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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756.

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Saat dort über das Feld hin die zarten Spizen aus
dem Schnee empor hebt, und das Weiss mit
sanftem Grün vermischt; Schön glänzen die nahen
Sträuche, ihre dünnen Aeste sind mit Duft ge-
schmükt, und die dünnen umherflatternden Fa-
den. Zwar ist die Gegend öde, die Herden ruhen
eingeschlossen im wärmenden Stroh; nur selten
sieht man den Fusstritt des willigen Stiers, der
traurig das Brennholz vor die Hutte führt, das
sein Hirt im nahen Hain gefällt hat; die Vögel ha-
ben die Gebüsche verlassen, nur die einsame
Meise singet ihr Lied, nur der kleine Zaun-Schlü-
pfer hupfet umher, und der braune Sperling
kömmt freundlich zu der Hütte und piket die hin-
gestreuten Körner; Dort wo der Rauch aus den
Bäumen in die Luft empor wallt, dort wohnet
meine Phillis; Vielleicht sizest du izt beym wär-
menden Feuer, das schöne Gesicht auf der unter-
stüzenden Hand, und denkest an mich, und wün-
schest den Frühling; Ach Phillis! wie schön bist

B 5

Saat dort über das Feld hin die zarten Spizen aus
dem Schnee empor hebt, und das Weiſs mit
ſanftem Grün vermiſcht; Schön glänzen die nahen
Sträuche, ihre dünnen Aeſte ſind mit Duft ge-
ſchmükt, und die dünnen umherflatternden Fa-
den. Zwar iſt die Gegend öde, die Herden ruhen
eingeſchloſſen im wärmenden Stroh; nur ſelten
ſieht man den Fuſstritt des willigen Stiers, der
traurig das Brennholz vor die Hutte führt, das
ſein Hirt im nahen Hain gefällt hat; die Vögel ha-
ben die Gebüſche verlaſſen, nur die einſame
Meiſe ſinget ihr Lied, nur der kleine Zaun-Schlü-
pfer hupfet umher, und der braune Sperling
kömmt freundlich zu der Hütte und piket die hin-
geſtreuten Körner; Dort wo der Rauch aus den
Bäumen in die Luft empor wallt, dort wohnet
meine Phillis; Vielleicht ſizeſt du izt beym wär-
menden Feuer, das ſchöne Geſicht auf der unter-
ſtüzenden Hand, und denkeſt an mich, und wün-
ſcheſt den Frühling; Ach Phillis! wie ſchön biſt

B 5
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[25/0030] Saat dort über das Feld hin die zarten Spizen aus dem Schnee empor hebt, und das Weiſs mit ſanftem Grün vermiſcht; Schön glänzen die nahen Sträuche, ihre dünnen Aeſte ſind mit Duft ge- ſchmükt, und die dünnen umherflatternden Fa- den. Zwar iſt die Gegend öde, die Herden ruhen eingeſchloſſen im wärmenden Stroh; nur ſelten ſieht man den Fuſstritt des willigen Stiers, der traurig das Brennholz vor die Hutte führt, das ſein Hirt im nahen Hain gefällt hat; die Vögel ha- ben die Gebüſche verlaſſen, nur die einſame Meiſe ſinget ihr Lied, nur der kleine Zaun-Schlü- pfer hupfet umher, und der braune Sperling kömmt freundlich zu der Hütte und piket die hin- geſtreuten Körner; Dort wo der Rauch aus den Bäumen in die Luft empor wallt, dort wohnet meine Phillis; Vielleicht ſizeſt du izt beym wär- menden Feuer, das ſchöne Geſicht auf der unter- ſtüzenden Hand, und denkeſt an mich, und wün- ſcheſt den Frühling; Ach Phillis! wie ſchön biſt B 5

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Zitationshilfe: [Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/30>, abgerufen am 24.11.2024.