Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

Bild:
<< vorherige Seite

Fisch-Fang im Nilo gebrauchet, da man ihm nehmlich den Hals zubin-
det, daß er nichts hinunterschlingen kan, und folglich genöthiget ist
die erschnapten Fische in seinem Sack vorräthig aufzubehalten
und sich solche, vermittelst eines gewißen Handgrifs, durch
seinen Herrn wider heraus ziehen zu laßen. Dieser seiner Verrichtung
wegen wird er pecheur genennet. Er siehet einem Reyher nicht
unnähnlich, ist aber weit stärcker und größer. Unter denen Steinen
schien uns das merckwürdigste ein großes Brenn Glas von
schwartzen Chrystall aus Peru. Es befindet sich auch hier eine
complette Collection von allen qummatibus, item von allen
Arten des Europäischen sowol, als auswärtigen Holtzes, auch ist
der Vorrath von See-Muscheln und andern See-Gewächsen sehr
considerabel. Weil wir wegen einbrechenden Abends, die Besichtigung
der auswärtigen Pflantzen im Gewächs-Hause, und des theatrum
anatomici
bis auf ein andermal aussetzen musten; so begaben
wir uns noch zu dem Herrn von Wind, woselbst wir den Ungarischen
und Böhmischen Gesandten Herrn von Waßnaer und den Lüttigischen
Minister Baron Orion antrafen. Herr Waßnaer erzehlete,
daß ihm die Zeit auf dem Congress zu Soissons über lang
worden, und er solche zu vertreiben, die gantze Kirchen-Historie
des Fleuri, auch was er sonsten von Büchern auftreiben können
daselbst durchlesen habe. Von der schrecklichen Unwißenheit der
Frantzosen in auswärtigen Sachen führete er dieses zum
Beweiß an, daß letzthin einer gegen ihn selbst behaupten wollte
Franckfurt am Mayn sey nicht größer oder kaum so groß, als
Sankt Denys. Der Discours fiel endlich auf die Tollerantz, da denn beyde
gedachte Ministri, ihrer Catholicitaet unbeschadet, solche vor höchst
heilsam erklärten, wenigstens in so ferne, daß diejenigen,
welche nicht von der dominanten Religion wären, wenn sie
auch schon von publiquen Chargen ausgeschloßen würden,
dennoch in Bürgerlicher Nahrung und im Commercio alle Rechte
anderer Unterthanen zu genießen haben müsten. Baron Orion
sagte so gar, man könne die Feinde der Tollerantz nicht
anders, als offenbare Wiedersprecher der ersten Christen ansehen,
welche in ihren Apologien denen Heydnischen Kaysern so häuffig
remonstriret hätten, wie unrecht und irraisonable es sey, um
der bloßen Religion willen, einen sonst Gesetzmäßig lebenden
Unterthanen zu verfolgen. Die Thorheit solches Zwangs noch
mehr darzulegen, allegirte den Herrn von Waßnaer eine passage aus
denen lettres Persanes, da der auctor derselben geschrieben, es
kämen ihm dergleichen Gewißens-Zwinger nicht anders vor, als Don
Quixchotte
, der einem ihm [unleserliches Material]begegneten Mann brusquement
gefraget, ob seine [unleserliches Material]Dulcinea von Toboso nicht die allerschönste
Princession von der Welt sey? Ob nun gleich der Mann geant-
wortet, daß es gar wohl seyn könne, er aber nicht die Ehre

Fisch-Fang im Nilo gebrauchet, da man ihm nehmlich den Hals zubin-
det, daß er nichts hinunterschlingen kan, und folglich genöthiget ist
die erschnapten Fische in seinem Sack vorräthig aufzubehalten
und sich solche, vermittelst eines gewißen Handgrifs, durch
seinen Herrn wider heraus ziehen zu laßen. Dieser seiner Verrichtung
wegen wird er pecheur genennet. Er siehet einem Reyher nicht
unnähnlich, ist aber weit stärcker und größer. Unter denen Steinen
schien uns das merckwürdigste ein großes Brenn Glas von
schwartzen Chrystall aus Peru. Es befindet sich auch hier eine
complette Collection von allen qummatibus, item von allen
Arten des Europäischen sowol, als auswärtigen Holtzes, auch ist
der Vorrath von See-Muscheln und andern See-Gewächsen sehr
considerabel. Weil wir wegen einbrechenden Abends, die Besichtigung
der auswärtigen Pflantzen im Gewächs-Hause, und des theatrum
