Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

Widerstände des Wassers in Mühlkanälen.
gewöhnlich nur den Querschnitt von einigen Quadratfussen haben und von Holz oder
Stein hergestellt oder auch in einem festen Erdreiche bloss ausgehoben werden. Da
wir später bei der Theorie der Wirkung der Räder sehen werden, dass es am vor-
theilhaftesten sey, einem solchen Kanale nur das zur Fortbewegung des Wassers un-
umgänglich nothwendige Gefälle zu geben, für das Rad selbst aber den grössten Theil
des vorhandenen Gefälles zu behalten, so werden Mühlkanäle bei einer zweckmässigen
Anlage derselben immer nur so ausgeführt, dass das Wasser darin mit gleichförmi-
ger Bewegung
fliesst. Derselbe Fall findet bei Kanälen und jenen Flusstrecken
Statt, innerhalb welcher das Wasser die angenommene Geschwindigkeit beibehält und
auch in seinem ganzen Querschnitte, wie es bei einer Röhrenleitung der Fall ist, die-
selbe Geschwindigkeit annimmt. Beide Fälle lassen sich mit der Bewegung des Wassers
in einer Röhrenleitung genau vergleichen und wir können die aus einer grossen Anzahl
Erfahrungen abgeleiteten Werthe A = [Formel 1] und B = [Formel 2] auch hier benützen. Wir ha-
ben nämlich gesehen, dass diese Werthe bei Röhren von verschiedenen Materien nicht merk-
lich verschieden sind und als gleich angenommen werden können. Demnach können diesel-
ben Bestimmungen auch bei den regulären Mühlkanälen, sie mögen von Holz oder
Stein erbaut seyn, und desgleichen bei jenen Flüssen Statt finden, die sich gleich-
förmig
fortbewegen und deren Grundbette als eben betrachtet werden kann, oder worin
sich keine grossen Steine oder Baumstöcke, welche heftige Wellen oder Schwälle verursachen
oder ähnliche Hindernisse vorfinden. Wenn man aber, wie es häufig bei Bächen und auch
bei Flüssen Statt findet, aus dem Geräusche des fliessenden Wassers deutlich erkennen kann,
dass der Widerstand grösser als in Röhrenleitungen ist, so unterliegt dieser Fall keiner
genauen Rechnung und man kann für denselben nur einen beiläufigen Anschlag machen.

Nehmen wir demnach einen Kanal oder eine Flusstrecke mit regulärem Grundbette,
in welchem die Geschwindigkeit des Wassers durchaus gleich bleibt,
demnach das ganze Gefälle von dem Widerstande, welchen das Wasser bei seiner Bewe-
gung auf dem Grundbette findet, erschöpft wird, und setzen wir ferner, diese Ka-
nalstrecke habe keine bedeutenden Brechungswinkel oder der Widerstand, welcher
hieraus entsteht, könne vernachlässigt werden, so haben wir für diesen Fall die Glei-
chung [Formel 3] .

Hinsichtlich der Bestimmung des Durchmessers d ist zu bemerken, dass 1/4 d bei
kreisförmigen Röhren gefunden wird, wenn ihre Querschnittsfläche f = [Formel 4] durch die
Peripherie p = p . d dividirt wird. Bei Flüssen und auch bei Kanälen ist häufig die
Breite derselben sehr gross, die Tiefe aber so unbedeutend, dass der Umfang p der
Querschnittsfläche, der Breite b des Flusses gleich gesetzt werden kann. Bezeichnen wir
nun noch die mittlere Tiefe des Wassers mit a und daher die Querschnittsfläche mit a . b,
so ist [Formel 5] und [Formel 6] , also d = 4 a und demnach der Koeffizient
B = [Formel 7] . Führen wir inzwischen den letzten Werth in die aufge-

