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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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soll gebracht seyn. Es wird dieselbe in der Kirche des heiligen Remigii und zwar
auf dem Altar, unter welchem dieser Heilige begraben liegt, aufbehalten
und ist in einem auf diesem Altar stehenden Schranck mit zwey Thüren,
deren die äußerste mit Silber, die innerste aber mit Gold-Blech überzogen,
verschloßen. Das heilige Fläschgen selbst ist von dunckel rothem Glase eines
kleinen Fingers lang ohngefehr so gestaltet wie die Ungarischen Waßer-
Fläschgen und ist oben mit einer goldenen Schraube verwahret. Die
darinn verhandene Salbe soll vertrocknet seyn, von dieser vertrockneten
Masse aber bey iedesmaliger Salbung der Könige von Franckreich etwas
heraus genommen und unter das ordentliche Salb-Oel vermischet werden.
Es liegt dieses Flaschgen in einem durchbrochnen 4eckigten Kästgen, wel-
ches auf einer runten silbernen Scheibe fest gemacht ist und bekomt
man deßelbe anders nicht, als durch das darüber gesetzte Crystall-Glaß
des ietztgedachten Kästgens zu sehen. In der Cathedral-Kirche vor dem
hohen Altar, welcher mit Gold-Blech überzogen ist, geschiehet die
Crön- und Salbung der Könige von Franckreich, und wurde uns das
Evangelium-Buch gewiesen, auf welches sie ihren Eid ablegen,
welches auswendig mit Gold-Blech überzogen und mit ungeschliffnen
Edelgesteinen besetzt ist. Die Sprache in welcher es geschrieben, soll
Sclavonisch seyn, wie solches ein gewißer Rußischer Canzler,
welcher ehemals hier durch passiret, attestiret und hinten hinein
geschrieben haben. Der Schatz dieser Kirche ist gantz considerabel
weil ein ieder König, bey seiner Crönung eine Kostbarkeit hinein
verehret.

Paris Den 9 October

der erste Abtritt war a l'Hotel de L'Aguette, das rechte Quartiro
aber wurde Tags darauf a l'Hotel de Modene rue Jacob bezogen
und sind die ersten Tage mit Einricht= und Anschaffung alles nötigen
auch mit Ausruhen und Kranckseyn zugebracht worden. Der erste hiesige
bekante war der Zweybrückner Cammer-Rath Herr Ferch.

den 14 ejusdem

War der dähnische Legations-Prediger Herr Peterschen nebst Herr Ferchen
bey uns zu Gaste und wuste der erste die hiesige Noth und Armut bey
dem gemeinen Volck und hingegen den bey den Reichen herschenden
Luxum und thechmum nicht gnugsam zu beklagen. Von seinen Armen-
und Krancken-Anstalten gab er umständlich Bericht. Daß man die hiesigen
häuffigen heimlich Reformirten gar nicht anfechte, wenn sie gleich
niemals in die Meße kämen, und überhaupt iedermann vor catholisch gehalten

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soll gebracht seyn. Es wird dieselbe in der Kirche des heiligen Remigii und zwar
auf dem Altar, unter welchem dieser Heilige begraben liegt, aufbehalten
und ist in einem auf diesem Altar stehenden Schranck mit zwey Thüren,
deren die äußerste mit Silber, die innerste aber mit Gold-Blech überzogen,
verschloßen. Das heilige Fläschgen selbst ist von dunckel rothem Glase eines
kleinen Fingers lang ohngefehr so gestaltet wie die Ungarischen Waßer-
Fläschgen und ist oben mit einer goldenen Schraube verwahret. Die
darinn verhandene Salbe soll vertrocknet seyn, von dieser vertrockneten
Masse aber bey iedesmaliger Salbung der Könige von Franckreich etwas
heraus genommen und unter das ordentliche Salb-Oel vermischet werden.
Es liegt dieses Flaschgen in einem durchbrochnen 4eckigten Kästgen, wel-
ches auf einer runten silbernen Scheibe fest gemacht ist und bekomt
man deßelbe anders nicht, als durch das darüber gesetzte Crystall-Glaß
des ietztgedachten Kästgens zu sehen. In der Cathedral-Kirche vor dem
hohen Altar, welcher mit Gold-Blech überzogen ist, geschiehet die
Crön- und Salbung der Könige von Franckreich, und wurde uns das
Evangelium-Buch gewiesen, auf welches sie ihren Eid ablegen,
welches auswendig mit Gold-Blech überzogen und mit ungeschliffnen
Edelgesteinen besetzt ist. Die Sprache in welcher es geschrieben, soll
Sclavonisch seyn, wie solches ein gewißer Rußischer Canzler,
welcher ehemals hier durch passiret, attestiret und hinten hinein
geschrieben haben. Der Schatz dieser Kirche ist gantz considerabel
weil ein ieder König, bey seiner Crönung eine Kostbarkeit hinein
verehret.

