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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Erklärung der Getreidemühlen.
jedoch die Müller nur beiläufig und zwar so anzunehmen, dass bei dem ersten Rade das-
selbe etwas kleiner, bei dem zweiten grössern Rade des Vorgeleges aber etwas grösser
ausfällt. In unserm Falle könnte man statt 24,75 die nächste Zahl 24 annehmen und diese
nun in die 2 Faktoren 4 und 6 zerlegen. Das Verhältniss des Stirnrades zum ersten Dreh-
ling wäre nun = 4 : 1 und das Verhältniss des Kammrades zum Getriebe = 6 : 1 anzu-
nehmen. Man könnte demnach dem Stirnrade 60 Kämme und dem Getriebe 15 Stö-
cke, dem Kammrade aber 48 Kämme und dem Drehling 8 Stöcke geben, wodurch die
verlangte Geschwindigkeit so wie durch eine jede andere Zerlegung des Werthes von
n in die gehörigen Faktoren bewirkt wird.

§. 277.

Nachdem wir in den vorigen §. §. die Grundsätze der Benützung des Wassers
bei der Bewegung unterschlächtiger Mahlmühlen abgehandelt haben, übergehen wir
nunmehr zu einer vorzüglichen praktischen Anwendung des bisher vorgetragenen, näm-
lich zur Detailbeschreibung der Getreide-Mahlmühlen. Der Zweck dieser Müh-
len ist das Zermahlen oder Zerreiben des Getreides und das Sieben des-
selben, d. h. das Absondern des Mehles von den Kleien und Hülsen der Getreide-
körner. In den ältesten Zeiten wurden diese Körner in Mörsern gestampft und dann
ausgesiebt, welches beides durch Taglöhner, bei den Römern vor Erfindung der Ge-
treidemühlen durch Sklaven bewirkt wurde. Bei den gegenwärtig gebräuchlichen Müh-
len wird das Zerreiben durch zwei Steine, das Sieben aber durch das soge-
nannte Beutelzeug bewirkt.

Die zwei Steine, welche das Getreide zerreiben, sind flache, auf einanderliegende Zy-
linder von ungleicher Härte, wovon der untere der Bodenstein, der obere aber der
Läufer heisst. Beide Steine sind an den zwei Flächen, zwischen welchen das Getreide
zerrieben wird, mit kleinen Furchen eingehauen. Der Bodenstein sitzt in dem Mühlgebäu-
de fest auf und bewegt sich nicht, der Läufer aber wird durch eine eiserne Achse oder Spin-
del von unten aus bewegt, damit die obere Oeffnung desselben zum Einschütten des Ge-
treides frei bleibt. Da der Läufer auf dem Bodensteine nicht gerade aufsitzt, sondern
in einer bestimmten, der Zerreibung des Getreides angemessenen Höhe über demselben
erhalten wird, so sieht man leicht, dass das hineingefallene Getreide zwischen den Stei-
nen zermahlen oder zerrieben, durch die Form der eingehauenen Furchen und durch
die Schwungkraft auf die Seite getrieben werde und am Rande der Steine heraus komme.
Damit nun das zerriebene Getreide nicht auf allen Seiten entweiche, wird eine hölzerne
Butte, die bloss auf einer Seite ein Mehlloch hat, über die Steine gestürzt und das ge-
mahlene Getreide auf diese Weise bloss durch die eine Oeffnung abgeführt. Da der Zweck
der ersten Operazion des Mahlens vorzüglich in dem Zerreissen und Zerschroten der
Körner besteht, so enthält das hierbei gewonnene erste Produkt gewöhnlich nur einen
kleinen Theil Mehl, welches durch Sieben davon abgesondert werden muss. Zu diesem
Ende wird ein Sack von einem eigends hierzu bereiteten Gewebe oder Zeug, Beutel-
tuch
genannt, an das Mehlloch befestigt; dieser Sack hat eine schiefe Lage gegen
seine untere Offnung und der Grad der Feinheit des Zeuges, woraus er verfertigt ist,
bestimmt auch die Feinheit des Mehles, welches durch denselben durchfallen soll. Zur

