dürfte jedoch kaum zu bezweifeln seyn, in welchem Falle dann auch das Mariotte'sche Gesetz aufhört, so wie die Körper tropfbar flüssig werden.
§. 65.
Die Luft hat nebst den bisher angeführten Eigenschaften ihrer Schwere und Zusam- mendrückbarkeit, noch eine dritte Eigenschaft im vorzüglichen Grade; sie dehnt sich nämlich durch die Wärme aus, und zieht sich in der Kälte zu- sammen. Man überzeugt sich von dieser Eigenschaft, wenn man eine nicht ganz mit Luft gefüllte Blase über glühende Kohlen hält; dieselbe nimmt in diesem Falle an ihrem Volumen immer mehr und mehr zu, und zerspringt, wenn die Hitze noch mehr erhöht wird. Um diese Ausdehnung der Luft durch die Wärme, und Zusammenziehung durch die Kälte deutlicher beurtheilen und zugleich messen zu können, bedient man sich aber- mals einer krummgebogenen Röhre, in welche so viel Quecksilber gegossen wird, bis es Fig. 5. Tab. 43.im eiskalten Wasser in beiden Schenkeln gleich hoch, nämlich in der Linie N O steht. Die Luft, welche in dem Raume A O enthalten ist, ist daher genau so stark als die äussere atmosphärische gedrückt, und es muss auch die in A O befindliche Luft die Tempe- ratur des gefrierenden Wassers haben. Bringt man nun die Röhre in siedendes Wasser, so dehnt sich die Luft aus dem Raume A O in jenen A M aus, wobei jedoch so viel Quecksilber aus dem andern Schenkel heraus genommen werden muss, bis es in P und M gleich hoch steht, demnach die in A M befindliche Luft wieder eben so stark, als die äussere atmosphärische gedrückt ist. Da das Herausnehmen des Quecksilbers be- schwerlich ist, so bemerkt man gewöhnlich, um wie viel das Quecksilber in dem offenen Rohre höher als in dem geschlossenen steht, und sucht dann den Raum, welchen die Luft bei gleich hohen Quecksilbersäulen einnehmen würde, aus der Proporzion nach dem Mariotte'schen Gesetze. Bezeichnen nämlich m und R die Punkte, wo das Quecksilber stehen bleibt, so verhält sich die Barometerhöhe h (zur Zeit der Beobachtung) zu h + p R, eben so wie der Raum A m zum Raume A M, oder h : h + p R = A m : A M, wor- aus A M =
[Formel 1]
A m folgt. Der ganze Versuch lässt sich auch noch mit einer ge- nau eingetheilten sehr dünnen, horizontal liegenden Röhre machen.
Man hat auf diese Art gefunden, dass sich die atmosphärische Luft und alle andern Gasarten (wenn sie im trockenen Zustande versucht werden) von der Temperatur des gefrierenden bis zur Temperatur des siedenden Wassers um drei Achtel ihres Volu- mens ausdehnen. Wird nämlich der Raum A O = 1,000 gesetzt, und ist die Röhre von A bis M durchaus gleich dick, so findet man O M = 0,375 = 3/8 .
§. 66.
Um die Wärme zu messen, setzt man die Intensität derselben der Ausdehnung der Körper proportional. Die hierzu erforderlichen Instrumente heissen Thermometer. Sollen sie die Wärme vollkommen genau messen, so müssen sie vom absoluten Null- punkte oder der Abwesenheit aller Wärme ausgehen und die Grade ihrer Skalen die Zunahme der Wärme anzeigen. Da jedoch die Bestimmung des absoluten Nullpunktes zu grossen Schwierigkeiten unterliegt, so hat man für die Thermometer andere will-
Ausdehnung der Luft und der Gasarten.
dürfte jedoch kaum zu bezweifeln seyn, in welchem Falle dann auch das Mariotte’sche Gesetz aufhört, so wie die Körper tropfbar flüssig werden.
§. 65.
Die Luft hat nebst den bisher angeführten Eigenschaften ihrer Schwere und Zusam- mendrückbarkeit, noch eine dritte Eigenschaft im vorzüglichen Grade; sie dehnt sich nämlich durch die Wärme aus, und zieht sich in der Kälte zu- sammen. Man überzeugt sich von dieser Eigenschaft, wenn man eine nicht ganz mit Luft gefüllte Blase über glühende Kohlen hält; dieselbe nimmt in diesem Falle an ihrem Volumen immer mehr und mehr zu, und zerspringt, wenn die Hitze noch mehr erhöht wird. Um diese Ausdehnung der Luft durch die Wärme, und Zusammenziehung durch die Kälte deutlicher beurtheilen und zugleich messen zu können, bedient man sich aber- mals einer krummgebogenen Röhre, in welche so viel Quecksilber gegossen wird, bis es Fig. 5. Tab. 43.im eiskalten Wasser in beiden Schenkeln gleich hoch, nämlich in der Linie N O steht. Die Luft, welche in dem Raume A O enthalten ist, ist daher genau so stark als die äussere atmosphärische gedrückt, und es muss auch die in A O befindliche Luft die Tempe- ratur des gefrierenden Wassers haben. Bringt man nun die Röhre in siedendes Wasser, so dehnt sich die Luft aus dem Raume A O in jenen A M aus, wobei jedoch so viel Quecksilber aus dem andern Schenkel heraus genommen werden muss, bis es in P und M gleich hoch steht, demnach die in A M befindliche Luft wieder eben so stark, als die äussere atmosphärische gedrückt ist. Da das Herausnehmen des Quecksilbers be- schwerlich ist, so bemerkt man gewöhnlich, um wie viel das Quecksilber in dem offenen Rohre höher als in dem geschlossenen steht, und sucht dann den Raum, welchen die Luft bei gleich hohen Quecksilbersäulen einnehmen würde, aus der Proporzion nach dem Mariotte’schen Gesetze. Bezeichnen nämlich m und R die Punkte, wo das Quecksilber stehen bleibt, so verhält sich die Barometerhöhe h (zur Zeit der Beobachtung) zu h + p R, eben so wie der Raum A m zum Raume A M, oder h : h + p R = A m : A M, wor- aus A M =
[Formel 1]
A m folgt. Der ganze Versuch lässt sich auch noch mit einer ge- nau eingetheilten sehr dünnen, horizontal liegenden Röhre machen.
