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Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742].

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Nummer 14
Den 8 Januar

Das Thema der heutigen Predigt aus dem Ewangelio war: die Liebe zum öffentlichen
Gottes-Dienst, 1) an dem Exempel der Eltern unsers Heylandes u. 2.) an dem
Exempel unsers Heylandes selbst. Von denen Eltern wurde solches daraus be-
wiesen a) weil Maria mit aufs Fest gegangen, welche doch dem Gesetz
nach nicht dazu verbunden gewesen, b) weil [unleserliches Material]beyde Eltern einen so weiten Weg darnach
gegangen, c) weil sie das gantze Fest ausgehalten, d.) weil sie ihre Profession
und Nahrung in Nazareth darüber versäumet, und die Theurung, welche
bey der großen Menge Menschen in Jerusalem nothwendig gewesen,
sich nicht abschrecken laßen, e.) weil sie ihr Kind Jesum mit dahin ge-
nommen. Von unserm Heylande selbsten wurden folgende Beweise
angeführet: a) daß er mit seinen Eltern willig gegangen, ohne sich
der sonst gegründeten Entschuldigung seiner geringen Jahre und des
weiten Wegs zu bedienen, b.) daß er sich im Tempel bey denen
Lehrern finden laßen, und denenselben nicht nur zugehöret, son-
dern auch c.) dieselben gefraget, ohnerachtet er doch ihres Unterrichts,
als die selbstständige Weisheit, nicht bedurft hätte. Bey der Applica-
tion wurden sowol die Separatisten, iedoch gantz moderat, als auch
der allgemeine Haufe der Christen wegen des operis operati be-
straffet, der Mittel-Weg aber zwischen diesen beyden Extremis recht
fein angewiesen. Der Printz von Schwartzburg, welchen wir nebst dem Herrn
von Hertenberg
und seinem sogenanten Secretario mit in die Kirche
genommen hatten, wurde nebst uns von dem Dähnischen Gesandten
zur Tafel behalten. Wir hatten Gelegenheit, die ehemals schon
sub dato den 5 hujus erwehnte Verordnung, wegen der Provincial-
Armen, hier nochmals mit rechtem Bedacht zu lesen, und fanden,
daß solche zwar denen gedachten Armen ihren Ausmarsch bey
Staubbesen und Pranger-Strafe und sonst in sehr harten Terminis
auferleget, zugleich aber doch vor dieselben sehr wohl sorge; indem zu-
gleich allen Welt= und geistlichen Communitaeten die Hospitäler alleine
ausgenommen, anbefohlen wird, von dem 3ten Theil ihrer jährlichen
Einkünfte 5 pro Cent zu erlegen, ein ieglicher Cure aber soll von
denen Hülfbedürftigen Armen seiner Paroisse ein richtiges Verzeichniß
halten, und was einem iedweden gegeben werden soll, der Obrigkeit iedes
Orts anzeigen. Weil die gantze Tisch-Gesellschaft aus lauter unverheiratheten
Manns-Personen bestund, so wurde von dem Hagerstoltzen-Recht, besonders
aber von einer aufzurichtenden Hagerstoltzen Societaet und gemeinen Casse
zu Verpflegung der krancken und mit weiblicher Wartung nicht versehenen
mancherley gesprochen. Über die 3 hiesige Königlichen Statüen Heinrichs des
IVten
au pont neuf, Ludwigs des XIIId a la place Royale, und Ludwigs des
XIVd
a la place de victoire, hat man hier folgende Observation gemacht, welche
den Gemüths-Caracter dieser 3 Könige ausdrücken soll, und zugleich auf
den Ort wo die Statüen stehen, alludiret: Henri IV entre les catins,

