Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Neu-Mühlen-Wasserdruckwerk in Prag.
von wo es dann durch seine Druckhöhe den Springbrunnen in Gang setzt. Bei Soolen-
leitungen
werden solche Maschinen ebenfalls gebraucht, wenn die Flüssigkeiten in
höher liegende Behälter geschafft werden sollen.

Die vereinigten Saug- und Druckwerke gehören sonach zu jenen Maschinen, wovon
häufig Anwendung gemacht wird, und es ist den wissenschaftlichen Forschungen der
Herren u. Langsdorf, u. Baader, Eytelwein und anderer gelungen, die Theorie dieser
Maschine mit Rücksicht auf ihre Anwendung so zu vervollkommnen, dass man die ganze
Anlage eines solchen, häufig kostspieligen Werkes hiernach zu berechnen, und für die
verlangte Leistung der Maschine zu bürgen vermag. Wir werden in diesem Kapitel die
Theorie der vereinigten Saug- und Druckwerke im Einklange mit den bisher vorgetrage-
nen Grundsätzen aufstellen, und hoffen durch ihre Einfachheit etwas zur leichtern An-
wendung dieser Maschine beizutragen.

§. 221.

Vor Aufstellung der Theorie wollen wir erst die Konstrukzion eines solchen verei-
nigten Saug- und Druckwerkes näher kennen lernen. Wir wählen hiezu das in Prag auf
der Neustadt befindliche Neu-Mühlen-Wasserwerk, welches, wie schon im II.
Bande, Seite 252 erinnert wurde, aus zwei Druckwerken besteht, deren jedes mit vier
Stiefeln versehen ist. Hievon wurden im Jahre 1832 neun öffentliche Röhrkästen, 7 öffentliche
Gebäude und 47 Privathäuser mit Wasser versehen; dieses Wasserwerk hatte demnach im
Ganzen 63 Ableitungen. Die ursprüngliche Anlage dieses Druckwerkes fand vor mehr als
300 Jahren Statt, wesshalb denn in neuern Zeiten viele Klagen über Wassermangel eintra-
ten, indem die Maschinen häufig still standen.

Die alten Druckwerke hatten nach gewöhnlicher Art hergestellte Stempel oder Kol-
ben mit 5 bis 6 fach übereinander gelegten Scheiben von Pfundleder; diese Scheiben zogen
sich in kurzer Zeit zusammen, liessen Wasser durch, und mussten alle 8 bis 9 Wochen
mit neuen Scheiben aus Pfundleder ersetzt werden. Der Rand dieser neu zugelegten Schei-
ben wurde immer über die alten Scheiben umgebogen, um einen wasserdichten Schluss
zu bewirken, wodurch jedoch im Anfange des Gebrauches immer eine bedeutende Rei-
bung entstand. Von den 8 Wasserdruckwerken in Prag ist jedes mit 4 Kolben versehen
es mussten daher die 32 Kolben alle 8 bis 9 Wochen neu geliedert werden, welches nebst
der Unterbrechung des Ganges der Maschinen allerdings bedeutende Auslagen verur-
sachte, da eine Lederscheibe mit beiläufig 1 fl. C. M. bezahlt wurde.

Der wesentlichste Nachtheil der alten Maschinen lag aber darin, dass die messinge-
nen Stiefel oder Kropfzylinder nach und nach in der Mitte mehr als an beiden Enden
ausgeschliffen wurden, wodurch eine bedeutende Quantität Wasser neben den Kolben
entging. Zur Beseitigung dieses Uebelstandes mussten die Kropfzylinder alle 6 bis 7 Jahre
neu gebohrt werden, welches für eine ganze Maschine 5 bis 6 Tage erforderte, innerhalb
welcher die Leitung des Wassers unterbrochen blieb. Bei mehrmaliger Wiederholung die-
ser Nachbohrung wurden die messingenen Kropfzylinder immer schwächer, und zerplatzten
endlich bei ihrem Betriebe, worauf sie neu angeschafft werden mussten. Ueberdiess waren
auch mehrere Bestandtheile der Maschine für ihre fortwährende Bewegung nicht hinrei-
chend dauerhaft.

Neu-Mühlen-Wasserdruckwerk in Prag.
von wo es dann durch seine Druckhöhe den Springbrunnen in Gang setzt. Bei Soolen-
leitungen
werden solche Maschinen ebenfalls gebraucht, wenn die Flüssigkeiten in
höher liegende Behälter geschafft werden sollen.