anatomici
bis auf ein andermal aussetzen musten; so begaben
wir uns noch zu dem Herrn von Wind, woselbst wir den Ungarischen
und Böhmischen Gesandten Herrn von Waßnaer und den Lüttigischen
Minister Baron Orion antrafen. Herr Waßnaer erzehlete,
daß ihm die Zeit auf dem Congress zu Soissons über lang
worden, und er solche zu vertreiben, die gantze Kirchen-Historie
des Fleuri, auch was er sonsten von Büchern auftreiben können
daselbst durchlesen habe. Von der schrecklichen Unwißenheit der
Frantzosen in auswärtigen Sachen führete er dieses zum
Beweiß an, daß letzthin einer gegen ihn selbst behaupten wollte
Franckfurt am Mayn sey nicht größer oder kaum so groß, als
Sankt Denys. Der Discours fiel endlich auf die Tollerantz, da denn beyde
gedachte Ministri, ihrer Catholicitaet unbeschadet, solche vor höchst
heilsam erklärten, wenigstens in so ferne, daß diejenigen,
welche nicht von der dominanten Religion wären, wenn sie
auch schon von publiquen Chargen ausgeschloßen würden,
dennoch in Bürgerlicher Nahrung und im Commercio alle Rechte
anderer Unterthanen zu genießen haben müsten. Baron Orion
sagte so gar, man könne die Feinde der Tollerantz nicht
anders, als offenbare Wiedersprecher der ersten Christen ansehen,
welche in ihren Apologien denen Heydnischen Kaysern so häuffig
remonstriret hätten, wie unrecht und irraisonable es sey, um
der bloßen Religion willen, einen sonst Gesetzmäßig lebenden
Unterthanen zu verfolgen. Die Thorheit solches Zwangs noch
mehr darzulegen, allegirte den Herrn von Waßnaer eine passage aus
denen lettres Persanes, da der auctor derselben geschrieben, es
kämen ihm dergleichen Gewißens-Zwinger nicht anders vor, als Don
Quixchotte
, der einem ihm [unleserliches Material]begegneten Mann brusquement
gefraget, ob seine [unleserliches Material]Dulcinea von Toboso nicht die allerschönste
Princession von der Welt sey? Ob nun gleich der Mann geant-
wortet, daß es gar wohl seyn könne, er aber nicht die Ehre

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="letter">
        <div type="diaryEntry">
          <p><pb facs="#f0189"/>
Fisch-Fang im Nilo gebrauchet, da man ihm <choice><abbr>nehml:</abbr><expan>nehmlich</expan></choice> den Hals z<unclear reason="covered">ubin-</unclear><lb/>
det, daß er nichts hinunterschlingen kan, und <choice><abbr>folgl:</abbr><expan>folglich</expan></choice> genöthiget <unclear reason="covered">ist</unclear><lb/>
die erschnapten Fische in seinem Sack vorräthig aufzubehalten<lb/>
und sich solche, vermittelst eines gewißen Handgrifs, dur<unclear reason="covered">ch</unclear><lb/>
seinen <choice><abbr>Hl:</abbr><expan>Herrn</expan></choice> wider heraus ziehen zu laßen. Dieser seiner Ve<unclear reason="covered">rrichtung</unclear><lb/>
wegen wird er pecheur genennet. Er siehet einem Reyher nich<unclear reason="covered">t</unclear><lb/>
unnähnlich, ist aber weit stärcker <choice><abbr>u.</abbr><expan>und</expan></choice> größer. Unter denen Stei<unclear reason="covered">nen</unclear><lb/>
schien uns das merckwürdigste ein großes Brenn Glas von<lb/>
schwartzen Chrystall aus <placeName xml:id="TidB16938" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10411">Peru</placeName>. Es befindet sich auch hier ein<unclear reason="covered">e</unclear><lb/>
comple<unclear reason="covered">tt</unclear>e Collection von allen qummatibus, item von allen<lb/>
Arten des Europäischen sowol, als auswärtigen Holtzes, auch i<unclear reason="covered">st</unclear><lb/>
der Vorrath von See-Muscheln und andern See-Gewächsen s<unclear reason="covered">ehr</unclear><lb/>
considerabel. Weil wir wegen einbrechenden Abends, die Besich<unclear reason="covered">tigung</unclear><lb/>
der auswärtigen Pflantzen im Gewächs-Hause, und des <placeName xml:id="TidB16949" corresp="register.xml#regID_66.lemID_13219">thea<unclear reason="covered">trum</unclear><lb/>
