Wassers a = 4 Fuss und die Biegungswinkel, welche sich in dieser Länge vorfinden = 540 Grad, so findet man die Geschwindigkeit des Wassers in der Serpentine nach der Gleichung y =
[Formel 1]
. Hieraus ist v = 3,74 Fuss.
Wir wollen nun annehmen, dass mittelst eines geraden Durchstiches die Länge von 1000 Klaftern auf 200 Klafter reduzirt und die Cunette auf 1 Fuss Tiefe und 5 Klafter Breite ausgegraben wird, so ergibt sich für diesen Fall, wo keine Biegungen mehr bestehen, die Geschwindigkeit des Wassers in der Cunette aus der Gleichung c =
[Formel 2]
= 4,31 Fuss. Weil nun die Geschwindigkeit in der Cunette und im Flusse wenig verschieden ist, so wird bei diesem Durchstiche das Grundbette und die Ufer der Cunette nur wenig mehr als im Flusse angegriffen werden. Steigt aber das Wasser bei einem Eisgange im Flusse von 4 Fuss auf 12 Fuss Höhe, so wird das Wasser in der Cunette über dem Grundbette 9 Fuss hoch fliessen, demnach wird die Geschwin- digkeit im Flusse = 6,11 Fuss und in der Cunette = 12,94 Fuss betragen. Es wird daher das Grundbette und die Ufer der Cunette viel mehr angegriffen werden, als es im Flussbette der Fall ist. Sind hier das Grundbette und Ufer der Cunette und des ser- pentirenden Flusses von gleicher Beschaffenheit, so wird das Bette durch die grössere Geschwindigkeit vom Wasser erweitert und vertieft werden, demnach die Geschwindigkeit wegen der Vertiefung noch mehr wachsen, und es wird sehr bald dahin kommen, dass das alte Flussbette vom Wasser verlassen und das gesammte Flusswasser in das neue Flussbette der Cunette geworfen, folglich der Zweck des Durchstiches ganz erreicht seyn wird.
§. 214.
Bei den bisherigen Rechnungen haben wir zur Bestimmung des Widerstandes in Flussbetten eine mittlere Geschwindigkeit und eine mittlere Tiefe des Flusses angenommen und in dieser Hinsicht das Querprofil desselben als ein Recht- eck betrachtet. Obgleich sich diess bei grössern Flüssen, die ein sehr breites Fluss- bett besitzen, nicht wohl annehmen lässt, so kann man doch den Fluss der Länge nach in mehrere Theile oder Kanalstrecken zerlegt denken, und bei der bestehenden Beweglichkeit aller Wassertheile ohne Anstand annehmen, dass in jeder einzelnen sol- chen Abtheilung der Widerstand der Grundfläche, welche von derselben Abtheilung berührt wird, dem Quadrate der Geschwindigkeit proporzional sey, und dass sonach zur Uiberwindung dieses Widerstandes das nöthige Gefälle im geraden Verhältnisse des obigen Produktes und im umgekehrten der Querschnittsfläche stehen müsse. Mit Rücksicht auf diese Bemerkungen haben wir allgemein für jede zwischen zwei senk- rechten Flächen eingeschlossene Querschnittsfläche oder für jeden solchen Kanal die Gleichung c =
[Formel 3]
. In jeder Abtheilung ist aber
[Formel 4]
immer = der Tiefe a des Wassers, woraus die Geschwindigkeit c =
[Formel 5]
folgt.
Beispiele.
Wassers a = 4 Fuss und die Biegungswinkel, welche sich in dieser Länge vorfinden = 540 Grad, so findet man die Geschwindigkeit des Wassers in der Serpentine nach der Gleichung y =
[Formel 1]
. Hieraus ist v = 3,74 Fuss.
Wir wollen nun annehmen, dass mittelst eines geraden Durchstiches die Länge von 1000 Klaftern auf 200 Klafter reduzirt und die Cunette auf 1 Fuss Tiefe und 5 Klafter Breite ausgegraben wird, so ergibt sich für diesen Fall, wo keine Biegungen mehr bestehen, die Geschwindigkeit des Wassers in der Cunette aus der Gleichung c =
[Formel 2]
= 4,31 Fuss. Weil nun die Geschwindigkeit in der Cunette und im Flusse wenig verschieden ist, so wird bei diesem Durchstiche das Grundbette und die Ufer der Cunette nur wenig mehr als im Flusse angegriffen werden. Steigt aber das Wasser bei einem Eisgange im Flusse von 4 Fuss auf 12 Fuss Höhe, so wird das Wasser in der Cunette über dem Grundbette 9 Fuss hoch fliessen, demnach wird die Geschwin- digkeit im Flusse = 6,11 Fuss und in der Cunette = 12,94 Fuss betragen. Es wird daher das Grundbette und die Ufer der Cunette viel mehr angegriffen werden, als es im Flussbette der Fall ist. Sind hier das Grundbette und Ufer der Cunette und des ser- pentirenden Flusses von gleicher Beschaffenheit, so wird das Bette durch die grössere Geschwindigkeit vom Wasser erweitert und vertieft werden, demnach die Geschwindigkeit wegen der Vertiefung noch mehr wachsen, und es wird sehr bald dahin kommen, dass das alte Flussbette vom Wasser verlassen und das gesammte Flusswasser in das neue Flussbette der Cunette geworfen, folglich der Zweck des Durchstiches ganz erreicht seyn wird.