Die vereinigten Saug- und Druckwerke gehören sonach zu jenen Maschinen, wovon
häufig Anwendung gemacht wird, und es ist den wissenschaftlichen Forschungen der
Herren υ. Langsdorf, υ. Baader, Eytelwein und anderer gelungen, die Theorie dieser
Maschine mit Rücksicht auf ihre Anwendung so zu vervollkommnen, dass man die ganze
Anlage eines solchen, häufig kostspieligen Werkes hiernach zu berechnen, und für die
verlangte Leistung der Maschine zu bürgen vermag. Wir werden in diesem Kapitel die
Theorie der vereinigten Saug- und Druckwerke im Einklange mit den bisher vorgetrage-
nen Grundsätzen aufstellen, und hoffen durch ihre Einfachheit etwas zur leichtern An-
wendung dieser Maschine beizutragen.

§. 221.

Vor Aufstellung der Theorie wollen wir erst die Konstrukzion eines solchen verei-
nigten Saug- und Druckwerkes näher kennen lernen. Wir wählen hiezu das in Prag auf
der Neustadt befindliche Neu-Mühlen-Wasserwerk, welches, wie schon im II.
Bande, Seite 252 erinnert wurde, aus zwei Druckwerken besteht, deren jedes mit vier
Stiefeln versehen ist. Hievon wurden im Jahre 1832 neun öffentliche Röhrkästen, 7 öffentliche
Gebäude und 47 Privathäuser mit Wasser versehen; dieses Wasserwerk hatte demnach im
Ganzen 63 Ableitungen. Die ursprüngliche Anlage dieses Druckwerkes fand vor mehr als
300 Jahren Statt, wesshalb denn in neuern Zeiten viele Klagen über Wassermangel eintra-
ten, indem die Maschinen häufig still standen.

Die alten Druckwerke hatten nach gewöhnlicher Art hergestellte Stempel oder Kol-
ben mit 5 bis 6 fach übereinander gelegten Scheiben von Pfundleder; diese Scheiben zogen
sich in kurzer Zeit zusammen, liessen Wasser durch, und mussten alle 8 bis 9 Wochen
mit neuen Scheiben aus Pfundleder ersetzt werden. Der Rand dieser neu zugelegten Schei-
ben wurde immer über die alten Scheiben umgebogen, um einen wasserdichten Schluss
zu bewirken, wodurch jedoch im Anfange des Gebrauches immer eine bedeutende Rei-
bung entstand. Von den 8 Wasserdruckwerken in Prag ist jedes mit 4 Kolben versehen
es mussten daher die 32 Kolben alle 8 bis 9 Wochen neu geliedert werden, welches nebst
der Unterbrechung des Ganges der Maschinen allerdings bedeutende Auslagen verur-
sachte, da eine Lederscheibe mit beiläufig 1 fl. C. M. bezahlt wurde.