Erklärung der Getreidemühlen.
jedoch die Müller nur beiläufig und zwar so anzunehmen, dass bei dem ersten Rade das-
selbe etwas kleiner, bei dem zweiten grössern Rade des Vorgeleges aber etwas grösser
ausfällt. In unserm Falle könnte man statt 24,75 die nächste Zahl 24 annehmen und diese
nun in die 2 Faktoren 4 und 6 zerlegen. Das Verhältniss des Stirnrades zum ersten Dreh-
ling wäre nun = 4 : 1 und das Verhältniss des Kammrades zum Getriebe = 6 : 1 anzu-
nehmen. Man könnte demnach dem Stirnrade 60 Kämme und dem Getriebe 15 Stö-
cke, dem Kammrade aber 48 Kämme und dem Drehling 8 Stöcke geben, wodurch die
verlangte Geschwindigkeit so wie durch eine jede andere Zerlegung des Werthes von
n in die gehörigen Faktoren bewirkt wird.

§. 277.

Nachdem wir in den vorigen §. §. die Grundsätze der Benützung des Wassers
bei der Bewegung unterschlächtiger Mahlmühlen abgehandelt haben, übergehen wir
nunmehr zu einer vorzüglichen praktischen Anwendung des bisher vorgetragenen, näm-
lich zur Detailbeschreibung der Getreide-Mahlmühlen. Der Zweck dieser Müh-
len ist das Zermahlen oder Zerreiben des Getreides und das Sieben des-
selben, d. h. das Absondern des Mehles von den Kleien und Hülsen der Getreide-
körner. In den ältesten Zeiten wurden diese Körner in Mörsern gestampft und dann
ausgesiebt, welches beides durch Taglöhner, bei den Römern vor Erfindung der Ge-
treidemühlen durch Sklaven bewirkt wurde. Bei den gegenwärtig gebräuchlichen Müh-
len wird das Zerreiben durch zwei Steine, das Sieben aber durch das soge-
nannte Beutelzeug bewirkt.

Die zwei Steine, welche das Getreide zerreiben, sind flache, auf einanderliegende Zy-
linder von ungleicher Härte, wovon der untere der Bodenstein, der obere aber der
Läufer heisst. Beide Steine sind an den zwei Flächen, zwischen welchen das Getreide
zerrieben wird, mit kleinen Furchen eingehauen. Der Bodenstein sitzt in dem Mühlgebäu-
de fest auf und bewegt sich nicht, der Läufer aber wird durch eine eiserne Achse oder Spin-
del von unten aus bewegt, damit die obere Oeffnung desselben zum Einschütten des Ge-
treides frei bleibt. Da der Läufer auf dem Bodensteine nicht gerade aufsitzt, sondern
in einer bestimmten, der Zerreibung des Getreides angemessenen Höhe über demselben
erhalten wird, so sieht man leicht, dass das hineingefallene Getreide zwischen den Stei-
nen zermahlen oder zerrieben, durch die Form der eingehauenen Furchen und durch
die Schwungkraft auf die Seite getrieben werde und am Rande der Steine heraus komme.
Damit nun das zerriebene Getreide nicht auf allen Seiten entweiche, wird eine hölzerne
Butte, die bloss auf einer Seite ein Mehlloch hat, über die Steine gestürzt und das ge-
mahlene Getreide auf diese Weise bloss durch die eine Oeffnung abgeführt. Da der Zweck
der ersten Operazion des Mahlens vorzüglich in dem Zerreissen und Zerschroten der
Körner besteht, so enthält das hierbei gewonnene erste Produkt gewöhnlich nur einen
kleinen Theil Mehl, welches durch Sieben davon abgesondert werden muss. Zu diesem
Ende wird ein Sack von einem eigends hierzu bereiteten Gewebe oder Zeug, Beutel-
tuch
genannt, an das Mehlloch befestigt; dieser Sack hat eine schiefe Lage gegen
seine untere Offnung und der Grad der Feinheit des Zeuges, woraus er verfertigt ist,
bestimmt auch die Feinheit des Mehles, welches durch denselben durchfallen soll. Zur

