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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Beleuchtung der Vortheile der Kanalschiffahrt.
und der Hoffnung glücklicherer Zeiten vorbehalten werden mussten. Wir glauben daher
der Erörterung dieser Frage noch eine Aufmerksamkeit widmen zu können.

Die Hauptvortheile der Wasserfracht beruhen auf der leichten Beweglichkeit
der Theile des Wassers, auf der horizontalen Ebene seiner Oberfläche, und dann
auf der Leichtigkeit, mit welcher Schiffe in Schleussen ohne Anwendung einer be-
sondern Zugkraft vom Wasser selbst gehoben und über Berge hinweggeführt werden.

Uiber die Beweglichkeit der Wassertheile ist zu bemerken, dass dieselbe
im Winter gänzlich verloren gehe, wodurch die Schiffahrt in den nördlichen Ländern
jährlich durch einige Monate unterbrochen wird. Dasselbe geschieht zuweilen auch bei
trockenen Sommern, wo die Kanäle an Wasser Mangel leiden. Wir haben gesehen, dass
zu diesem Behufe bei mehreren Kanälen in England Dampfmaschinen aufgestellt werden
mussten, um das Wasser aus den niedrigern Kanalstrecken in die höhern, wo kein hin-
reichender Zufluss Statt findet und die Ausdünstung zu viel beträgt, zu heben. Im Ge-
gentheile kann auf einer Eisenbahn oder Landstrasse zu jeder Jahreszeit, im Sommer und
Winter gefahren werden, und selbst die Vornahme der Reparaturen hält die Fahrt nicht
auf, weil den beschädigten Stellen leicht ausgewichen werden kann, während bei jeder
grossen Reparatur an einem Kanale die betreffende Strecke abgelassen und die ganze
Fracht auf dem Kanale eingestellt werden muss. Die Landfracht besitzt daher in dieser
Hinsicht schon einige wesentliche Vortheile vor der Wasserfracht.

Die Beweglichkeit der Wassertheile ist bei hinlänglicher Wärme zwar sehr gross,
aber doch nicht von der Art, dass die Schiffe ohne allen Widerstand auf dem Was-
ser bewegt werden könnten. Die Schiffe sinken nämlich in das Wasser um so tiefer
ein, je schwerer sie beladen werden, und dann ist nach Maassgabe des Raumes, den
sie im Wasser einnehmen, auch ihre Bewegung beschwerlicher. Die Wassertheile,
welche vor dem Schiffe in der Fahrtstrasse liegen, müssen auf die Seite geschafft wer-
den und dagegen muss rückwärts der vom Schiffe verlassene Raum sich wieder mit
Wasser anfüllen. Hierdurch entsteht vor dem Schiffe ein Aufstau oder eine Erhöhung
und hinter dem Schiffe eine Erniedrigung des Wassers (mou et remou), welche beide
um so grösser und sichtbarer sind, je schneller das Schiff gezogen wird. Der Wider-
stand, welcher hieraus entsteht, ist der Querschnittsfläche der Körper im Wasser und
bei mindern Geschwindigkeiten dem Quadrate der letztern proporzional, er nimmt
aber bei grössern Geschwindigkeiten, wie die Seite 480 erwähnten Versuche mit Schiffen
darthun, in einem etwas grössern Verhältnisse als dem Quadrate der Geschwindigkeit
zu. In dieser Hinsicht steht den Schiffen auf dem Wasser ein ähnliches Hinderniss
entgegen, wie den Frachtwägen auf dem Steinpflaster. Die Bewegung der Schiffe
wird also vorzüglich von ihrer Geschwindigkeit beschränkt und die nöthige Zugkraft
für die Kanalschiffe kann nicht angegeben werden, ohne zugleich auf ihren Flächen-
raum im Wasser und auf den Weg Rücksicht zu nehmen, den sie in einer bestimmten
Zeit zurücklegen.

§. 368.

