Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].95 spät angefangen ein Auctor zu werden, folglich auch wenig Werckzeugangeschaft. Wir sahen die sehr magnifique Englische Ubersetzung von seinen Wercken, welche ihm der Hofmeister des Duc de Cumberland Monseigneur Pointz nebst einem in Kupfer gestochenen Exemplar des Horatii zum Present überschicket. Von dem Abbe du Guet erzehlete er bey Gelegen- heit seiner hier auch vorhandenen Schriften, noch folgende particularia 1) als er, Rollin, Recteur eines zur Universität gehörigen Collegii werden sollen, habe er den Abbe du Guet darüber consuliret und ihm alle dabey vorkommende Schwierigkeiten vorgestellet, welche derselbe auch vollkommen begriffen, nichts destoweniger aber gesaget: il ne s'agit pas de cela, il ne s'agit que de scavoiz si Jesus Christ vous y veut avoir. En ce cas la il levera toutes les difficultes. In der That hätten sich auch die Schwierigkeiten ohne sein Zuthun in kurtzer Zeit gehoben, und sey also das Amt von ihm angetreten worden. 2) dieses sein Amt habe unter andern erfordert, daß er denen jungen Leuten im Collegio eine theologische Lection halten müßen. Als er nun den Abbe du Guet auch darüber zu Rathe gezogen, wie solche Lection etwan am nützlichsten eingerichtet werden könte, und dieser ihm angerathen, die Biebel selbst zum Grunde zu legen und solche in diesen Stunden durchzugehen, sey er darüber sehr erschrocken, und habe offenhertzig bekant, daß er die Biebel nicht verstehe, folglich seinen jungen Leuten solche schlecht erklären und noch schlechter sie zur Application anweisen werde. Dieses habe den gedachten Abbe veranlaßet, mit ihm und dem Abbe d'Asfeld und noch ein paar andern redlichen Freunden die Biebel von forne bis hinten durchzugehen, und ihnen zum Un- terricht anderer, nötige Unterweisung zu geben, welches denn einen großen Seegen gehabt und ihm die Augen erst recht geöffnet. Er Rollin habe den gesamleten Honig seinen jungen Leuten wieder eingeflößet, der Abbe d'Asfeld aber damals gewiße Conferentzen gehalten, welche von sehr vielen Leuten beyderley Geschlechts häuffig besuchet und von dem Abbe d'Asfeld ihnen das erlernte nach seiner gantz unvergleichlichen Gabe, so schmackhaft und beweglich vorgetragen worden, daß sie sich nicht satt hören können, wobey er denn überhaupt declarirete, daß er vor seine Person in dem Studio [unleserliches Material] biblico alles, d'Asfeld aber vieles dem Abbe du Guet zu dancken habe. Wir hatten sonst mit ihm noch allerhand erbauliche moralische Discourse, welche sich dahin concentrirten, daß das Lob und der Ruhm, welcher durch Schriften oder auf andere Weise in dieser Welt erlanget würden, in jener uns nicht das geringste helffe, und demnach unser Hauptwerck auf diese letztern zu richten sey, welches er mit einigen seinen dictis patrum bekräftigte. Seine tägliche Haus-Andacht mit seiner Hofstadt bestehet darinn, daß sie des Abends einander wechselsweise aus denen Schriften des Nicole etwas vorlesen. Wir thaten mit ihm noch einen Spatziergang in 95 spät angefangen ein Auctor zu werden, folglich auch wenig Werckzeugangeschaft. Wir sahen die sehr magnifique Englische Ubersetzung von seinen Wercken, welche ihm der Hofmeister des Duc de Cumberland Monseigneur Pointz nebst einem in Kupfer gestochenen Exemplar des Horatii zum Present überschicket. Von dem Abbé du Guet erzehlete er bey Gelegen- heit seiner hier auch vorhandenen Schriften, noch folgende particularia 1) als er, Rollin, Recteur eines zur Universität gehörigen Collegii werden sollen, habe er den Abbé du Guet darüber consuliret und ihm alle dabey vorkommende Schwierigkeiten vorgestellet, welche derselbe auch vollkommen begriffen, nichts destoweniger aber gesaget: il ne s’agit pas de cela, il ne s’agit que de scavoiz si Jesus Christ vous y veut avoir. En ce cas là il levera toutes les difficultes. In der That hätten sich auch die Schwierigkeiten ohne sein Zuthun in kurtzer Zeit gehoben, und sey also das Amt von ihm angetreten worden. 