Widerstände des Wassers in Mühlkanälen.
gewöhnlich nur den Querschnitt von einigen Quadratfussen haben und von Holz oder
Stein hergestellt oder auch in einem festen Erdreiche bloss ausgehoben werden. Da
wir später bei der Theorie der Wirkung der Räder sehen werden, dass es am vor-
theilhaftesten sey, einem solchen Kanale nur das zur Fortbewegung des Wassers un-
umgänglich nothwendige Gefälle zu geben, für das Rad selbst aber den grössten Theil
des vorhandenen Gefälles zu behalten, so werden Mühlkanäle bei einer zweckmässigen
Anlage derselben immer nur so ausgeführt, dass das Wasser darin mit gleichförmi-
ger Bewegung
fliesst. Derselbe Fall findet bei Kanälen und jenen Flusstrecken
Statt, innerhalb welcher das Wasser die angenommene Geschwindigkeit beibehält und
auch in seinem ganzen Querschnitte, wie es bei einer Röhrenleitung der Fall ist, die-
selbe Geschwindigkeit annimmt. Beide Fälle lassen sich mit der Bewegung des Wassers
in einer Röhrenleitung genau vergleichen und wir können die aus einer grossen Anzahl
Erfahrungen abgeleiteten Werthe A = [Formel 1] und B = [Formel 2] auch hier benützen. Wir ha-
ben nämlich gesehen, dass diese Werthe bei Röhren von verschiedenen Materien nicht merk-
lich verschieden sind und als gleich angenommen werden können. Demnach können diesel-
ben Bestimmungen auch bei den regulären Mühlkanälen, sie mögen von Holz oder
Stein erbaut seyn, und desgleichen bei jenen Flüssen Statt finden, die sich gleich-
förmig
fortbewegen und deren Grundbette als eben betrachtet werden kann, oder worin
sich keine grossen Steine oder Baumstöcke, welche heftige Wellen oder Schwälle verursachen
oder ähnliche Hindernisse vorfinden. Wenn man aber, wie es häufig bei Bächen und auch
bei Flüssen Statt findet, aus dem Geräusche des fliessenden Wassers deutlich erkennen kann,
dass der Widerstand grösser als in Röhrenleitungen ist, so unterliegt dieser Fall keiner
genauen Rechnung und man kann für denselben nur einen beiläufigen Anschlag machen.

Nehmen wir demnach einen Kanal oder eine Flusstrecke mit regulärem Grundbette,
in welchem die Geschwindigkeit des Wassers durchaus gleich bleibt,
demnach das ganze Gefälle von dem Widerstande, welchen das Wasser bei seiner Bewe-
gung auf dem Grundbette findet, erschöpft wird, und setzen wir ferner, diese Ka-
nalstrecke habe keine bedeutenden Brechungswinkel oder der Widerstand, welcher
hieraus entsteht, könne vernachlässigt werden, so haben wir für diesen Fall die Glei-
chung [Formel 3] .