§. 214.
Bei den bisherigen Rechnungen haben wir zur Bestimmung des Widerstandes in Flussbetten eine mittlere Geschwindigkeit und eine mittlere Tiefe des Flusses angenommen und in dieser Hinsicht das Querprofil desselben als ein Recht- eck betrachtet. Obgleich sich diess bei grössern Flüssen, die ein sehr breites Fluss- bett besitzen, nicht wohl annehmen lässt, so kann man doch den Fluss der Länge nach in mehrere Theile oder Kanalstrecken zerlegt denken, und bei der bestehenden Beweglichkeit aller Wassertheile ohne Anstand annehmen, dass in jeder einzelnen sol- chen Abtheilung der Widerstand der Grundfläche, welche von derselben Abtheilung berührt wird, dem Quadrate der Geschwindigkeit proporzional sey, und dass sonach zur Uiberwindung dieses Widerstandes das nöthige Gefälle im geraden Verhältnisse des obigen Produktes und im umgekehrten der Querschnittsfläche stehen müsse. Mit Rücksicht auf diese Bemerkungen haben wir allgemein für jede zwischen zwei senk- rechten Flächen eingeschlossene Querschnittsfläche oder für jeden solchen Kanal die Gleichung c =
[Formel 3]
. In jeder Abtheilung ist aber
[Formel 4]
immer = der Tiefe a des Wassers, woraus die Geschwindigkeit c =
[Formel 5]
folgt.
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Beispiele.
Wassers a = 4 Fuss und die Biegungswinkel, welche sich in dieser Länge vorfinden
= 540 Grad, so findet man die Geschwindigkeit des Wassers in der Serpentine nach der
Gleichung y = [FORMEL]. Hieraus ist v = 3,74 Fuss.
Wir wollen nun annehmen, dass mittelst eines geraden Durchstiches die
Länge von 1000 Klaftern auf 200 Klafter reduzirt und die Cunette auf 1 Fuss Tiefe und
5 Klafter Breite ausgegraben wird, so ergibt sich für diesen Fall, wo keine Biegungen
mehr bestehen, die Geschwindigkeit des Wassers in der Cunette aus der Gleichung
c = [FORMEL] = 4,31 Fuss. Weil nun die Geschwindigkeit in der Cunette und
im Flusse wenig verschieden ist, so wird bei diesem Durchstiche das Grundbette und die
Ufer der Cunette nur wenig mehr als im Flusse angegriffen werden. Steigt aber das
Wasser bei einem Eisgange im Flusse von 4 Fuss auf 12 Fuss Höhe, so wird das Wasser
in der Cunette über dem Grundbette 9 Fuss hoch fliessen, demnach wird die Geschwin-
digkeit im Flusse = 6,11 Fuss und in der Cunette = 12,94 Fuss betragen. Es wird
daher das Grundbette und die Ufer der Cunette viel mehr angegriffen werden, als es im
Flussbette der Fall ist. Sind hier das Grundbette und Ufer der Cunette und des ser-
pentirenden Flusses von gleicher Beschaffenheit, so wird das Bette durch die grössere
Geschwindigkeit vom Wasser erweitert und vertieft werden, demnach die Geschwindigkeit
wegen der Vertiefung noch mehr wachsen, und es wird sehr bald dahin kommen, dass
das alte Flussbette vom Wasser verlassen und das gesammte Flusswasser in das neue
Flussbette der Cunette geworfen, folglich der Zweck des Durchstiches ganz erreicht
seyn wird.
§. 214.
Bei den bisherigen Rechnungen haben wir zur Bestimmung des Widerstandes in
Flussbetten eine mittlere Geschwindigkeit und eine mittlere Tiefe des
Flusses angenommen und in dieser Hinsicht das Querprofil desselben als ein Recht-
eck betrachtet. Obgleich sich diess bei grössern Flüssen, die ein sehr breites Fluss-
bett besitzen, nicht wohl annehmen lässt, so kann man doch den Fluss der Länge
nach in mehrere Theile oder Kanalstrecken zerlegt denken, und bei der bestehenden
Beweglichkeit aller Wassertheile ohne Anstand annehmen, dass in jeder einzelnen sol-
chen Abtheilung der Widerstand der Grundfläche, welche von derselben Abtheilung
berührt wird, dem Quadrate der Geschwindigkeit proporzional sey, und dass sonach
zur Uiberwindung dieses Widerstandes das nöthige Gefälle im geraden Verhältnisse
des obigen Produktes und im umgekehrten der Querschnittsfläche stehen müsse. Mit
Rücksicht auf diese Bemerkungen haben wir allgemein für jede zwischen zwei senk-
rechten Flächen eingeschlossene Querschnittsfläche oder für jeden solchen Kanal die
Gleichung c = [FORMEL]. In jeder Abtheilung ist aber [FORMEL] immer = der Tiefe
a des Wassers, woraus die Geschwindigkeit c = [FORMEL] folgt.
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/308>, abgerufen am 18.12.2024.
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