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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

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Aeschines, der Jäger, sprach izt: du schöner
Hirt, du hast mein Leben gerettet, wie soll ich
dich belohnen, komm mit mir in die Stadt, dort
wohnt man nicht in ströhernen Hütten; Palläste
von Marmor steigen dort hoch an die Wolken,
und hohe Säulen stehen um sie her, du solt bey
mir wohnen, und aus Gold trinken, und die
köstlichen Speisen aus silbernen Platten essen.

Menalkas sprach: Was soll ich in der Stadt?
Ich wohne sicher in meiner niedern Hütte, sie
schüzt mich vor Regen und rauhen Winden, und
stehn nicht Säulen umher, so stehn doch frucht-
bare Bäume und Reben umher, dann hol ich aus
der nahen Quelle klares Wasser im irdenen Krug,
auch hab ich süssen Most, und dann ess ich was
mir die Bäume und meine Herde geben, und hab
ich nicht Silber und Gold, so streu ich wolrie-
chende Blumen auf den Tisch.

Aeschines. Komm mit mir Hirt, dort hat man
auch Bäume und Blumen, dort hat sie die Kunst

Aeſchines, der Jäger, ſprach izt: du ſchöner
Hirt, du haſt mein Leben gerettet, wie ſoll ich
dich belohnen, komm mit mir in die Stadt, dort
wohnt man nicht in ſtröhernen Hütten; Palläſte
von Marmor ſteigen dort hoch an die Wolken,
und hohe Säulen ſtehen um ſie her, du ſolt bey
mir wohnen, und aus Gold trinken, und die
köſtlichen Speiſen aus ſilbernen Platten eſſen.

Menalkas ſprach: Was ſoll ich in der Stadt?
Ich wohne ſicher in meiner niedern Hütte, ſie
ſchüzt mich vor Regen und rauhen Winden, und
ſtehn nicht Säulen umher, ſo ſtehn doch frucht-
bare Bäume und Reben umher, dann hol ich aus
der nahen Quelle klares Waſſer im irdenen Krug,
auch hab ich ſüſſen Moſt, und dann eſs ich was
mir die Bäume und meine Herde geben, und hab
ich nicht Silber und Gold, ſo ſtreu ich wolrie-
chende Blumen auf den Tiſch.

Aeſchines. Komm mit mir Hirt, dort hat man
auch Bäume und Blumen, dort hat ſie die Kunſt

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[78/0083] Aeſchines, der Jäger, ſprach izt: du ſchöner Hirt, du haſt mein Leben gerettet, wie ſoll ich dich belohnen, komm mit mir in die Stadt, dort wohnt man nicht in ſtröhernen Hütten; Palläſte von Marmor ſteigen dort hoch an die Wolken, und hohe Säulen ſtehen um ſie her, du ſolt bey mir wohnen, und aus Gold trinken, und die köſtlichen Speiſen aus ſilbernen Platten eſſen. Menalkas ſprach: Was ſoll ich in der Stadt? Ich wohne ſicher in meiner niedern Hütte, ſie ſchüzt mich vor Regen und rauhen Winden, und ſtehn nicht Säulen umher, ſo ſtehn doch frucht- bare Bäume und Reben umher, dann hol ich aus der nahen Quelle klares Waſſer im irdenen Krug, auch hab ich ſüſſen Moſt, und dann eſs ich was mir die Bäume und meine Herde geben, und hab ich nicht Silber und Gold, ſo ſtreu ich wolrie- chende Blumen auf den Tiſch. Aeſchines. Komm mit mir Hirt, dort hat man auch Bäume und Blumen, dort hat ſie die Kunſt

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Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/83>, abgerufen am 24.11.2024.