anatomici</placeName> bis auf ein andermal aussetzen musten; so bega<unclear reason="covered">ben</unclear><lb/>
wir uns noch zu dem <persName xml:id="TidB16941" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10247"><choice><abbr>Hl.</abbr><expan>Herrn</expan></choice> von Wind</persName>, woselbst wir den Ungari<unclear reason="covered">schen</unclear><lb/>
und Böhmischen Gesandten <persName xml:id="TidB16943" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10085"><choice><abbr>H:</abbr><expan>Herrn</expan></choice> von Waßnaer</persName> und den Lüttig<unclear reason="covered">ischen</unclear><lb/>
Minister <persName xml:id="TidB16944" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10134"><choice><abbr>Bar.</abbr><expan>Baron</expan></choice> Orion</persName> antrafen. <persName xml:id="TidB16947" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10085"><choice><abbr>Hl:</abbr><expan>Herr</expan></choice> Waßnaer</persName> erzehlete,<lb/>
daß ihm die Zeit auf dem Congress zu <placeName xml:id="TidB16948" corresp="register.xml#regID_66.lemID_13218">Soissons</placeName> über lang<lb/>
worden, und er solche zu vertreiben, die gantze <name type="artificialWork" xml:id="TidB16951" corresp="register.xml#regID_41.lemID_13220">Kirchen-Histor<unclear reason="covered">ie</unclear></name><lb/>
des <persName xml:id="TidB16950" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10303">Fleuri</persName>, auch was er sonsten von Büchern auftreiben kön<unclear reason="covered">nen</unclear><lb/>
daselbst durchlesen habe. Von der schrecklichen Unwißenheit d<unclear reason="covered">er</unclear><lb/>
Frantzosen in auswärtigen Sachen führete er dieses zu<unclear reason="covered">m</unclear><lb/>
Beweiß an, daß letzthin einer gegen ihn selbst behaupten wo<unclear reason="covered">llte</unclear><lb/><placeName xml:id="TidB16952" corresp="register.xml#regID_66.lemID_12279">Franckfurt am Mayn</placeName> sey nicht größer oder kaum so groß, a<unclear reason="covered">ls</unclear><lb/><placeName xml:id="TidB16954" corresp="register.xml#regID_66.lemID_10203"><choice><abbr>St.</abbr><expan>Sankt</expan></choice> Denys</placeName>. Der Discours fiel <choice><abbr>endl:</abbr><expan>endlich</expan></choice> auf die Tol<del rendition="#s">l</del>erantz, da denn b<unclear reason="covered">eyde</unclear><lb/>
gedachte Ministri, ihrer Catholicitaet unbeschadet, solche vor höch<unclear reason="covered">st</unclear><lb/>
heilsam erklärten, wenigstens in so ferne, daß diejenige<unclear reason="covered">n,</unclear><lb/>
welche nicht von der dominanten Religion wären, wenn sie<lb/>
auch schon von publiquen Chargen ausgeschloßen würde<unclear reason="covered">n,</unclear><lb/>
dennoch in Bürgerlicher Nahrung und im Commercio alle Re<unclear reason="covered">chte</unclear><lb/>
anderer Unterthanen zu genießen haben müsten. <persName xml:id="TidB16957" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10134"><choice><abbr>Bar.</abbr><expan>Baron</expan></choice> Orio<unclear reason="covered">n</unclear></persName><lb/>
sagte so gar, man könne die Feinde der Tol<del rendition="#s">l</del>erantz nicht<lb/>
anders, als offenbare Wiedersprecher der ersten Christen anseh<unclear reason="covered">en,</unclear><lb/>
welche in ihren Apologien denen Heydnischen Kaysern so häuff<unclear reason="covered">ig</unclear><lb/>
remonstriret hätten, wie unrecht und irraisonable es sey, um<lb/>
der bloßen Religion willen, einen sonst Gesetzmäßig lebenden<lb/>
Unterthanen zu verfolgen. Die Thorheit solches Zwangs noch<lb/>
mehr darzulegen, allegirte <persName xml:id="TidB16960" corresp="register.xml#regID_37.lemID_10085"><choice><abbr>dH:</abbr><expan>den Herrn</expan></choice><choice><abbr>v.</abbr><expan>von</expan></choice> Waßnaer</persName> eine passage aus<lb/>
