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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Titian, Rubens, Vandeyk perge und ist eine pure Unmöglichkeit, disfals
en detaille einzugehen. Unter denen Portraits ist das Familien-Stücke
von dem unglücklichen Carl Stuard mit seiner Gemahlin und zweyen
Söhnen, auch zwey kleine Hunden, eines der merkwürdigsten und durch
gedachten Vandeyk verfertiget. Von gelehrten Leuten haben wir 2
vortrefliche Originalien nehmlich Grotii und Johann Gerhardi Vossii
angemercket. Ein Stück auf schwartzen Marmor mit Oel-Farben
gemahlet, war auch attentionswürdig, und machten die Farben
auf dem polirten schwartzen Grunde einen sehr guten Effect. Die
große Gallerie ist mit großen Stücken aus des Virgilii Aeneide
besetzet, welche von einem hiesigen Mahler verfertiget worden. Die
Boiserie in dieser Gallerie sowol, als in dem davor gelegenen Salon
ist sehr reich und nach dem neuesten Gusto verguldet, in jener
auch eine überaus wohl angebrachte Drapperie merckwürdig,
welche über dem Haupt-Tisch derselben, ingleichen auch über dem Camin
aufgeschlagen, und ein Türckischer Teppich mit goldenen Blumen
zu seyn scheinet, doch aber nur von Gypß Arbeit mit Gold und
Farben zugerichtet ist. Aus vorgedachtem Salon gehet man ver-
mittelst einer verborgenen Thüre in etliche kleine mit Boiserie
und Spiegeln sehr artig ausgesetzte, und mit sehr schönen kleinen
Gemählden behangene Cabinetter, deren eines zu einer Küche
aptiret, auch die Bratenwender-Machine wircklich noch darinnen
vorhanden ist, welcher kleinen apartemens der Regent, sich
zu seinen nächtlichen debauches bedienet, und bey diesen Gele-
genheiten selbst gekochet hat. Der ietzige Duc d'Orleans ist seit
4 bis 5 Jahren in alle vor erzehlte große und kleine Behältniße
mit keinem Fuß gekommen, sondern bedienet sich, wenn er hier
in der Stadt ist, nur zweyer mittelmäßig meublirter Zimmer.
Mittags speiseten bey dem Printz von Schwartburg, woselbst
auch der Erb-Printz von Darmstadt mit zu Gaste war, und sich über
die gute Gesellschaft sehr vergnügt bezeugte. Nach der Tafel
fanden sich auch der Herr von Böhmer und Herr von Werneck ein, wir aber be-
gaben uns zum Marquis de Montbrun, welcher gantz alleine
zu Hause war, und entretenirte uns mit ihm von Zeitungen,
musten ihn auch mit uns in unsern Wagen nehmen, und bey dem
Palais Royal absetzen, unser Cours aber ging nach dem Duc
de Gesvres
, deßen Bruder der Comte de Treme uns eine Deduction
von denen Ansprüchen des Königs in Spanien auf die
Oesterreichische Succession, it: die Capitulation, welche der König
von Preußen
mit der [unleserliches Material]Guarnison zu Olau geschloßen, zu lesen
gab. Er behauptete mit großem Ernst, daß der Hertzog von Lothringen
nimmermehr Kayser werden würde, und sagte gantz offenhertzig,
daß die ietzige [unleserliches Material]Conjuncturen vor Franckreich viel zu favorabel
wäre, als daß man zu Beysamen=Erhaltung derer Oesterreichischen Staaten