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Nummer 14
Den 8 Januar

Das Thema der heutigen Predigt aus dem Ewangelio war: die Liebe zum öffentlichen
Gottes-Dienst, 1) an dem Exempel der Eltern unsers Heylandes u. 2.) an dem
Exempel unsers Heylandes selbst. Von denen Eltern wurde solches daraus be-
wiesen a) weil Maria mit aufs Fest gegangen, welche doch dem Gesetz
nach nicht dazu verbunden gewesen, b) weil [unleserliches Material]beyde Eltern einen so weiten Weg darnach
gegangen, c) weil sie das gantze Fest ausgehalten, d.) weil sie ihre Profession
und Nahrung in Nazareth darüber versäumet, und die Theurung, welche
bey der großen Menge Menschen in Jerusalem nothwendig gewesen,
sich nicht abschrecken laßen, e.) weil sie ihr Kind Jesum mit dahin ge-
nommen. Von unserm Heylande selbsten wurden folgende Beweise
angeführet: a) daß er mit seinen Eltern willig gegangen, ohne sich
der sonst gegründeten Entschuldigung seiner geringen Jahre und des
weiten Wegs zu bedienen, b.) daß er sich im Tempel bey denen
Lehrern finden laßen, und denenselben nicht nur zugehöret, son-
dern auch c.) dieselben gefraget, ohnerachtet er doch ihres Unterrichts,
als die selbstständige Weisheit, nicht bedurft hätte. Bey der Applica-
tion wurden sowol die Separatisten, iedoch gantz moderat, als auch
der allgemeine Haufe der Christen wegen des operis operati be-
straffet, der Mittel-Weg aber zwischen diesen beyden Extremis recht
fein angewiesen. Der Printz von Schwartzburg, welchen wir nebst dem Herrn
von Hertenberg
und seinem sogenanten Secretario mit in die Kirche
genommen hatten, wurde nebst uns von dem Dähnischen Gesandten
zur Tafel behalten. Wir hatten Gelegenheit, die ehemals schon
sub dato den 5 hujus erwehnte Verordnung, wegen der Provincial-
Armen, hier nochmals mit rechtem Bedacht zu lesen, und fanden,
daß solche zwar denen gedachten Armen ihren Ausmarsch bey
Staubbesen und Pranger-Strafe und sonst in sehr harten Terminis
auferleget, zugleich aber doch vor dieselben sehr wohl sorge; indem zu-
gleich allen Welt= und geistlichen Communitaeten die Hospitäler alleine
ausgenommen, anbefohlen wird, von dem 3ten Theil ihrer jährlichen
Einkünfte 5 pro Cent zu erlegen, ein ieglicher Curé aber soll von
denen Hülfbedürftigen Armen seiner Paroisse ein richtiges Verzeichniß
halten, und was einem iedweden gegeben werden soll, der Obrigkeit iedes
Orts anzeigen. Weil die gantze Tisch-Gesellschaft aus lauter unverheiratheten
Manns-Personen bestund, so wurde von dem Hagerstoltzen-Recht, besonders
aber von einer aufzurichtenden Hagerstoltzen Societaet und gemeinen Casse
zu Verpflegung der krancken und mit weiblicher Wartung nicht versehenen
mancherley gesprochen. Über die 3 hiesige Königlichen Statüen Heinrichs des
IVten
au pont neuf, Ludwigs des XIIId à la place Royale, und Ludwigs des
XIVd
à la place de victoire, hat man hier folgende Observation gemacht, welche
den Gemüths-Caracter dieser 3 Könige ausdrücken soll, und zugleich auf
den Ort wo die Statüen stehen, alludiret: Henri IV entre les catins,

