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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Grunde, daß die Orientalischen Gegenden, in welchen Nimrod sich befunden
mit reißenden wilden Thieren, welche das Land höchst unsicher gemacht
angefüllet gewesen, Nimrod also durch Verfolgung und Ausrottung
dererselben denen Einwohnern einen essentiellen Dienst erwiesen
da denn höchst wahrscheinlich sey, daß diese letztern diesen ihren
Beschützer und Erretter zur Widervergeltung sich selbst zum Haupt
erwehlet, und sich ihm submittiret. Er bestärckte diese seine Meinung
mit dem in der Schrift enthaltenen Ausdruck, daß Nimrod ein ge-
waltiger Jäger vor dem Herrn gewesen, welches anzeige, daß Gott
an seiner Jagdt und an dem was daraus erfolget, einen Wohlge
fallen gehabt. Es wurde zwar dagegen erinnert, daß der Ausdruck
vor dem Herrn nach der Ebräischen Redens-Art auch bloß den Super-
lativum andeuten und so viel heißen könne, daß Nimrod ein
gantz ungemein und höchst gewaltiger Jäger gewesen, der Cardinal
räumte auch solches ein, meinte aber, daß, wenn auch dieser
bloß aus einer Redens-Art hergenommene Bewiß wegfiele,
seine Meinung dennoch in denen obangezeigten Umständen
wohl fundiret und sehr wahrscheinlich bliebe, worinn ihm auch
die gantze Gesellschaft beyfiele. Als man auf allerhand
Staats-Systemata zu sprechen kam, declarirte er die Oli-
garchie vor das allerschlimste und schädlichste, da nehmlich 3 bis 4
Personen das Heft des Staats in Händen hätten, meinte aber
daß man diese Verfaßung leider! auch wohl in manchen
Monarchien und sonderlich in Republiquen antreffe. Was
diese letzten anlange, so sey die natürliche Faulheit der meisten
Menschen Schuld daran und überlaße denen wenigen Arbeits-
samen das Maniment derer affairen, folglich auch die Comoditat
alles nach ihrem Interesse zu verrathen und zu verkauffen.
Noch einen Haupt-Discours gab es über die Materie, daß die grösten
Evenemens und Revolutiones sehr oft von denen geringsten
Bagatellen herrühren, davon verschiedenes aus der Historie
angeführet wurde, da Zum Exempel im vorigen Spanischen Successions-
Kriege die premiere Dame der Königin Anna in Engelland der
chef derjenigen Parthey gewesen, welche den Krieg wider
Franckreich fortgesetzet wißen wollen, der damals in London
gefangen gewesene Tallard aber von einer sehr kleinen
Gelegenheit zu profitiren gewust, um die Königin von denen
Alliirten zu separiren und sie zu einem privat-Frieden mit
Franckreich zu bewegen. Es habe nehmlich obgedachte Dame zu
einer gewißen Solennitaet Handschuh vor sich bestellet gehabt
und solche sehr pressiret. Als nun die Handschuhmacherin sich da-
mit entschuldiget, daß die Königin eben dergleichen bey ihr bestellet
habe, und sie also die Dame zu gesetzter Zeit nicht fordern könne
sey diese letztere so insolent gewesen, daß sie vor der Königin
noch versorgt zu seyn praetendiret, welches denn auch de Hand-
schuhmacherin gethan, und als die Königin ihre Handschuh zu rechter

Grunde, daß die Orientalischen Gegenden, in welchen Nimrod sich befunden
mit reißenden wilden Thieren, welche das Land höchst unsicher gemacht
angefüllet gewesen, Nimrod also durch Verfolgung und Ausrottung
dererselben denen Einwohnern einen essentiellen Dienst erwiesen
da denn höchst wahrscheinlich sey, daß diese letztern diesen ihren
Beschützer und Erretter zur Widervergeltung sich selbst zum Haupt
erwehlet, und sich ihm submittiret. Er bestärckte diese seine Meinung
mit dem in der Schrift enthaltenen Ausdruck, daß Nimrod ein ge-
waltiger Jäger vor dem Herrn gewesen, welches anzeige, daß Gott
an seiner Jagdt und an dem was daraus erfolget, einen Wohlge
fallen gehabt. Es wurde zwar dagegen erinnert, daß der Ausdruck
vor dem Herrn nach der Ebräischen Redens-Art auch bloß den Super-
lativum andeuten und so viel heißen könne, daß Nimrod ein
gantz ungemein und höchst gewaltiger Jäger gewesen, der Cardinal
räumte auch solches ein, meinte aber, daß, wenn auch dieser
bloß aus einer Redens-Art hergenommene Bewiß wegfiele,
seine Meinung dennoch in denen obangezeigten Umständen
wohl fundiret und sehr wahrscheinlich bliebe, worinn ihm auch
die gantze Gesellschaft beyfiele. Als man auf allerhand
Staats-Systemata zu sprechen kam, declarirte er die Oli-
garchie vor das allerschlimste und schädlichste, da nehmlich 3 bis 4
Personen das Heft des Staats in Händen hätten, meinte aber
daß man diese Verfaßung leider! auch wohl in manchen
Monarchien und sonderlich in Republiquen antreffe. Was
diese letzten anlange, so sey die natürliche Faulheit der meisten
Menschen Schuld daran und überlaße denen wenigen Arbeits-
samen das Maniment derer affairen, folglich auch die Comoditat
alles nach ihrem Interesse zu verrathen und zu verkauffen.