Paris Den 9 October

der erste Abtritt war a l’Hotel de L’Aguette, das rechte Quartiro
aber wurde Tags darauf a l’Hotel de Modene rue Jacob bezogen
und sind die ersten Tage mit Einricht= und Anschaffung alles nötigen
auch mit Ausruhen und Kranckseyn zugebracht worden. Der erste hiesige
bekante war der Zweybrückner Cammer-Rath Herr Ferch.

den 14 ejusdem

War der dähnische Legations-Prediger Herr Peterschen nebst Herr Ferchen
bey uns zu Gaste und wuste der erste die hiesige Noth und Armut bey
dem gemeinen Volck und hingegen den bey den Reichen herschenden
Luxum und thechmum nicht gnugsam zu beklagen. Von seinen Armen-
und Krancken-Anstalten gab er umständlich Bericht. Daß man die hiesigen
häuffigen heimlich Reformirten gar nicht anfechte, wenn sie gleich
niemals in die Meße kämen, und überhaupt iedermann vor catholisch gehalten

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[0018] 4 soll gebracht seyn. Es wird dieselbe in der Kirche des heil: Remigii u. zwar auf dem Altar, unter welchem dieser Heilige begraben liegt, aufbehalten u. ist in einem auf diesem Altar stehenden Schranck mit zwey Thüren, deren die äußerste mit Silber, die innerste aber mit Gold-Blech überzogen, verschloßen. Das heil. Fläschgen selbst ist von dunckel rothem Glase eines kleinen Fingers lang ohngefehr so gestaltet wie die Ungarischen Waßer- Fläschgen u. ist oben mit einer goldenen Schraube verwahret. Die darinn verhandene Salbe soll vertrocknet seyn, von dieser vertrockneten Masse aber bey iedesmaliger Salbung der Könige von Franckreich etwas heraus genommen u. unter das ordentliche Salb-Oel vermischet werden. Es liegt dieses Flaschgen in einem durchbrochnen 4eckigten Kästgen, wel- ches auf einer runten silbernen Scheibe fest gemacht ist u. bekomt man deßelbe anders nicht, als durch das darüber gesetzte Crystall-Glaß des ietztgedachten Kästgens zu sehen. In der Cathedral-Kirche vor dem hohen Altar, welcher mit Gold-Blech überzogen ist, geschiehet die Crön- u. Salbung der Könige von Franckreich, u. wurde uns das Evangelium-Buch gewiesen, auf welches sie ihren Eid ablegen, welches auswendig mit Gold-Blech überzogen u. mit ungeschliffnen Edelgesteinen besetzt ist. Die Sprache in welcher es geschrieben, soll Sclavonisch seyn, wie solches ein gewißer Rußischer Canzler, welcher ehemals hier durch passiret, attestiret u. hinten hinein geschrieben haben. Der Schatz dieser Kirche ist gantz considerabel weil ein ieder König, bey seiner Crönung eine Kostbarkeit hinein verehret. Paris Den 9 Octobr: der erste Abtritt war a l’Hotel de L’Aguette, das rechte Quartiro aber wurde Tags darauf a l’Hotel de Modene rue Jacob bezogen u. sind die ersten Tage mit Einricht= und Anschaffung alles nötigen auch mit Ausruhen u. Kranckseyn zugebracht worden. Der erste hiesige bekante war der Zweybrückl. Cammer-Rath H. Ferch. d. 14 ejusdem War der dähnische Legations-Prediger H. Peterschen nebst H. Ferchen bey uns zu Gaste u. wuste der erste die hiesige Noth u. Armut bey dem gemeinen Volck u. hingegen den bey den Reichen herschenden Luxum u. thechmum nicht gnugsam zu beklagen. Von seinen Armen- u. Krancken-Anstalten gab er umständlich Bericht. Daß man die hiesigen häuffigen heimlich Reformirten gar nicht anfechte, wenn sie gleich niemals in die Meße kämen, u. überhaupt iedermann vor catholisch gehalten

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/18>, abgerufen am 03.12.2024.