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[374/0392] Erklärung der Getreidemühlen. jedoch die Müller nur beiläufig und zwar so anzunehmen, dass bei dem ersten Rade das- selbe etwas kleiner, bei dem zweiten grössern Rade des Vorgeleges aber etwas grösser ausfällt. In unserm Falle könnte man statt 24,75 die nächste Zahl 24 annehmen und diese nun in die 2 Faktoren 4 und 6 zerlegen. Das Verhältniss des Stirnrades zum ersten Dreh- ling wäre nun = 4 : 1 und das Verhältniss des Kammrades zum Getriebe = 6 : 1 anzu- nehmen. Man könnte demnach dem Stirnrade 60 Kämme und dem Getriebe 15 Stö- cke, dem Kammrade aber 48 Kämme und dem Drehling 8 Stöcke geben, wodurch die verlangte Geschwindigkeit so wie durch eine jede andere Zerlegung des Werthes von n in die gehörigen Faktoren bewirkt wird. §. 277. Nachdem wir in den vorigen §. §. die Grundsätze der Benützung des Wassers bei der Bewegung unterschlächtiger Mahlmühlen abgehandelt haben, übergehen wir nunmehr zu einer vorzüglichen praktischen Anwendung des bisher vorgetragenen, näm- lich zur Detailbeschreibung der Getreide-Mahlmühlen. Der Zweck dieser Müh- len ist das Zermahlen oder Zerreiben des Getreides und das Sieben des- selben, d. h. das Absondern des Mehles von den Kleien und Hülsen der Getreide- körner. In den ältesten Zeiten wurden diese Körner in Mörsern gestampft und dann ausgesiebt, welches beides durch Taglöhner, bei den Römern vor Erfindung der Ge- treidemühlen durch Sklaven bewirkt wurde. Bei den gegenwärtig gebräuchlichen Müh- len wird das Zerreiben durch zwei Steine, das Sieben aber durch das soge- nannte Beutelzeug bewirkt. Die zwei Steine, welche das Getreide zerreiben, sind flache, auf einanderliegende Zy- linder von ungleicher Härte, wovon der untere der Bodenstein, der obere aber der Läufer heisst. Beide Steine sind an den zwei Flächen, zwischen welchen das Getreide zerrieben wird, mit kleinen Furchen eingehauen. Der Bodenstein sitzt in dem Mühlgebäu- de fest auf und bewegt sich nicht, der Läufer aber wird durch eine eiserne Achse oder Spin- del von unten aus bewegt, damit die obere Oeffnung desselben zum Einschütten des Ge- treides frei bleibt. Da der Läufer auf dem Bodensteine nicht gerade aufsitzt, sondern in einer bestimmten, der Zerreibung des Getreides angemessenen Höhe über demselben erhalten wird, so sieht man leicht, dass das hineingefallene Getreide zwischen den Stei- nen zermahlen oder zerrieben, durch die Form der eingehauenen Furchen und durch die Schwungkraft auf die Seite getrieben werde und am Rande der Steine heraus komme. Damit nun das zerriebene Getreide nicht auf allen Seiten entweiche, wird eine hölzerne Butte, die bloss auf einer Seite ein Mehlloch hat, über die Steine gestürzt und das ge- mahlene Getreide auf diese Weise bloss durch die eine Oeffnung abgeführt. Da der Zweck der ersten Operazion des Mahlens vorzüglich in dem Zerreissen und Zerschroten der Körner besteht, so enthält das hierbei gewonnene erste Produkt gewöhnlich nur einen kleinen Theil Mehl, welches durch Sieben davon abgesondert werden muss. Zu diesem Ende wird ein Sack von einem eigends hierzu bereiteten Gewebe oder Zeug, Beutel- tuch genannt, an das Mehlloch befestigt; dieser Sack hat eine schiefe Lage gegen seine untere Offnung und der Grad der Feinheit des Zeuges, woraus er verfertigt ist, bestimmt auch die Feinheit des Mehles, welches durch denselben durchfallen soll. Zur

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 374. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/392>, abgerufen am 18.11.2024.