des vortheilhaftesten Wasserstosses bei weitem nicht so viel entfernt ist, als Belidor nach der Theorie des Parent glaubte. H. Wiebeking sagt über diesen Gegenstand in seinen Beiträgen zum praktischen Wasserbau und zur Maschinenlehre, Düsseldorf 1792, Seite 190: "Ueber das Verhältniss der Geschwindigkeit des Wasserrades zur Geschwin- "digkeit des Wassers im Gerinne habe ich viele und wiederholte Beobachtungen an- "gestellt und bei zehn Wasserrädern eine Mittelzahl gefunden; nach derselben ver- "hält sich v : c = 1/2 : 1. Jene Mühlen, über welche ich Beobachtungen anstellte, "waren ziemlich vortheilhaft eingerichtet" u. s. w. Aehnliche Erfahrungen sind auch in mehreren andern mechanischen Schriften angeführt.
§. 266.
Zur bessern Aufklärung dieses Gegenstandes wollen wir in der Gleichung für die Kraft, womit das im Schussgerinne aufgehaltene Wasser an die Schaufeln drückt, K = 56,4 M
[Formel 1]
den Werth v = 1/2 c an der Stelle von v und M = a . b . c = f . c setzen. Demnach erhalten wir K = 56,4 f ·
[Formel 2]
= 56,4 f . h, wo nämlich f die Quer- schnittsfläche des durch die Oeffnung unter der Schütze ausfliessenden Wassers und h die Druckhöhe, von welcher das Wasser durch diese Oeffnung herausgetrieben wird, bezeichnet. Da wir nun in der Hydrostatik gesehen haben, dass der Druck ge- gen eine Schütze, von welcher diese Oeffnung geschlossen wird, eben so gross als 56,4 f . h ist, so folgt auch, dass das Wasser gegen die Schaufeln genau denselben Druck ausübt, den die Schütze, welche diesen Druck abschliessen soll, auszuhalten hat.
Wenn wir nun das mechanische Bewegungsmoment suchen, womit das Wasser im Schussgerinne fortfliesst und zu diesem Behufe die Kraft K = 56,4 f . h mit der Ge- schwindigkeit c multipliziren, so erhalten wir dieses Moment = 56,4 f . h . c = 56,4 M . h. Wir wissen aber aus der vorhergehenden Theorie, dass für den Fall der grössten Wir- kung dieselbe Kraft K = 56,4 f . h nur mit
[Formel 3]
multiplizirt werden muss, was nun das mechanische Bewegungsmoment = 56,4 f . h ·
[Formel 4]
= 56,4 M ·
[Formel 5]
gibt. Hieraus erhellet, dass bei dem vortheilhaftesten Wasserstosse im Schussgerinne das mechanische Be- wegungsmoment des Wassers 56,4 M . h eigentlich in zwei Theile zer- legt und die eine Hälfte dem Rade zugewendet, die andere Hälfte dem abfliessenden Wasser gelassen wird. Es ist demnach nur einem Miss- verstande zuzuschreiben, wenn einige Schriftsteller behauptet haben, dass bei dem vortheilhaftesten Stosse des Wassers an die Schaufeln unterschlächtiger Räder die Hälfte von der Kraft des Wassers verloren gehe.
Auch sieht man aus dieser Darstellung, dass für den Fall, wenn die Räder mit einer grössern als der halben Geschwindigkeit des Wassers herumgehen, der Stoss an die Schaufeln derselben nur = 56,4 f . c
[Formel 6]
ist. Für den Fall also, wenn dem Wasser die ganze Geschwindigkeit c gelassen wird, oder v = c wäre, ist dieser Aus- druck = 0, folglich gar kein Druck an die Schaufeln vorhanden, und es kann auch keine
Grösstes Bewegungsmoment eines Wasserrades.
des vortheilhaftesten Wasserstosses bei weitem nicht so viel entfernt ist, als Belidor nach der Theorie des Parent glaubte. H. Wiebeking sagt über diesen Gegenstand in seinen Beiträgen zum praktischen Wasserbau und zur Maschinenlehre, Düsseldorf 1792, Seite 190: „Ueber das Verhältniss der Geschwindigkeit des Wasserrades zur Geschwin- „digkeit des Wassers im Gerinne habe ich viele und wiederholte Beobachtungen an- „gestellt und bei zehn Wasserrädern eine Mittelzahl gefunden; nach derselben ver- „hält sich v : c = ½ : 1. Jene Mühlen, über welche ich Beobachtungen anstellte, „waren ziemlich vortheilhaft eingerichtet“ u. s. w. Aehnliche Erfahrungen sind auch in mehreren andern mechanischen Schriften angeführt.
§. 266.
Zur bessern Aufklärung dieses Gegenstandes wollen wir in der Gleichung für die Kraft, womit das im Schussgerinne aufgehaltene Wasser an die Schaufeln drückt, K = 56,4 M
[Formel 1]
den Werth v = ½ c an der Stelle von v und M = a . b . c = f . c setzen. Demnach erhalten wir K = 56,4 f ·
[Formel 2]
= 56,4 f . h, wo nämlich f die Quer- schnittsfläche des durch die Oeffnung unter der Schütze ausfliessenden Wassers und h die Druckhöhe, von welcher das Wasser durch diese Oeffnung herausgetrieben wird, bezeichnet. Da wir nun in der Hydrostatik gesehen haben, dass der Druck ge- gen eine Schütze, von welcher diese Oeffnung geschlossen wird, eben so gross als 56,4 f . h ist, so folgt auch, dass das Wasser gegen die Schaufeln genau denselben Druck ausübt, den die Schütze, welche diesen Druck abschliessen soll, auszuhalten hat.