Noch einen Haupt-Discours gab es über die Materie, daß die grösten
Evenemens und Revolutiones sehr oft von denen geringsten
Bagatellen herrühren, davon verschiedenes aus der Historie
angeführet wurde, da Zum Exempel im vorigen Spanischen Successions-
Kriege die premiere Dame der Königin Anna in Engelland der
chef derjenigen Parthey gewesen, welche den Krieg wider
Franckreich fortgesetzet wißen wollen, der damals in London
gefangen gewesene Tallard aber von einer sehr kleinen
Gelegenheit zu profitiren gewust, um die Königin von denen
Alliirten zu separiren und sie zu einem privat-Frieden mit
Franckreich zu bewegen. Es habe nehmlich obgedachte Dame zu
einer gewißen Solennitaet Handschuh vor sich bestellet gehabt
und solche sehr pressiret. Als nun die Handschuhmacherin sich da-
mit entschuldiget, daß die Königin eben dergleichen bey ihr bestellet
habe, und sie also die Dame zu gesetzter Zeit nicht fordern könne
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[0179] Grunde, daß die Orientalischen Gegenden, in welchen Nimrod sich befunden mit reißenden wilden Thieren, welche das Land höchst unsicher gemacht angefüllet gewesen, Nimrod also durch Verfolgung und Ausrottung dererselben denen Einwohnern einen essentiellen Dienst erwiesen da denn höchst wahrscheinlich sey, daß diese letztern diesen ihren Beschützer und Erretter zur Widervergeltung sich selbst zum Haupt erwehlet, und sich ihm submittiret. Er bestärckte diese seine Meinung mit dem in der Schrift enthaltenen Ausdruck, daß Nimrod ein ge- waltiger Jäger vor dem Herrn gewesen, welches anzeige, daß Gott an seiner Jagdt u. an dem was daraus erfolget, einen Wohlge fallen gehabt. Es wurde zwar dagegen erinnert, daß der Ausdruck vor dem Herrn nach der Ebräischen Redens-Art auch bloß den Super- lativum andeuten und so viel heißen könne, daß Nimrod ein gantz ungemein und höchst gewaltiger Jäger gewesen, der Cardinal räumte auch solches ein, meinte aber, daß, wenn auch dieser bloß aus einer Redens-Art hergenommene Bewiß wegfiele, seine Meinung dennoch in denen obangezeigten Umständen wohl fundiret und sehr wahrscheinlich bliebe, worinn ihm auch die gantze Gesellschaft beyfiele. Als man auf allerhand Staats-Systemata zu sprechen kam, declarirte er die Oli- garchie vor das allerschlimste u. schädlichste, da nehml: 3 bis 4 Personen das Heft des Staats in Händen hätten, meinte aber daß man diese Verfaßung leider! auch wohl in manchen Monarchien und sonderl: in Republiquen antreffe. Was diese letzten anlange, so sey die natürl: Faulheit der meisten Menschen Schuld daran und überlaße denen wenigen Arbeits- samen das Maniment derer affairen, folg: auch die Comoditat alles nach ihrem Interesse zu verrathen u. zu verkauffen. Noch einen Haupt-Discours gab es über die Materie, daß die grösten Evenemens und Revolutiones sehr oft von denen geringsten Bagatellen herrühren, davon verschiedenes aus der Historie angeführet wurde, da Z.E. im vorigen Spanischen Successions- Kriege die premiere Dame der Königin Anna in Engelland der chef derjenigen Parthey gewesen, welche den Krieg wider Franckreich fortgesetzet wißen wollen, der damals in London gefangen gewesene Tallard aber von einer sehr kleinen Gelegenheit zu profitiren gewust, um die Königin von denen Alliirten zu separiren u. sie zu einem privat-Frieden mit Franckreich zu bewegen. Es habe nehml: obgedachte Dame zu einer gewißen Solennitaet Handschuh vor sich bestellet gehabt u. solche sehr pressiret. Als nun die Handschuhmacherin sich da- mit entschuldiget, daß die Königin eben dergl: bey ihr bestellet habe, u. sie also die Dame zu gesetzter Zeit nicht fordern könne sey diese letztere so insolent gewesen, daß sie vor der Königin noch versorgt zu seyn praetendiret, welches denn auch de Hand- schuhmacherin gethan, und als die Königin ihre Handschuh zu rechter

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/179>, abgerufen am 23.11.2024.