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Titian, Rubens, Vandeyk perge und ist eine pure Unmöglichkeit, disfals
en detaille einzugehen. Unter denen Portraits ist das Familien-Stücke
von dem unglücklichen Carl Stuard mit seiner Gemahlin und zweyen
Söhnen, auch zwey kleine Hunden, eines der merkwürdigsten und durch
gedachten Vandeyk verfertiget. Von gelehrten Leuten haben wir 2
vortrefliche Originalien nehmlich Grotii und Johann Gerhardi Vossii
angemercket. Ein Stück auf schwartzen Marmor mit Oel-Farben
gemahlet, war auch attentionswürdig, und machten die Farben
auf dem polirten schwartzen Grunde einen sehr guten Effect. Die
große Gallerie ist mit großen Stücken aus des Virgilii Aeneide
besetzet, welche von einem hiesigen Mahler verfertiget worden. Die
Boiserie in dieser Gallerie sowol, als in dem davor gelegenen Salon
ist sehr reich und nach dem neuesten Gusto verguldet, in jener
auch eine überaus wohl angebrachte Drapperie merckwürdig,
welche über dem Haupt-Tisch derselben, ingleichen auch über dem Camin
aufgeschlagen, und ein Türckischer Teppich mit goldenen Blumen
zu seyn scheinet, doch aber nur von Gypß Arbeit mit Gold und
Farben zugerichtet ist. Aus vorgedachtem Salon gehet man ver-
mittelst einer verborgenen Thüre in etliche kleine mit Boiserie
und Spiegeln sehr artig ausgesetzte, und mit sehr schönen kleinen
Gemählden behangene Cabinetter, deren eines zu einer Küche
aptiret, auch die Bratenwender-Machine wircklich noch darinnen
vorhanden ist, welcher kleinen apartemens der Regent, sich
zu seinen nächtlichen debauches bedienet, und bey diesen Gele-
genheiten selbst gekochet hat. Der ietzige Duc d’Orleans ist seit
4 bis 5 Jahren in alle vor erzehlte große und kleine Behältniße
mit keinem Fuß gekommen, sondern bedienet sich, wenn er hier
in der Stadt ist, nur zweyer mittelmäßig meublirter Zimmer.
Mittags speiseten bey dem Printz von Schwartburg, woselbst
auch der Erb-Printz von Darmstadt mit zu Gaste war, und sich über
die gute Gesellschaft sehr vergnügt bezeugte. Nach der Tafel
fanden sich auch der Herr von Böhmer und Herr von Werneck ein, wir aber be-
gaben uns zum Marquis de Montbrun, welcher gantz alleine
zu Hause war, und entretenirte uns mit ihm von Zeitungen,
musten ihn auch mit uns in unsern Wagen nehmen, und bey dem
Palais Royal absetzen, unser Cours aber ging nach dem Duc
de Gesvres
, deßen Bruder der Comte de Trême uns eine Deduction
von denen Ansprüchen des Königs in Spanien auf die
Oesterreichische Succession, it: die Capitulation, welche der König
von Preußen
mit der [unleserliches Material]Guarnison zu Olau geschloßen, zu lesen
gab. Er behauptete mit großem Ernst, daß der Hertzog von Lothringen
nimmermehr Kayser werden würde, und sagte gantz offenhertzig,
daß die ietzige [unleserliches Material]Conjuncturen vor Franckreich viel zu favorabel
wäre, als daß man zu Beysamen=Erhaltung derer Oesterreichischen Staaten

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[0168] 79 Titian, Rubens, Vandeyk p u. ist eine pure Unmöglichkeit, disfals en detaille einzugehen. Unter denen Portraits ist das Familien-Stücke von dem unglückl: Carl Stuard mit seiner Gemahlin und zweyen Söhnen, auch zwey kleine Hunden, eines der merkwürdigsten und durch gedachten Vandeyk verfertiget. Von gelehrten Leuten haben wir 2 vortrefliche Originalien nehml: Grotii und Joh: Gerhardi Vossii angemercket. Ein Stück auf schwartzen Marmor mit Oel-Farben gemahlet, war auch attentionswürdig, und machten die Farben auf dem polirten schwartzen Grunde einen sehr guten Effect. Die große Gallerie ist mit großen Stücken aus des Virgilii Aeneide besetzet, welche von einem hiesigen Mahler verfertiget worden. Die Boiserie in dieser Gallerie sowol, als in dem davor gelegenen Salon ist sehr reich und nach dem neuesten Gusto verguldet, in jener auch eine überaus wohl angebrachte Drapperie merckwürdig, welche über dem Haupt-Tisch derselben, ingl: auch über dem Camin aufgeschlagen, und ein Türckischer Teppich mit goldenen Blumen zu seyn scheinet, doch aber nur von Gypß Arbeit mit Gold und Farben zugerichtet ist. Aus vorgedachtem Salon gehet man ver- mittelst einer verborgenen Thüre in etliche kleine mit Boiserie und Spiegeln sehr artig ausgesetzte, und mit sehr schönen kleinen Gemählden behangene Cabinetter, deren eines zu einer Küche aptiret, auch die Bratenwender-Machine wircklich noch darinnen vorhanden ist, welcher kleinen apartemens der Regent, sich zu seinen nächtlichen debauches bedienet, und bey diesen Gele- genheiten selbst gekochet hat. Der ietzige Duc d’Orleans ist seit 4 bis 5 Jahren in alle vor erzehlte große u. kleine Behältniße mit keinem Fuß gekommen, sondern bedienet sich, wenn er hier in der Stadt ist, nur zweyer mittelmäßig meublirter Zimmer. Mittags speiseten bey dem Printz von Schwartburg, woselbst auch der Erb-Printz von Darmstadt mit zu Gaste war, u. sich über die gute Gesellschaft sehr vergnügt bezeugte. Nach der Tafel fanden sich auch dH. v. Böhmer u. H. v. Werneck ein, wir aber be- gaben uns zum Marquis de Montbrun, welcher gantz alleine zu Hause war, u. entretenirte uns mit ihm von Zeitungen, musten ihn auch mit uns in unsern Wagen nehmen, u. bey dem Palais Royal absetzen, unser Cours aber ging nach dem Duc de Gesvres, deßen Bruder der Comte de Trême uns eine Deduction von denen Ansprüchen des Königs in Spanien auf die Oesterreichische Succession, it: die Capitulation, welche der König von Preußen mit der Guarnison zu Olau geschloßen, zu lesen gab. Er behauptete mit großem Ernst, daß der Hertzog von Lothringen nimmermehr Kayser werden würde, u. sagte gantz offenhertzig, daß die ietzige Conjuncturen vor Franckreich viel zu favorabel wäre, als daß man zu Beysamen=Erhaltung derer Oesterreichl: Staaten

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/168>, abgerufen am 24.11.2024.