Die Last, welche von einem Pferde auf einem Kanale fortgezogen werden kann,
hängt nicht bloss von der Bauart der Schiffe, sondern vorzüglich auch von der Quer-

Beleuchtung der Vortheile der Kanalschiffahrt.
und der Hoffnung glücklicherer Zeiten vorbehalten werden mussten. Wir glauben daher
der Erörterung dieser Frage noch eine Aufmerksamkeit widmen zu können.

Die Hauptvortheile der Wasserfracht beruhen auf der leichten Beweglichkeit
der Theile des Wassers, auf der horizontalen Ebene seiner Oberfläche, und dann
auf der Leichtigkeit, mit welcher Schiffe in Schleussen ohne Anwendung einer be-
sondern Zugkraft vom Wasser selbst gehoben und über Berge hinweggeführt werden.

Uiber die Beweglichkeit der Wassertheile ist zu bemerken, dass dieselbe
im Winter gänzlich verloren gehe, wodurch die Schiffahrt in den nördlichen Ländern
jährlich durch einige Monate unterbrochen wird. Dasselbe geschieht zuweilen auch bei
trockenen Sommern, wo die Kanäle an Wasser Mangel leiden. Wir haben gesehen, dass
zu diesem Behufe bei mehreren Kanälen in England Dampfmaschinen aufgestellt werden
mussten, um das Wasser aus den niedrigern Kanalstrecken in die höhern, wo kein hin-
reichender Zufluss Statt findet und die Ausdünstung zu viel beträgt, zu heben. Im Ge-
gentheile kann auf einer Eisenbahn oder Landstrasse zu jeder Jahreszeit, im Sommer und
Winter gefahren werden, und selbst die Vornahme der Reparaturen hält die Fahrt nicht
auf, weil den beschädigten Stellen leicht ausgewichen werden kann, während bei jeder
grossen Reparatur an einem Kanale die betreffende Strecke abgelassen und die ganze
Fracht auf dem Kanale eingestellt werden muss. Die Landfracht besitzt daher in dieser
Hinsicht schon einige wesentliche Vortheile vor der Wasserfracht.

Die Beweglichkeit der Wassertheile ist bei hinlänglicher Wärme zwar sehr gross,
aber doch nicht von der Art, dass die Schiffe ohne allen Widerstand auf dem Was-
ser bewegt werden könnten. Die Schiffe sinken nämlich in das Wasser um so tiefer
ein, je schwerer sie beladen werden, und dann ist nach Maassgabe des Raumes, den
sie im Wasser einnehmen, auch ihre Bewegung beschwerlicher. Die Wassertheile,
welche vor dem Schiffe in der Fahrtstrasse liegen, müssen auf die Seite geschafft wer-
den und dagegen muss rückwärts der vom Schiffe verlassene Raum sich wieder mit
Wasser anfüllen. Hierdurch entsteht vor dem Schiffe ein Aufstau oder eine Erhöhung
und hinter dem Schiffe eine Erniedrigung des Wassers (mou et remou), welche beide
um so grösser und sichtbarer sind, je schneller das Schiff gezogen wird. Der Wider-
stand, welcher hieraus entsteht, ist der Querschnittsfläche der Körper im Wasser und
bei mindern Geschwindigkeiten dem Quadrate der letztern proporzional, er nimmt
aber bei grössern Geschwindigkeiten, wie die Seite 480 erwähnten Versuche mit Schiffen
darthun, in einem etwas grössern Verhältnisse als dem Quadrate der Geschwindigkeit
zu. In dieser Hinsicht steht den Schiffen auf dem Wasser ein ähnliches Hinderniss
entgegen, wie den Frachtwägen auf dem Steinpflaster. Die Bewegung der Schiffe
wird also vorzüglich von ihrer Geschwindigkeit beschränkt und die nöthige Zugkraft
für die Kanalschiffe kann nicht angegeben werden, ohne zugleich auf ihren Flächen-
raum im Wasser und auf den Weg Rücksicht zu nehmen, den sie in einer bestimmten
Zeit zurücklegen.

§. 368.