2) dieses sein Amt habe unter andern erfordert, daß er denen jungen Leuten im Collegio eine theologische Lection halten müßen. Als er nun den Abbé du Guet auch darüber zu Rathe gezogen, wie solche Lection etwan am nützlichsten eingerichtet werden könte, und dieser ihm angerathen, die Biebel selbst zum Grunde zu legen und solche in diesen Stunden durchzugehen, sey er darüber sehr erschrocken, und habe offenhertzig bekant, daß er die Biebel nicht verstehe, folglich seinen jungen Leuten solche schlecht erklären und noch schlechter sie zur Application anweisen werde. Dieses habe den gedachten Abbé veranlaßet, mit ihm und dem Abbe d’Asfeld und noch ein paar andern redlichen Freunden die Biebel von forne bis hinten durchzugehen, und ihnen zum Un- terricht anderer, nötige Unterweisung zu geben, welches denn einen großen Seegen gehabt und ihm die Augen erst recht geöffnet. Er Rollin habe den gesamleten Honig seinen jungen Leuten wieder eingeflößet, der Abbé d’Asfeld aber damals gewiße Conferentzen gehalten, welche von sehr vielen Leuten beyderley Geschlechts häuffig besuchet und von dem Abbé d’Asfeld ihnen das erlernte nach seiner gantz unvergleichlichen Gabe, so schmackhaft und beweglich vorgetragen worden, daß sie sich nicht satt hören können, wobey er denn überhaupt declarirete, daß er vor seine Person in dem Studio [unleserliches Material] biblico alles, d’Asfeld aber vieles dem Abbé du Guet zu dancken habe. Wir hatten sonst mit ihm noch allerhand erbauliche moralische Discourse, welche sich dahin concentrirten, daß das Lob und der Ruhm, welcher durch Schriften oder auf andere Weise in dieser Welt erlanget würden, in jener uns nicht das geringste helffe, und demnach unser Hauptwerck auf diese letztern zu richten sey, welches er mit einigen seinen dictis patrum bekräftigte. 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spät angefangen ein Auctor zu werden, folglich auch wenig Werckzeug
angeschaft. Wir sahen die sehr magnifique Englische Ubersetzung von seinen
Wercken, welche ihm der Hofmeister des Duc de Cumberland Monsr.
Pointz nebst einem in Kupfer gestochenen Exemplar des Horatii zum
Present überschicket. Von dem Abbé du Guet erzehlete er bey Gelegen-
heit seiner hier auch vorhandenen Schriften, noch folgende particularia
1) als er, Rollin, Recteur eines zur Universität gehörigen Collegii
werden sollen, habe er den Abbé du Guet darüber consuliret und
ihm alle dabey vorkommende Schwierigkeiten vorgestellet, welche derselbe
auch vollkommen begriffen, nichts destoweniger aber gesaget: il ne s’agit
pas de cela, il ne s’agit que de scavoiz si Jesus Christ vous y veut
avoir. En ce cas là il levera toutes les difficultes. In der That hätten
sich auch die Schwierigkeiten ohne sein Zuthun in kurtzer Zeit gehoben,
und sey also das Amt von ihm angetreten worden. 2) dieses
sein Amt habe unter andern erfordert, daß er denen jungen
Leuten im Collegio eine theologische Lection halten müßen.
Als er nun den Abbé du Guet auch darüber zu Rathe gezogen,
wie solche Lection etwan am nützlichsten eingerichtet werden
könte, und dieser ihm angerathen, die Biebel selbst zum Grunde
zu legen und solche in diesen Stunden durchzugehen, sey er darüber
sehr erschrocken, und habe offenhertzig bekant, daß er die Biebel nicht
verstehe, folgl: seinen jungen Leuten solche schlecht erklären
und noch schlechter sie zur Application anweisen werde. Dieses habe
den gedachten Abbé veranlaßet, mit ihm und dem Abbe d’Asfeld und noch ein paar andern redl: Freunden
die Biebel von forne bis hinten durchzugehen, und ihnen zum Un-
terricht anderer, nötige Unterweisung zu geben, welches denn einen
großen Seegen gehabt und ihm die Augen erst recht geöffnet. Er
Rollin habe den gesamleten Honig seinen jungen Leuten wieder
eingeflößet, der Abbé d’Asfeld aber damals gewiße Conferentzen
gehalten, welche von sehr vielen Leuten beyderley Geschlechts häuffig
besuchet und von dem Abbé d’Asfeld ihnen das erlernte nach
seiner gantz unvergleichlichen Gabe, so schmackhaft und beweglich
vorgetragen worden, daß sie sich nicht satt hören können, wobey
er denn überhaupt declarirete, daß er vor seine Person in
dem Studio biblico alles, d’Asfeld aber vieles dem Abbé
du Guet zu dancken habe. Wir hatten sonst mit ihm noch allerhand
erbaul: moralische Discourse, welche sich dahin concentrirten, daß das
Lob und der Ruhm, welcher durch Schriften oder auf andere Weise
in dieser Welt erlanget würden, in jener uns nicht das geringste
helffe, und demnach unser Hauptwerck auf diese letztern zu richten
sey, welches er mit einigen seinen dictis patrum bekräftigte.
Seine tägl Haus-Andacht mit seiner Hofstadt bestehet darinn, daß
sie des Abends einander wechselsweise aus denen Schriften des Nicole
etwas vorlesen. Wir thaten mit ihm noch einen Spatziergang in
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Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate
Weitere Informationen:Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert. Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;
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