denen <name type="artificialWork" xml:id="TidB16961" corresp="register.xml#regID_41.lemID_13221">lettres Persanes</name>, da der auctor derselben geschrieben, es<lb/>
kämen ihm <choice><abbr>dergl:</abbr><expan>dergleichen</expan></choice> Gewißens-Zwinger nicht anders vor, als <persName xml:id="TidB16963" corresp="register.xml#regID_37.lemID_13222">Don<lb/>
Quixchotte</persName>, der einem ihm <subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">begegneten</add></subst> Mann brusquement<lb/>
gefraget, ob seine <subst><del rendition="#ow"><gap reason="illegible"/></del><add place="across">D</add></subst>ulcinea von Toboso nicht die allerschön<unclear reason="covered">ste</unclear><lb/>
Princession von der Welt sey? Ob nun gleich der Mann geant-<lb/>
wortet, daß es gar wohl seyn könne, er aber nicht die Ehre
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0189] Fisch-Fang im Nilo gebrauchet, da man ihm nehml: den Hals zubin- det, daß er nichts hinunterschlingen kan, und folgl: genöthiget ist die erschnapten Fische in seinem Sack vorräthig aufzubehalten und sich solche, vermittelst eines gewißen Handgrifs, durch seinen Hl: wider heraus ziehen zu laßen. Dieser seiner Verrichtung wegen wird er pecheur genennet. Er siehet einem Reyher nicht unnähnlich, ist aber weit stärcker u. größer. Unter denen Steinen schien uns das merckwürdigste ein großes Brenn Glas von schwartzen Chrystall aus Peru. Es befindet sich auch hier eine complette Collection von allen qummatibus, item von allen Arten des Europäischen sowol, als auswärtigen Holtzes, auch ist der Vorrath von See-Muscheln und andern See-Gewächsen sehr considerabel. Weil wir wegen einbrechenden Abends, die Besichtigung der auswärtigen Pflantzen im Gewächs-Hause, und des theatrum anatomici bis auf ein andermal aussetzen musten; so begaben wir uns noch zu dem Hl. von Wind, woselbst wir den Ungarischen und Böhmischen Gesandten H: von Waßnaer und den Lüttigischen Minister Bar. Orion antrafen. Hl: Waßnaer erzehlete, daß ihm die Zeit auf dem Congress zu Soissons über lang worden, und er solche zu vertreiben, die gantze Kirchen-Historie des Fleuri, auch was er sonsten von Büchern auftreiben können daselbst durchlesen habe. Von der schrecklichen Unwißenheit der Frantzosen in auswärtigen Sachen führete er dieses zum Beweiß an, daß letzthin einer gegen ihn selbst behaupten wollte Franckfurt am Mayn sey nicht größer oder kaum so groß, als St. Denys. Der Discours fiel endl: auf die Tolerantz, da denn beyde gedachte Ministri, ihrer Catholicitaet unbeschadet, solche vor höchst heilsam erklärten, wenigstens in so ferne, daß diejenigen, welche nicht von der dominanten Religion wären, wenn sie auch schon von publiquen Chargen ausgeschloßen würden, dennoch in Bürgerlicher Nahrung und im Commercio alle Rechte anderer Unterthanen zu genießen haben müsten. Bar. Orion sagte so gar, man könne die Feinde der Tolerantz nicht anders, als offenbare Wiedersprecher der ersten Christen ansehen, welche in ihren Apologien denen Heydnischen Kaysern so häuffig remonstriret hätten, wie unrecht und irraisonable es sey, um der bloßen Religion willen, einen sonst Gesetzmäßig lebenden Unterthanen zu verfolgen. Die Thorheit solches Zwangs noch mehr darzulegen, allegirte dH: v. Waßnaer eine passage aus denen lettres Persanes, da der auctor derselben geschrieben, es kämen ihm dergl: Gewißens-Zwinger nicht anders vor, als Don Quixchotte, der einem ihm begegneten Mann brusquement gefraget, ob seine Dulcinea von Toboso nicht die allerschönste Princession von der Welt sey? Ob nun gleich der Mann geant- wortet, daß es gar wohl seyn könne, er aber nicht die Ehre

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/189
Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/189>, abgerufen am 17.09.2024.