Die Last, welche von einem Pferde auf einem Kanale fortgezogen werden kann,
hängt nicht bloss von der Bauart der Schiffe, sondern vorzüglich auch von der Quer-

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[542/0560] Beleuchtung der Vortheile der Kanalschiffahrt. und der Hoffnung glücklicherer Zeiten vorbehalten werden mussten. Wir glauben daher der Erörterung dieser Frage noch eine Aufmerksamkeit widmen zu können. Die Hauptvortheile der Wasserfracht beruhen auf der leichten Beweglichkeit der Theile des Wassers, auf der horizontalen Ebene seiner Oberfläche, und dann auf der Leichtigkeit, mit welcher Schiffe in Schleussen ohne Anwendung einer be- sondern Zugkraft vom Wasser selbst gehoben und über Berge hinweggeführt werden. Uiber die Beweglichkeit der Wassertheile ist zu bemerken, dass dieselbe im Winter gänzlich verloren gehe, wodurch die Schiffahrt in den nördlichen Ländern jährlich durch einige Monate unterbrochen wird. Dasselbe geschieht zuweilen auch bei trockenen Sommern, wo die Kanäle an Wasser Mangel leiden. Wir haben gesehen, dass zu diesem Behufe bei mehreren Kanälen in England Dampfmaschinen aufgestellt werden mussten, um das Wasser aus den niedrigern Kanalstrecken in die höhern, wo kein hin- reichender Zufluss Statt findet und die Ausdünstung zu viel beträgt, zu heben. Im Ge- gentheile kann auf einer Eisenbahn oder Landstrasse zu jeder Jahreszeit, im Sommer und Winter gefahren werden, und selbst die Vornahme der Reparaturen hält die Fahrt nicht auf, weil den beschädigten Stellen leicht ausgewichen werden kann, während bei jeder grossen Reparatur an einem Kanale die betreffende Strecke abgelassen und die ganze Fracht auf dem Kanale eingestellt werden muss. Die Landfracht besitzt daher in dieser Hinsicht schon einige wesentliche Vortheile vor der Wasserfracht. Die Beweglichkeit der Wassertheile ist bei hinlänglicher Wärme zwar sehr gross, aber doch nicht von der Art, dass die Schiffe ohne allen Widerstand auf dem Was- ser bewegt werden könnten. Die Schiffe sinken nämlich in das Wasser um so tiefer ein, je schwerer sie beladen werden, und dann ist nach Maassgabe des Raumes, den sie im Wasser einnehmen, auch ihre Bewegung beschwerlicher. Die Wassertheile, welche vor dem Schiffe in der Fahrtstrasse liegen, müssen auf die Seite geschafft wer- den und dagegen muss rückwärts der vom Schiffe verlassene Raum sich wieder mit Wasser anfüllen. Hierdurch entsteht vor dem Schiffe ein Aufstau oder eine Erhöhung und hinter dem Schiffe eine Erniedrigung des Wassers (mou et remou), welche beide um so grösser und sichtbarer sind, je schneller das Schiff gezogen wird. Der Wider- stand, welcher hieraus entsteht, ist der Querschnittsfläche der Körper im Wasser und bei mindern Geschwindigkeiten dem Quadrate der letztern proporzional, er nimmt aber bei grössern Geschwindigkeiten, wie die Seite 480 erwähnten Versuche mit Schiffen darthun, in einem etwas grössern Verhältnisse als dem Quadrate der Geschwindigkeit zu. In dieser Hinsicht steht den Schiffen auf dem Wasser ein ähnliches Hinderniss entgegen, wie den Frachtwägen auf dem Steinpflaster. Die Bewegung der Schiffe wird also vorzüglich von ihrer Geschwindigkeit beschränkt und die nöthige Zugkraft für die Kanalschiffe kann nicht angegeben werden, ohne zugleich auf ihren Flächen- raum im Wasser und auf den Weg Rücksicht zu nehmen, den sie in einer bestimmten Zeit zurücklegen. §. 368. Die Last, welche von einem Pferde auf einem Kanale fortgezogen werden kann, hängt nicht bloss von der Bauart der Schiffe, sondern vorzüglich auch von der Quer-

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/560>, abgerufen am 18.11.2024.