Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

Bild:
<< vorherige Seite

kränzt sieht, und seine Flöte; hier will ichs er-
warten, er muss mich wol sehen, wenn ich hier
stehe, und wenn er mich nicht sieht - - dann
will ich laut lachen. So sprach ich, und stund
im nahen Busch, als meine Gespielen mich riefen;
O wie war ich böse, ich musst' izt gehen, und
konnte sein Lächeln nicht und seine Freude nicht
sehen, als er sein Haar und seine Flöte bekränzet
sah. Wie froh bin ich! izt kömmt der Frühling
zurük, izt werd ich ihn wieder auf den Fluren
sehn! Ihr Nymphen! hier will ich Kränze an die
Aeste der Gebusche hängen, die eure Höle be-
schatten, es sind die ersten Blumen, frühe Violen,
und May-Blumen, und gelbe Schlüssel-Blumen,
und röthlichte Masslieben, und die ersten Blü-
then; Seyd meiner Liebe gewogen; und wenn
der Hirt an dieser Quelle schlummert, dann sagt
ihm im Traum, dass es Chloe ist, die seine Flöte
und sein Haar bekränzt hat, dass es Chloe ist die
ihn liebt.

kränzt ſieht, und ſeine Flöte; hier will ichs er-
warten, er muſs mich wol ſehen, wenn ich hier
ſtehe, und wenn er mich nicht ſieht ‒ ‒ dann
will ich laut lachen. So ſprach ich, und ſtund
im nahen Buſch, als meine Geſpielen mich riefen;
O wie war ich böſe, ich muſst’ izt gehen, und
konnte ſein Lächeln nicht und ſeine Freude nicht
ſehen, als er ſein Haar und ſeine Flöte bekränzet
ſah. Wie froh bin ich! izt kömmt der Frühling
zurük, izt werd ich ihn wieder auf den Fluren
ſehn! Ihr Nymphen! hier will ich Kränze an die
Aeſte der Gebuſche hängen, die eure Höle be-
ſchatten, es ſind die erſten Blumen, frühe Violen,
und May-Blumen, und gelbe Schlüſſel-Blumen,
und röthlichte Maſslieben, und die erſten Blü-
then; Seyd meiner Liebe gewogen; und wenn
der Hirt an dieſer Quelle ſchlummert, dann ſagt
ihm im Traum, daſs es Chloe iſt, die ſeine Flöte
und ſein Haar bekränzt hat, daſs es Chloe iſt die
ihn liebt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0080" n="75"/>
kränzt &#x017F;ieht, und &#x017F;eine Flöte; hier will ichs er-<lb/>
warten, er mu&#x017F;s mich wol &#x017F;ehen, wenn ich hier<lb/>
&#x017F;tehe, und wenn er mich nicht &#x017F;ieht &#x2012; &#x2012; dann<lb/>
will ich laut lachen. So &#x017F;prach ich, und &#x017F;tund<lb/>
im nahen Bu&#x017F;ch, als meine Ge&#x017F;pielen mich riefen;<lb/>
O wie war ich bö&#x017F;e, ich mu&#x017F;st&#x2019; izt gehen, und<lb/>
konnte &#x017F;ein Lächeln nicht und &#x017F;eine Freude nicht<lb/>
&#x017F;ehen, als er &#x017F;ein Haar und &#x017F;eine Flöte bekränzet<lb/>
&#x017F;ah. Wie froh bin ich! izt kömmt der Frühling<lb/>
zurük, izt werd ich ihn wieder auf den Fluren<lb/>
&#x017F;ehn! Ihr Nymphen! hier will ich Kränze an die<lb/>
Ae&#x017F;te der Gebu&#x017F;che hängen, die eure Höle be-<lb/>
&#x017F;chatten, es &#x017F;ind die er&#x017F;ten Blumen, frühe Violen,<lb/>
und May-Blumen, und gelbe Schlü&#x017F;&#x017F;el-Blumen,<lb/>
und röthlichte Ma&#x017F;slieben, und die er&#x017F;ten Blü-<lb/>
then; Seyd meiner Liebe gewogen; und wenn<lb/>
der Hirt an die&#x017F;er Quelle &#x017F;chlummert, dann &#x017F;agt<lb/>
ihm im Traum, da&#x017F;s es Chloe i&#x017F;t, die &#x017F;eine Flöte<lb/>
und &#x017F;ein Haar bekränzt hat, da&#x017F;s es Chloe i&#x017F;t die<lb/>
ihn liebt.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0080] kränzt ſieht, und ſeine Flöte; hier will ichs er- warten, er muſs mich wol ſehen, wenn ich hier ſtehe, und wenn er mich nicht ſieht ‒ ‒ dann will ich laut lachen. So ſprach ich, und ſtund im nahen Buſch, als meine Geſpielen mich riefen; O wie war ich böſe, ich muſst’ izt gehen, und konnte ſein Lächeln nicht und ſeine Freude nicht ſehen, als er ſein Haar und ſeine Flöte bekränzet ſah. Wie froh bin ich! izt kömmt der Frühling zurük, izt werd ich ihn wieder auf den Fluren ſehn! Ihr Nymphen! hier will ich Kränze an die Aeſte der Gebuſche hängen, die eure Höle be- ſchatten, es ſind die erſten Blumen, frühe Violen, und May-Blumen, und gelbe Schlüſſel-Blumen, und röthlichte Maſslieben, und die erſten Blü- then; Seyd meiner Liebe gewogen; und wenn der Hirt an dieſer Quelle ſchlummert, dann ſagt ihm im Traum, daſs es Chloe iſt, die ſeine Flöte und ſein Haar bekränzt hat, daſs es Chloe iſt die ihn liebt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/80
Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/80>, abgerufen am 24.11.2024.