ich hier bey der Lilie pflanzen. Ich will auf die Wiesen und auf die Hügel gehen, und will ihnen die blumichten Pflanzen rauben; die Viole und die Nelke, und die blaue Gloken-Blume, und die braune Scabiose, alles, alles will ich sammeln; dann soll es seyn wie ein Hain voll süsser Ge- rüche, und dann will ich um den Blumen-Hain her die nahe Quelle leiten, dass er zur kleinen In- sul wird, und rings umher will ich einen Zaun von Dornbüschen pflanzen, dass die Ziegen und die Schafe ihn nicht verwüsten. O dann kom- met, ihr, die ihr der Liebe lebt, seufzende Tur- teldauben, kommt dann im Wipfel der Ulme zu klagen, und ihr, ihr Sperlinge, verfolgt euch durchs Rosen-Gebüsch, und singt von wiegen- den Aesten, und ihr, ihr bunten Schmetterlinge, haschet euch im Blumen-Hain, und paart euch auf wankenden Lilien.
Dann sagt der Hirt, der vorüber geht, wenn ihm die Zephire die Gerüche weit her entge-
ich hier bey der Lilie pflanzen. Ich will auf die Wieſen und auf die Hügel gehen, und will ihnen die blumichten Pflanzen rauben; die Viole und die Nelke, und die blaue Gloken-Blume, und die braune Scabioſe, alles, alles will ich ſammeln; dann ſoll es ſeyn wie ein Hain voll ſüſſer Ge- rüche, und dann will ich um den Blumen-Hain her die nahe Quelle leiten, daſs er zur kleinen In- ſul wird, und rings umher will ich einen Zaun von Dornbüſchen pflanzen, daſs die Ziegen und die Schafe ihn nicht verwüſten. O dann kom- met, ihr, die ihr der Liebe lebt, ſeufzende Tur- teldauben, kommt dann im Wipfel der Ulme zu klagen, und ihr, ihr Sperlinge, verfolgt euch durchs Roſen-Gebüſch, und ſingt von wiegen- den Aeſten, und ihr, ihr bunten Schmetterlinge, haſchet euch im Blumen-Hain, und paart euch auf wankenden Lilien.
Dann ſagt der Hirt, der vorüber geht, wenn ihm die Zephire die Gerüche weit her entge-
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ich hier bey der Lilie pflanzen. Ich will auf die
Wieſen und auf die Hügel gehen, und will ihnen
die blumichten Pflanzen rauben; die Viole und
die Nelke, und die blaue Gloken-Blume, und die
braune Scabioſe, alles, alles will ich ſammeln;
dann ſoll es ſeyn wie ein Hain voll ſüſſer Ge-
rüche, und dann will ich um den Blumen-Hain
her die nahe Quelle leiten, daſs er zur kleinen In-
ſul wird, und rings umher will ich einen Zaun
von Dornbüſchen pflanzen, daſs die Ziegen und
die Schafe ihn nicht verwüſten. O dann kom-
met, ihr, die ihr der Liebe lebt, ſeufzende Tur-
teldauben, kommt dann im Wipfel der Ulme zu
klagen, und ihr, ihr Sperlinge, verfolgt euch
durchs Roſen-Gebüſch, und ſingt von wiegen-
den Aeſten, und ihr, ihr bunten Schmetterlinge,
haſchet euch im Blumen-Hain, und paart euch
auf wankenden Lilien.
Dann ſagt der Hirt, der vorüber geht, wenn
ihm die Zephire die Gerüche weit her entge-
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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/65>, abgerufen am 16.02.2025.
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