Wenn wir nun das mechanische Bewegungsmoment suchen, womit das Wasser im Schussgerinne fortfliesst und zu diesem Behufe die Kraft K = 56,4 f . h mit der Ge- schwindigkeit c multipliziren, so erhalten wir dieses Moment = 56,4 f . h . c = 56,4 M . h. Wir wissen aber aus der vorhergehenden Theorie, dass für den Fall der grössten Wir- kung dieselbe Kraft K = 56,4 f . h nur mit
[Formel 3]
multiplizirt werden muss, was nun das mechanische Bewegungsmoment = 56,4 f . h ·
[Formel 4]
= 56,4 M ·
[Formel 5]
gibt. Hieraus erhellet, dass bei dem vortheilhaftesten Wasserstosse im Schussgerinne das mechanische Be- wegungsmoment des Wassers 56,4 M . h eigentlich in zwei Theile zer- legt und die eine Hälfte dem Rade zugewendet, die andere Hälfte dem abfliessenden Wasser gelassen wird. Es ist demnach nur einem Miss- verstande zuzuschreiben, wenn einige Schriftsteller behauptet haben, dass bei dem vortheilhaftesten Stosse des Wassers an die Schaufeln unterschlächtiger Räder die Hälfte von der Kraft des Wassers verloren gehe.
Auch sieht man aus dieser Darstellung, dass für den Fall, wenn die Räder mit einer grössern als der halben Geschwindigkeit des Wassers herumgehen, der Stoss an die Schaufeln derselben nur = 56,4 f . c
[Formel 6]
ist. Für den Fall also, wenn dem Wasser die ganze Geschwindigkeit c gelassen wird, oder v = c wäre, ist dieser Aus- druck = 0, folglich gar kein Druck an die Schaufeln vorhanden, und es kann auch keine
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Grösstes Bewegungsmoment eines Wasserrades.
des vortheilhaftesten Wasserstosses bei weitem nicht so viel entfernt ist, als Belidor
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seinen Beiträgen zum praktischen Wasserbau und zur Maschinenlehre, Düsseldorf 1792,
Seite 190: „Ueber das Verhältniss der Geschwindigkeit des Wasserrades zur Geschwin-
„digkeit des Wassers im Gerinne habe ich viele und wiederholte Beobachtungen an-
„gestellt und bei zehn Wasserrädern eine Mittelzahl gefunden; nach derselben ver-
„hält sich v : c = ½ : 1. Jene Mühlen, über welche ich Beobachtungen anstellte,
„waren ziemlich vortheilhaft eingerichtet“ u. s. w. Aehnliche Erfahrungen sind auch
in mehreren andern mechanischen Schriften angeführt.
§. 266.
Zur bessern Aufklärung dieses Gegenstandes wollen wir in der Gleichung für die
Kraft, womit das im Schussgerinne aufgehaltene Wasser an die Schaufeln drückt,
K = 56,4 M [FORMEL] den Werth v = ½ c an der Stelle von v und M = a . b . c = f . c
setzen. Demnach erhalten wir K = 56,4 f · [FORMEL] = 56,4 f . h, wo nämlich f die Quer-
schnittsfläche des durch die Oeffnung unter der Schütze ausfliessenden Wassers und
h die Druckhöhe, von welcher das Wasser durch diese Oeffnung herausgetrieben
wird, bezeichnet. Da wir nun in der Hydrostatik gesehen haben, dass der Druck ge-
gen eine Schütze, von welcher diese Oeffnung geschlossen wird, eben so gross als
56,4 f . h ist, so folgt auch, dass das Wasser gegen die Schaufeln genau denselben
Druck ausübt, den die Schütze, welche diesen Druck abschliessen soll, auszuhalten hat.
Wenn wir nun das mechanische Bewegungsmoment suchen, womit das Wasser im
Schussgerinne fortfliesst und zu diesem Behufe die Kraft K = 56,4 f . h mit der Ge-
schwindigkeit c multipliziren, so erhalten wir dieses Moment = 56,4 f . h . c = 56,4 M . h.
Wir wissen aber aus der vorhergehenden Theorie, dass für den Fall der grössten Wir-
kung dieselbe Kraft K = 56,4 f . h nur mit [FORMEL] multiplizirt werden muss, was nun das
mechanische Bewegungsmoment = 56,4 f . h · [FORMEL] = 56,4 M · [FORMEL] gibt. Hieraus erhellet, dass
bei dem vortheilhaftesten Wasserstosse im Schussgerinne das mechanische Be-
wegungsmoment des Wassers 56,4 M . h eigentlich in zwei Theile zer-
legt und die eine Hälfte dem Rade zugewendet, die andere Hälfte
dem abfliessenden Wasser gelassen wird. Es ist demnach nur einem Miss-
verstande zuzuschreiben, wenn einige Schriftsteller behauptet haben, dass bei dem
vortheilhaftesten Stosse des Wassers an die Schaufeln unterschlächtiger Räder die
Hälfte von der Kraft des Wassers verloren gehe.
Auch sieht man aus dieser Darstellung, dass für den Fall, wenn die Räder mit
einer grössern als der halben Geschwindigkeit des Wassers herumgehen, der Stoss an
die Schaufeln derselben nur = 56,4 f . c [FORMEL] ist. Für den Fall also, wenn dem
Wasser die ganze Geschwindigkeit c gelassen wird, oder v = c wäre, ist dieser Aus-
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/375>, abgerufen am 23.02.2025.
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