Man hat auf diese Art gefunden, dass sich die atmosphärische Luft und alle andern Gasarten (wenn sie im trockenen Zustande versucht werden) von der Temperatur des gefrierenden bis zur Temperatur des siedenden Wassers um drei Achtel ihres Volu- mens ausdehnen. Wird nämlich der Raum A O = 1,000 gesetzt, und ist die Röhre von A bis M durchaus gleich dick, so findet man O M = 0,375 = ⅜.
§. 66.
Um die Wärme zu messen, setzt man die Intensität derselben der Ausdehnung der Körper proportional. Die hierzu erforderlichen Instrumente heissen Thermometer. Sollen sie die Wärme vollkommen genau messen, so müssen sie vom absoluten Null- punkte oder der Abwesenheit aller Wärme ausgehen und die Grade ihrer Skalen die Zunahme der Wärme anzeigen. Da jedoch die Bestimmung des absoluten Nullpunktes zu grossen Schwierigkeiten unterliegt, so hat man für die Thermometer andere will-
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Ausdehnung der Luft und der Gasarten.
dürfte jedoch kaum zu bezweifeln seyn, in welchem Falle dann auch das Mariotte’sche
Gesetz aufhört, so wie die Körper tropfbar flüssig werden.
§. 65.
Die Luft hat nebst den bisher angeführten Eigenschaften ihrer Schwere und Zusam-
mendrückbarkeit, noch eine dritte Eigenschaft im vorzüglichen Grade; sie dehnt
sich nämlich durch die Wärme aus, und zieht sich in der Kälte zu-
sammen. Man überzeugt sich von dieser Eigenschaft, wenn man eine nicht ganz mit
Luft gefüllte Blase über glühende Kohlen hält; dieselbe nimmt in diesem Falle an ihrem
Volumen immer mehr und mehr zu, und zerspringt, wenn die Hitze noch mehr erhöht
wird. Um diese Ausdehnung der Luft durch die Wärme, und Zusammenziehung durch
die Kälte deutlicher beurtheilen und zugleich messen zu können, bedient man sich aber-
mals einer krummgebogenen Röhre, in welche so viel Quecksilber gegossen wird, bis es
im eiskalten Wasser in beiden Schenkeln gleich hoch, nämlich in der Linie N O steht.
Die Luft, welche in dem Raume A O enthalten ist, ist daher genau so stark als die
äussere atmosphärische gedrückt, und es muss auch die in A O befindliche Luft die Tempe-
ratur des gefrierenden Wassers haben. Bringt man nun die Röhre in siedendes Wasser,
so dehnt sich die Luft aus dem Raume A O in jenen A M aus, wobei jedoch so viel
Quecksilber aus dem andern Schenkel heraus genommen werden muss, bis es in P und M
gleich hoch steht, demnach die in A M befindliche Luft wieder eben so stark, als
die äussere atmosphärische gedrückt ist. Da das Herausnehmen des Quecksilbers be-
schwerlich ist, so bemerkt man gewöhnlich, um wie viel das Quecksilber in dem offenen
Rohre höher als in dem geschlossenen steht, und sucht dann den Raum, welchen die
Luft bei gleich hohen Quecksilbersäulen einnehmen würde, aus der Proporzion nach dem
Mariotte’schen Gesetze. Bezeichnen nämlich m und R die Punkte, wo das Quecksilber
stehen bleibt, so verhält sich die Barometerhöhe h (zur Zeit der Beobachtung) zu
h + p R, eben so wie der Raum A m zum Raume A M, oder h : h + p R = A m : A M, wor-
aus A M = [FORMEL] A m folgt. Der ganze Versuch lässt sich auch noch mit einer ge-
nau eingetheilten sehr dünnen, horizontal liegenden Röhre machen.
Fig.
5.
Tab.
43.
Man hat auf diese Art gefunden, dass sich die atmosphärische Luft und alle andern
Gasarten (wenn sie im trockenen Zustande versucht werden) von der Temperatur des
gefrierenden bis zur Temperatur des siedenden Wassers um drei Achtel ihres Volu-
mens ausdehnen. Wird nämlich der Raum A O = 1,000 gesetzt, und ist die Röhre von
A bis M durchaus gleich dick, so findet man O M = 0,375 = ⅜.
§. 66.
Um die Wärme zu messen, setzt man die Intensität derselben der Ausdehnung der
Körper proportional. Die hierzu erforderlichen Instrumente heissen Thermometer.
Sollen sie die Wärme vollkommen genau messen, so müssen sie vom absoluten Null-
punkte oder der Abwesenheit aller Wärme ausgehen und die Grade ihrer Skalen die
Zunahme der Wärme anzeigen. Da jedoch die Bestimmung des absoluten Nullpunktes
zu grossen Schwierigkeiten unterliegt, so hat man für die Thermometer andere will-
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/96>, abgerufen am 18.11.2024.
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