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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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er nur allein Chur-Sachsen, durch den Vorschub zur Pohlnischen Crone contentiret, wie man
denn mit Recht sagen könne, daß bey dieser Gelegenheit die Pohlnische Nation ein sa-
crificium Sanctionis pragmaticae abgeben müßen. Spanien und Bayern aber
habe man die Hände mit nichts gebunden, da man sich doch leicht hätte ein-
bilden können, daß, sonderlich die Königin von Spanien den Verlust ihrer
altväterlichen Erb-Lande in Italien nimmermehr verdauen würde. Nachdem
wir uns wegen der aufscheinenden Schwächlichkeit des Cardinals dismal
früher, als sonst beurlaubet, nahmen wir bey denen Printzen von Darmstadt
und dem Printzen von Schwartzburg, en passant einen Abtritt, und wurden mit
einer frantzösischen Deduction in causa Darmstadt contra den Bischof von
Metz
, gewiße von diesem letztern eingezogene und zu Buschweiler
gehörige Lehne betreffend beschencket, auch lernten wir den Herrn von Werneck
kennen, welcher die Zweybrückischen und Naßauischen Affairen hier besor-
get. Unsre fernere Farth aber ging nach der Marquise de Montbrun,
bey welcher wir, nebst ihrem Gemahl, den Chevalier d'Orleans grand Prieur u
Marquise de Gardouge antrafen. Illustrissimus wurde an den grand Prieur
so fort praesentiret. Es ist derselbe, bekantermaßen, ein natürlicher Sohn des
ehemaligen Regenten und scheinet gantz modest und serieux zu seyn. Es
wurde von dem Maltheser Orden vieles gesprochen, und erzehlte der grand
prieur
, daß er die durch das am verwichenen Mittwoch erfolgten Ab-
sterben des hiesigen Malthesischen Ambassadeurs vacant gewordenen
Commanderie von 20000 Livres jährliche Einkünften, bereits wider vergeben
habe. Der Marquis de Montbrun communicirte einen Brief von dem
Graf Calenberg aus Brüßel nebst einer accusaten Nachricht, was
eigentlich der König von Preußen durch den Herrn Graf Gotter in Wien
habe proponiren laßen, und was demselben darauf vor
eine schriftliche Antwort gegeben worden, davon man aber, weil
alles zu Hause vorhin bekant seyn wird, hier weiter nichts
melden will. Nachdem der grand Prieur und der Marquis de
Beaufremont
Abschied genommen, überlegte der Marquis de Gar-
douge
mit der Madame de Montbrun, wie man einem Jansenistischen
Bücher-Träger, welcher von dem Lieutnant de police ertappet
und in ein abscheulich cachot geworffen worden, wider heraus helffen
solle, erzehlte auch, daß dieser Mensch bis dato alles leide, und ferner
lieber alles leiden, als gute Leute, von denen er dergleichen Bücher
bekommen, oder denen er sie gebracht, verrathen wolle. Bey Gele-
genheit eines Discourses von der hiesigen gewöhnlichen Lebens-Art, that der
Marquis an seiner Gemahlin folgende Frage: ma femme, vous trou
le Comte Reuss plus sage que moi? n'est il pas vrai? Als sie nun
darauf mit oui antwortete, fragte er ferner: et combien de fois est il plus sage
n'est ce pas dix fois, welches sie denn mit einem freundlichen Kopf-
nicken zugestund. Weil diesen Abend der Prince de Monaco und
seine Braut die Princesse de Bouillon sich zum erstenmal in ihrem
Leben sehen und sprechen solten, und der Marquis zu dieser Enterv[unleserliches Material]
und dem darauf folgenden Soupe sich begeben wolte, begleiteten wir
sowol ihn, als die Madame d[unleserliches Material] la Faye in ihre Carossen, und begaben
uns gegen 8 Uhr nach Hause.

er nur allein Chur-Sachsen, durch den Vorschub zur Pohlnischen Crone contentiret, wie man
denn mit Recht sagen könne, daß bey dieser Gelegenheit die Pohlnische Nation ein sa-
crificium Sanctionis pragmaticae abgeben müßen. Spanien und Bayern aber
habe man die Hände mit nichts gebunden, da man sich doch leicht hätte ein-
bilden können, daß, sonderlich die Königin von Spanien den Verlust ihrer
altväterlichen Erb-Lande in Italien nimmermehr verdauen würde. Nachdem
wir uns wegen der aufscheinenden Schwächlichkeit des Cardinals dismal
früher, als sonst beurlaubet, nahmen wir bey denen Printzen von Darmstadt
und dem Printzen von Schwartzburg, en passant einen Abtritt, und wurden mit
einer frantzösischen Deduction in causa Darmstadt contra den Bischof von
Metz
, gewiße von diesem letztern eingezogene und zu Buschweiler
gehörige Lehne betreffend beschencket, auch lernten wir den Herrn von Werneck
kennen, welcher die Zweybrückischen und Naßauischen Affairen hier besor-
get. Unsre fernere Farth aber ging nach der Marquise de Montbrun,
bey welcher wir, nebst ihrem Gemahl, den Chevalier d’Orleans grand Prieur u
Marquise de Gardouge antrafen. Illustrissimus wurde an den grand Prieur
so fort praesentiret. Es ist derselbe, bekantermaßen, ein natürlicher Sohn des
ehemaligen Regenten und scheinet gantz modest und serieux zu seyn. Es
wurde von dem Maltheser Orden vieles gesprochen, und erzehlte der grand
prieur
, daß er die durch das am verwichenen Mittwoch erfolgten Ab-
sterben des hiesigen Malthesischen Ambassadeurs vacant gewordenen
Commanderie von 20000 Livres jährliche Einkünften, bereits wider vergeben
habe. Der Marquis de Montbrun communicirte einen Brief von dem
Graf Calenberg aus Brüßel nebst einer accusaten Nachricht, was
eigentlich der König von Preußen durch den Herrn Graf Gotter in Wien
habe proponiren laßen, und was demselben darauf vor
eine schriftliche Antwort gegeben worden, davon man aber, weil
alles zu Hause vorhin bekant seyn wird, hier weiter nichts
melden will. Nachdem der grand Prieur und der Marquis de
Beaufremont
Abschied genommen, überlegte der Marquis de Gar-
douge
mit der Madame de Montbrun, wie man einem Jansenistischen 
Bücher-Träger, welcher von dem Lieutnant de police ertappet
und in ein abscheulich cachot geworffen worden, wider heraus helffen
solle, erzehlte auch, daß dieser Mensch bis dato alles leide, und ferner
lieber alles leiden, als gute Leute, von denen er dergleichen Bücher
bekommen, oder denen er sie gebracht, verrathen wolle. Bey Gele-
genheit eines Discourses von der hiesigen gewöhnlichen Lebens-Art, that der
Marquis an seiner Gemahlin folgende Frage: ma femme, vous trou
le Comte Reuss plus sage que moi? n’est il pas vrai? Als sie nun
darauf mit oui antwortete, fragte er ferner: et combien de fois est il plus sage
n‘est ce pas dix fois, welches sie denn mit einem freundlichen Kopf-
nicken zugestund. Weil diesen Abend der Prince de Monaco und
seine Braut die Princesse de Bouillon sich zum erstenmal in ihrem
Leben sehen und sprechen solten, und der Marquis zu dieser Enterv[unleserliches Material]
und dem darauf folgenden Soupe sich begeben wolte, begleiteten wir
sowol ihn, als die Madame d[unleserliches Material] la Faye in ihre Carossen, und begaben
uns gegen 8 Uhr nach Hause.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/151>, abgerufen am 21.11.2024.