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[0114] 52 No 14 Den 8 Jan: Das Thema der heutigen Predigt aus dem Ewangelio war: die Liebe zum öffentl: Gottes-Dienst, 1) an dem Exempel der Eltern unsers Heylandes u. 2.) an dem Exempel unsers Heylandes selbst. Von denen Eltern wurde solche daraus be- wiesen a) weil Maria mit aufs Fest gegangen, welche doch dem Gesetz nach nicht dazu verbunden gewesen, b) weil beyde Eltern einen so weiten Weg darnach gegangen, c) weil sie das gantze Fest ausgehalten, d.) weil sie ihre Profession und Nahrung in Nazareth darüber versäumet, und die Theurung, welche bey der großen Menge Menschen in Jerusalem nothwendig gewesen, sich nicht abschrecken laßen, e.) weil sie ihr Kind Jesum mit dahin ge- nommen. Von unserm Heylande selbsten wurden folgende Beweise angeführet: a) daß er mit seinen Eltern willig gegangen, ohne sich der sonst gegründeten Entschuldigung seiner geringen Jahre und des weiten Wegs zu bedienen, b.) daß er sich im Tempel bey denen Lehrern finden laßen, und denenselben nicht nur zugehöret, son- dern auch c.) dieselben gefraget, ohnerachtet er doch ihres Unterrichts, als die selbstständige Weisheit, nicht bedurft hätte. Bey der Applica- tion wurden sowol die Separatisten, iedoch gantz moderat, als auch der allgemeine Haufe der Christen wegen des operis operati be- straffet, der Mittel-Weg aber zwischen diesen beyden Extremis recht fein angewiesen. Der Printz von Schwartzburg, welchen wir nebst dHl. v. Hertenberg und seinem sogenanten Secretario mit in die Kirche genommen hatten, wurde nebst uns von dem Dähnischen Gesandten zur Tafel behalten. Wir hatten Gelegenheit, die ehemals schon sub dato d. 5 hujus erwehnte Verordnung, wegen der Provincial- Armen, hier nochmals mit rechtem Bedacht zu lesen, und fanden, daß solche zwar denen gedachten Armen ihren Ausmarsch bey Staubbesen und Pranger-Strafe und sonst in sehr harten Terminis auferlege, zugleich aber doch vor dieselben sehr wohl sorge; indem zu- gleich allen Welt= und geistlichen Communitaeten die Hospitäler alleine ausgenommen, anbefohlen wird, von dem 3ten Theil ihrer jährlichen Einkünfte 5 pro Cent zu erlegen, ein ieglicher Curé aber soll von denen Hülfbedürftigen Armen seiner Paroisse ein richtiges Verzeichniß halten, und was einem iedweden gegeben werden soll, der Obrigkeit iedes Orts anzeigen. Weil die gantze Tisch-Gesellschaft aus lauter unverheiratheten Manns-Personen bestund, so wurde von dem Hagestoltzen-Recht, besonders aber von einer aufzurichtenden Hagestoltzen Societaet und gemeinen Casse zu Verpflegung der krancken und mit weiblicher Wartung nicht versehenen mancherley gesprochen. Über die 3 hiesige Königl: Statüen Heinrichs des IVten au pont neuf, Ludwigs des XIIId à la place Royale, und Ludwigs des XIVd à la place de victoire, hat man hier folgende Observation gemacht, welche den Gemüths-Caracter dieser 3 Könige ausdrücken soll, und zugleich auf den Ort wo die Statüen stehen, alludiret: Henri IV entre les catins,

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Herausgeber:innen
Paul Beckus, Marita Gruner, Thomas Grunewald, Sabrina Mögelin, Martin Prell: Bearbeiter:innen
Martin Prell: Datentransformation
Saskia Jungmann, Nikolas Schröder, Andreas Lewen: Mitarbeit
Thüringer Staatskanzlei: Projektförderer
Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena: Bilddigitalisierung von Editionsvorlage und deren Abschrift sowie Bereitstellung der Digitalisate

Weitere Informationen:

Das Endendum der vorliegenden Edition bildet das Tagebuch zur Kavalierstour des pietistischen Grafen Heinrich XI. Reuß zu Obergreiz (1722-1800) durch das Heilige Römische Reich deutscher Nation, Frankreich, die Schweiz, Italien und Österreich in den Jahren 1740–1742. Es besteht aus 443 Tagebucheinträgen auf 784 Seiten, die in 71 Briefen in die Heimat übersandt wurden. Verfasser des Tagebuchs ist der Köstritzer Hofmeister Anton von Geusau (1695–1749). Im Tagebuch bietet dieser nicht nur Einblicke in die international vernetzte Welt des Hochadels, sondern überliefert auch tiefgehende Einblicke in die wirtschaftlichen, sozialen, religiösen und politischen Entwicklungen in den besuchten Ländern. Dies ist vor allem für die im politischen System Europas stattfindenden Veränderungen relevant. So führte der Aufstieg Preußens zur Großmacht zu einer Neuordnung des europäischen Mächtesystems. In die Zeit seiner Kavalierstour fallen beispielsweise der Tod des Römisch-Deutschen Kaisers Karl VI. (1685–1740) und der sich daran anschließende Österreichische Erbfolgekrieg mit seinen Auswirkungen auf das europäische Mächtesystem. Besonders aufschlussreich sind die zahlreichen wiedergegebenen Gespräche zwischen den Reisenden und anderen Adligen, Geistlichen und Gelehrten zumeist katholischer Provenienz. Diese ermöglichen vielfältige Einblicke in die Gedanken- und Vorstellungswelt des Verfassers, seiner Mitreisenden und Gesprächspartner. Hieran werden Kontaktzonen für interkonfessionellen Austausch, aber auch Grenzen des Sag- oder Machbaren deutlich: Heinrich XI. und von Geusau waren pietistisch-fromme Lutheraner, die die auf der Reise gemachten Erfahrungen vor ihrem konfessionellen Erfahrungshintergrund spiegelten, werteten und einordneten

Die Edition wurde zunächst mit Hilfe der virtuellen Forschungsumgebung FuD erstellt, die im Rahmen des Projektes Editionenportal Thüringen an der Thüringer Universitäts- und Landesbibliothek Jena (ThULB) implementiert wurde. Nach Einstellung dieses Infrastrukturprojekts fand eine Transformation des FuD-XML in das DTABf im Rahmen eines FAIR-Data-Stipendiums der NFDI4Memory statt. Die Digitalisierung des originalen Brieftagebuchs und einer zeitgenössischen Abschrift erfolgte über die ThULB. Die vorliegende Edition umfasst eine vorlagennahe und zeilengenaue Umschrift der kurrenten Handschrift in moderne lateinische Buchstaben. Eine gründliche Ersttranskription ist erfolgt; eine abschließende Kollationierung steht noch aus. Die XML-Daten umfassen zum gegenwärtigen Zeitpunkt zudem eine grundständige Strukturkodierung (Briefe, Tagebucheinträge, Kopfzeilen, Absätze, Seiten- und Zeilenwechsel) und eine TEI-konforme Auszeichnung grundlegender formal-textkritischer Phänomene (Hervorhebungen, Autorkorrekturen, editorische Konjekturen, Unlesbarkeiten, Abkürzungen mit Auflösungen). Abweichungen der zeitgenössische Abschrift vom originalen Autographen wurden bis dato nicht erfasst. Topographische Informationen der Autorkorrekturen wurden erfasst. Einrückungen am Zeilenbeginn und innerhalb von Zeilen wurden nicht wiedergegeben. Horizontale Leerräume wurden nicht genau, sondern als einfache Leerzeilen wiedergegeben. Für bisher 49 der insgesamt 71 Briefe wurden zudem die darin erwähnten inhaltlich-semantischen Entitäten (Personen/Körperschaften, Gruppen, Geografika, Ereignisse und Objekte (z.B. Bücher, Gebäude, Statuen, Karten, Gemälde etc.)) kodiert und unter Nutzung von GND-Verweisen identifiziert. Ein entsprechendes Register finden Sie auf Github, dort sind auch sämtliche Daten der Edition zu diesem Werk publiziert.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: nicht markiert; Geminations-/Abkürzungsstriche: mnarkiert, expandiert; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht markiert; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: ja;




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Zitationshilfe: Geusau, Anton von: Reise Herrn Heinrich d. XI. durch Teutschland Franckr. u. Italien, [1740–1742], S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/geusau_reisetagebuchHeinrichxiReuss_1740/114>, abgerufen am 21.11.2024.