Der wesentlichste Nachtheil der alten Maschinen lag aber darin, dass die messinge-
nen Stiefel oder Kropfzylinder nach und nach in der Mitte mehr als an beiden Enden
ausgeschliffen wurden, wodurch eine bedeutende Quantität Wasser neben den Kolben
entging. Zur Beseitigung dieses Uebelstandes mussten die Kropfzylinder alle 6 bis 7 Jahre
neu gebohrt werden, welches für eine ganze Maschine 5 bis 6 Tage erforderte, innerhalb
welcher die Leitung des Wassers unterbrochen blieb. Bei mehrmaliger Wiederholung die-
ser Nachbohrung wurden die messingenen Kropfzylinder immer schwächer, und zerplatzten
endlich bei ihrem Betriebe, worauf sie neu angeschafft werden mussten. Ueberdiess waren
auch mehrere Bestandtheile der Maschine für ihre fortwährende Bewegung nicht hinrei-
chend dauerhaft.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0334" n="298"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Neu-Mühlen-Wasserdruckwerk in Prag.</hi></fw><lb/>
von wo es dann durch seine Druckhöhe den Springbrunnen in Gang setzt. Bei <hi rendition="#g">Soolen-<lb/>
leitungen</hi> werden solche Maschinen ebenfalls gebraucht, wenn die Flüssigkeiten in<lb/>
höher liegende Behälter geschafft werden sollen.</p><lb/>
            <p>Die vereinigten Saug- und Druckwerke gehören sonach zu jenen Maschinen, wovon<lb/>
häufig Anwendung gemacht wird, und es ist den wissenschaftlichen Forschungen der<lb/>
Herren <hi rendition="#i">&#x03C5;. Langsdorf, &#x03C5;. Baader, Eytelwein</hi> und anderer gelungen, die Theorie dieser<lb/>
Maschine mit Rücksicht auf ihre Anwendung so zu vervollkommnen, dass man die ganze<lb/>
Anlage eines solchen, häufig kostspieligen Werkes hiernach zu berechnen, und für die<lb/>
verlangte Leistung der Maschine zu bürgen vermag. Wir werden in diesem Kapitel die<lb/>
Theorie der vereinigten Saug- und Druckwerke im Einklange mit den bisher vorgetrage-<lb/>
nen Grundsätzen aufstellen, und hoffen durch ihre Einfachheit etwas zur leichtern An-<lb/>
wendung dieser Maschine beizutragen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 221.</head><lb/>
            <p>Vor Aufstellung der Theorie wollen wir erst die Konstrukzion eines solchen verei-<lb/>
nigten Saug- und Druckwerkes näher kennen lernen. Wir wählen hiezu das in <hi rendition="#g">Prag</hi> auf<lb/>
der Neustadt befindliche <hi rendition="#g">Neu-Mühlen-Wasserwerk</hi>, welches, wie schon im II.<lb/>
Bande, Seite 252 erinnert wurde, aus zwei Druckwerken besteht, deren jedes mit vier<lb/>
Stiefeln versehen ist. Hievon wurden im Jahre 1832 neun öffentliche Röhrkästen, 7 öffentliche<lb/>
Gebäude und 47 Privathäuser mit Wasser versehen; dieses Wasserwerk hatte demnach im<lb/>
Ganzen 63 Ableitungen. Die ursprüngliche Anlage dieses Druckwerkes fand vor mehr als<lb/>
300 Jahren Statt, wesshalb denn in neuern Zeiten viele Klagen über Wassermangel eintra-<lb/>
ten, indem die Maschinen häufig still standen.</p><lb/>
            <p>Die alten Druckwerke hatten nach gewöhnlicher Art hergestellte Stempel oder Kol-<lb/>
ben mit 5 bis 6 fach übereinander gelegten Scheiben von Pfundleder; diese Scheiben zogen<lb/>
sich in kurzer Zeit zusammen, liessen Wasser durch, und mussten alle 8 bis 9 Wochen<lb/>
mit neuen Scheiben aus Pfundleder ersetzt werden. Der Rand dieser neu zugelegten Schei-<lb/>
ben wurde immer über die alten Scheiben umgebogen, um einen wasserdichten Schluss<lb/>
zu bewirken, wodurch jedoch im Anfange des Gebrauches immer eine bedeutende Rei-<lb/>
bung entstand. Von den 8 Wasserdruckwerken in Prag ist jedes mit 4 Kolben versehen<lb/>
es mussten daher die 32 Kolben alle 8 bis 9 Wochen neu geliedert werden, welches nebst<lb/>
der Unterbrechung des Ganges der Maschinen allerdings bedeutende Auslagen verur-<lb/>
sachte, da eine Lederscheibe mit beiläufig 1 fl. C. M. bezahlt wurde.</p><lb/>
            <p>Der wesentlichste Nachtheil der alten Maschinen lag aber darin, dass die messinge-<lb/>
nen Stiefel oder Kropfzylinder nach und nach in der Mitte mehr als an beiden Enden<lb/>
ausgeschliffen wurden, wodurch eine bedeutende Quantität Wasser neben den Kolben<lb/>
