Anger wohnen, wenn wahr ist, was der Land- mann sagt, dass sie nur da wohnen, wo Fried und Ruhe in der Wirthschaft herrscht. Hinteu am Hause sey mein geraumer Garten, wo einfäl- tige Kunst, den angenehmen Phantasien der Na- tur mit gehorsamer Hülfe beysteht, nicht aufrüh- risch sie zum dienstbaren Stoff sich macht, in groteske Bilder sie zu schaffen. Wände von Nuss- strauch umzäunen ihn, und in jeder Eke steht eine grüne Hütte von wilden Rosinen; dahin würd ich oft den Stralen der Sonn' entweichen, oder sehen, wie der braune Gärtner die Beeten um- gräbt, um schmakhafte Garten-Gewächse zu säen; Oft würd ich die Schaufel aus der Hand ihm nehmen, durch seinen Fleiss zur Arbeit ge- lokt, um selbst umzugraben, indess dass er neben mir stühnde, der wenigern Kräfte lächelnd; oder ich hülf ihm die flatternden Gewächse an Stäben aufbinden, oder der Rosen-Stauden warten und der zerstreuten Nelken und Lilien.
Anger wohnen, wenn wahr iſt, was der Land- mann ſagt, daſs ſie nur da wohnen, wo Fried und Ruhe in der Wirthſchaft herrſcht. Hinteu am Hauſe ſey mein geraumer Garten, wo einfäl- tige Kunſt, den angenehmen Phantaſien der Na- tur mit gehorſamer Hülfe beyſteht, nicht aufrüh- riſch ſie zum dienſtbaren Stoff ſich macht, in groteske Bilder ſie zu ſchaffen. Wände von Nuſs- ſtrauch umzäunen ihn, und in jeder Eke ſteht eine grüne Hütte von wilden Roſinen; dahin würd ich oft den Stralen der Sonn’ entweichen, oder ſehen, wie der braune Gärtner die Beeten um- gräbt, um ſchmakhafte Garten-Gewächſe zu ſäen; Oft würd ich die Schaufel aus der Hand ihm nehmen, durch ſeinen Fleiſs zur Arbeit ge- lokt, um ſelbſt umzugraben, indeſs daſs er neben mir ſtühnde, der wenigern Kräfte lächelnd; oder ich hülf ihm die flatternden Gewächſe an Stäben aufbinden, oder der Roſen-Stauden warten und der zerſtreuten Nelken und Lilien.
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Anger wohnen, wenn wahr iſt, was der Land-
mann ſagt, daſs ſie nur da wohnen, wo Fried
und Ruhe in der Wirthſchaft herrſcht. Hinteu
am Hauſe ſey mein geraumer Garten, wo einfäl-
tige Kunſt, den angenehmen Phantaſien der Na-
tur mit gehorſamer Hülfe beyſteht, nicht aufrüh-
riſch ſie zum dienſtbaren Stoff ſich macht, in
groteske Bilder ſie zu ſchaffen. Wände von Nuſs-
ſtrauch umzäunen ihn, und in jeder Eke ſteht eine
grüne Hütte von wilden Roſinen; dahin würd ich
oft den Stralen der Sonn’ entweichen, oder
ſehen, wie der braune Gärtner die Beeten um-
gräbt, um ſchmakhafte Garten-Gewächſe zu
ſäen; Oft würd ich die Schaufel aus der Hand
ihm nehmen, durch ſeinen Fleiſs zur Arbeit ge-
lokt, um ſelbſt umzugraben, indeſs daſs er neben
mir ſtühnde, der wenigern Kräfte lächelnd; oder
ich hülf ihm die flatternden Gewächſe an Stäben
aufbinden, oder der Roſen-Stauden warten und
der zerſtreuten Nelken und Lilien.
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[Geßner, Salomon]: Idyllen. Zürich, 1756, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_idyllen_1756/127>, abgerufen am 16.02.2025.
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