der König
kam, und nebst ihr von denen 2 Marschällen, deren
einer [unleserliches Material]vor dem König, forgehet, und der andre aber vor
der Königin hergehet, in die 2te antichambre zur Tafel
geführet wurde, da denn beyde mit einander speiseten,
welches le grand Convert genennet wird. Wegen des heuti-
gen Marcus Tages wurde lauter maigre gegeben
und sprach der König mehrentheils mit dem Päbstlichen Nuncio,
mit der Königin aber gar nicht. Die übrige e[unleserliches Material]tiquette ist
bereits vormals beschrieben worden. Wir konnten auch
ohnedem das Ende nicht abwarten, weil es Zeit war,
uns selbsten zu dem Comte de Livry zur Tafel zu
begeben, woselbst die übrigen Gäste waren: der Duc
d’Aumont
, die Ministres von Schweden, Chur-Pfaltz, Wür-
tenberg
, Florentz, Lüttig, Engelland und Guastalla, Mylord
Tetford
und 2 frantzösischen Obristen. Die Schlesische Geschichte
waren auch hier der Haupt-Discours, außer daß nach der
Tafel wir mit dem Baron Orion noch über die Lüttigschen Strei-
tigkeiten mit dem Hertzogthum Brabant uns zu unterreden

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[0278] 132 Preußen das Champ de Bataille behalten, aber doch mehr als die Oesterreicher eingebüßet. Der Holländl: Ambassadeur ließ sich auf die eigentl: Beschaffenheit des Facti nicht ein, sondern bezeigte nur über die gantze Entreprise des Königs wegen Schlesien sein großes Mißfallen, in summa diese affaire war heute am Hofe der general Discours, und redete ein ieder davon nach seiner passion, die meisten aber admirireten das personel verhalten des Königs, als dem man eine so außerordentl: bravoure, bey seiner vor die Gelehrsamkeit und Künste geäußerten so sehr großen Neigung, nicht zugetrauet hätte, und wurde bey dieser Ge- legenheit erzehlet, daß einige Frantzosen, welche ehemals um ihn gewesen, die Nachricht hieher gebracht, daß er bey Lebens-Zeiten seines Hl. Vaters mit Fleiß das Ansehen von sich gegeben, als ob er mit gantz andern Sachen sich amusire, in Geheim aber die Kriegs-Kunst mit der allergrösten application studiret habe. Nach geendeter Meße begaben wir uns wieder zu der Königin ins Zimmer, da sie sich bald mit diesem, bald mit jenem, sonderl: aber mit dem Päbstl: Nuncio zu reden machte, bis endl: der König kam, und nebst ihr von denen 2 Marschällen, deren einer vor dem König, der andre aber vor der Königin hergehet, in die 2te antichambre zur Tafel geführet wurde, da denn beyde mit einander speiseten, welches le grand Convert genennet wird. Wegen des heuti- gen Marcus Tages wurde lauter maigre gegeben und sprach der König mehrentheils mit dem Päbstl: Nuncio, mit der Königin aber gar nicht. Die übrige etiquette ist bereits vormals beschrieben worden. Wir konnten auch ohnedem das Ende nicht abwarten, weil es Zeit war, uns selbsten zu dem Comte de Livry zur Tafel zu begeben, woselbst die übrigen Gäste waren: der Duc d’Aumont, die Ministres von Schweden, Chur-Pfaltz, Wür- tenberg, Florentz, Lüttig, Engelland und Guastalla, Mylord Tetford und 2 frantzöl: Obristen. Die Schlesischl: Geschichte waren auch hier der Haupt-Discours, außer daß nach der Tafel wir mit dem Bar. Orion noch über die Lüttigl:n Strei- tigkeiten mit dem Hertzogthum Brabant uns zu unterreden

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/278>, abgerufen am 25.11.2024.