entging. Zur Beseitigung dieses Uebelstandes mussten die Kropfzylinder alle 6 bis 7 Jahre<lb/>
neu gebohrt werden, welches für eine ganze Maschine 5 bis 6 Tage erforderte, innerhalb<lb/>
welcher die Leitung des Wassers unterbrochen blieb. Bei mehrmaliger Wiederholung die-<lb/>
ser Nachbohrung wurden die messingenen Kropfzylinder immer schwächer, und zerplatzten<lb/>
endlich bei ihrem Betriebe, worauf sie neu angeschafft werden mussten. Ueberdiess waren<lb/>
auch mehrere Bestandtheile der Maschine für ihre fortwährende Bewegung nicht hinrei-<lb/>
chend dauerhaft.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[298/0334] Neu-Mühlen-Wasserdruckwerk in Prag. von wo es dann durch seine Druckhöhe den Springbrunnen in Gang setzt. Bei Soolen- leitungen werden solche Maschinen ebenfalls gebraucht, wenn die Flüssigkeiten in höher liegende Behälter geschafft werden sollen. Die vereinigten Saug- und Druckwerke gehören sonach zu jenen Maschinen, wovon häufig Anwendung gemacht wird, und es ist den wissenschaftlichen Forschungen der Herren υ. Langsdorf, υ. Baader, Eytelwein und anderer gelungen, die Theorie dieser Maschine mit Rücksicht auf ihre Anwendung so zu vervollkommnen, dass man die ganze Anlage eines solchen, häufig kostspieligen Werkes hiernach zu berechnen, und für die verlangte Leistung der Maschine zu bürgen vermag. Wir werden in diesem Kapitel die Theorie der vereinigten Saug- und Druckwerke im Einklange mit den bisher vorgetrage- nen Grundsätzen aufstellen, und hoffen durch ihre Einfachheit etwas zur leichtern An- wendung dieser Maschine beizutragen. §. 221. Vor Aufstellung der Theorie wollen wir erst die Konstrukzion eines solchen verei- nigten Saug- und Druckwerkes näher kennen lernen. Wir wählen hiezu das in Prag auf der Neustadt befindliche Neu-Mühlen-Wasserwerk, welches, wie schon im II. Bande, Seite 252 erinnert wurde, aus zwei Druckwerken besteht, deren jedes mit vier Stiefeln versehen ist. Hievon wurden im Jahre 1832 neun öffentliche Röhrkästen, 7 öffentliche Gebäude und 47 Privathäuser mit Wasser versehen; dieses Wasserwerk hatte demnach im Ganzen 63 Ableitungen. Die ursprüngliche Anlage dieses Druckwerkes fand vor mehr als 300 Jahren Statt, wesshalb denn in neuern Zeiten viele Klagen über Wassermangel eintra- ten, indem die Maschinen häufig still standen. Die alten Druckwerke hatten nach gewöhnlicher Art hergestellte Stempel oder Kol- ben mit 5 bis 6 fach übereinander gelegten Scheiben von Pfundleder; diese Scheiben zogen sich in kurzer Zeit zusammen, liessen Wasser durch, und mussten alle 8 bis 9 Wochen mit neuen Scheiben aus Pfundleder ersetzt werden. Der Rand dieser neu zugelegten Schei- ben wurde immer über die alten Scheiben umgebogen, um einen wasserdichten Schluss zu bewirken, wodurch jedoch im Anfange des Gebrauches immer eine bedeutende Rei- bung entstand. Von den 8 Wasserdruckwerken in Prag ist jedes mit 4 Kolben versehen es mussten daher die 32 Kolben alle 8 bis 9 Wochen neu geliedert werden, welches nebst der Unterbrechung des Ganges der Maschinen allerdings bedeutende Auslagen verur- sachte, da eine Lederscheibe mit beiläufig 1 fl. C. M. bezahlt wurde. Der wesentlichste Nachtheil der alten Maschinen lag aber darin, dass die messinge- nen Stiefel oder Kropfzylinder nach und nach in der Mitte mehr als an beiden Enden ausgeschliffen wurden, wodurch eine bedeutende Quantität Wasser neben den Kolben entging. Zur Beseitigung dieses Uebelstandes mussten die Kropfzylinder alle 6 bis 7 Jahre neu gebohrt werden, welches für eine ganze Maschine 5 bis 6 Tage erforderte, innerhalb welcher die Leitung des Wassers unterbrochen blieb. Bei mehrmaliger Wiederholung die- ser Nachbohrung wurden die messingenen Kropfzylinder immer schwächer, und zerplatzten endlich bei ihrem Betriebe, worauf sie neu angeschafft werden mussten. Ueberdiess waren auch mehrere Bestandtheile der Maschine für ihre fortwährende Bewegung nicht hinrei- chend dauerhaft.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/334
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/334>, abgerufen am 22.12.2024.