Hinsichtlich der Bestimmung des Durchmessers d ist zu bemerken, dass ¼ d bei
kreisförmigen Röhren gefunden wird, wenn ihre Querschnittsfläche f = [Formel 4] durch die
Peripherie p = π . d dividirt wird. Bei Flüssen und auch bei Kanälen ist häufig die
Breite derselben sehr gross, die Tiefe aber so unbedeutend, dass der Umfang p der
Querschnittsfläche, der Breite b des Flusses gleich gesetzt werden kann. Bezeichnen wir
nun noch die mittlere Tiefe des Wassers mit a und daher die Querschnittsfläche mit a . b,
so ist [Formel 5] und [Formel 6] , also d = 4 a und demnach der Koeffizient
B = [Formel 7] . Führen wir inzwischen den letzten Werth in die aufge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0304" n="286"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Widerstände des Wassers in Mühlkanälen.</hi></fw><lb/>
gewöhnlich nur den Querschnitt von einigen Quadratfussen haben und von Holz oder<lb/>
Stein hergestellt oder auch in einem festen Erdreiche bloss ausgehoben werden. Da<lb/>
wir später bei der Theorie der Wirkung der Räder sehen werden, dass es am vor-<lb/>
theilhaftesten sey, einem solchen Kanale nur das zur Fortbewegung des Wassers un-<lb/>
umgänglich nothwendige Gefälle zu geben, für das Rad selbst aber den grössten Theil<lb/>
des vorhandenen Gefälles zu behalten, so werden Mühlkanäle bei einer zweckmässigen<lb/>
Anlage derselben immer nur so ausgeführt, dass das Wasser darin <hi rendition="#g">mit gleichförmi-<lb/>
ger Bewegung</hi> fliesst. Derselbe Fall findet bei Kanälen und jenen Flusstrecken<lb/>
Statt, innerhalb welcher das Wasser die angenommene Geschwindigkeit beibehält und<lb/>
auch in seinem ganzen Querschnitte, wie es bei einer Röhrenleitung der Fall ist, die-<lb/>
selbe Geschwindigkeit annimmt. Beide Fälle lassen sich mit der Bewegung des Wassers<lb/>
in einer Röhrenleitung genau vergleichen und wir können die aus einer grossen Anzahl<lb/>
Erfahrungen abgeleiteten Werthe A = <formula/> und B = <formula/> auch hier benützen. Wir ha-<lb/>
ben nämlich gesehen, dass diese Werthe bei Röhren von verschiedenen Materien nicht merk-<lb/>
lich verschieden sind und als gleich angenommen werden können. Demnach können diesel-<lb/>
ben Bestimmungen auch bei den regulären <hi rendition="#g">Mühlkanälen</hi>, sie mögen von <hi rendition="#g">Holz</hi> oder<lb/><hi rendition="#g">Stein</hi> erbaut seyn, und desgleichen bei jenen <hi rendition="#g">Flüssen</hi> Statt finden, die sich <hi rendition="#g">gleich-<lb/>
förmig</hi> fortbewegen und deren Grundbette als <hi rendition="#g">eben</hi> betrachtet werden kann, oder worin<lb/>
sich keine grossen Steine oder Baumstöcke, welche heftige Wellen oder Schwälle verursachen<lb/>
oder ähnliche Hindernisse vorfinden. Wenn man aber, wie es häufig bei Bächen und auch<lb/>
bei Flüssen Statt findet, aus dem Geräusche des fliessenden Wassers deutlich erkennen kann,<lb/>
dass der Widerstand grösser als in Röhrenleitungen ist, so unterliegt dieser Fall keiner<lb/>
genauen Rechnung und man kann für denselben nur einen beiläufigen Anschlag machen.</p><lb/>
            <p>Nehmen wir demnach einen Kanal oder eine Flusstrecke mit regulärem Grundbette,<lb/><hi rendition="#g">in welchem die Geschwindigkeit des Wassers durchaus gleich bleibt</hi>,<lb/>
demnach das ganze Gefälle von dem Widerstande, welchen das Wasser bei seiner Bewe-<lb/>
gung auf dem Grundbette findet, erschöpft wird, und setzen wir ferner, diese Ka-<lb/>
nalstrecke habe keine bedeutenden Brechungswinkel oder der Widerstand, welcher<lb/>
hieraus entsteht, könne vernachlässigt werden, so haben wir für diesen Fall die Glei-<lb/>
chung <formula/>.</p><lb/>
            <p>Hinsichtlich der Bestimmung des Durchmessers d ist zu bemerken, dass ¼ d bei<lb/>
kreisförmigen Röhren gefunden wird, wenn ihre Querschnittsfläche f = <formula/> durch die<lb/>
Peripherie p = <hi rendition="#i">&#x03C0;</hi> . d dividirt wird. Bei Flüssen und auch bei Kanälen ist häufig die<lb/>
Breite derselben sehr gross, die Tiefe aber so unbedeutend, dass der Umfang p der<lb/>
Querschnittsfläche, der Breite b des Flusses gleich gesetzt werden kann. Bezeichnen wir<lb/>
nun noch die mittlere Tiefe des Wassers mit a und daher die Querschnittsfläche mit a . b,<lb/>
so ist <formula/> und <formula/>, also d = 4 a und demnach der Koeffizient<lb/>
B = <formula/>. Führen wir inzwischen den letzten Werth in die aufge-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[286/0304] Widerstände des Wassers in Mühlkanälen. gewöhnlich nur den Querschnitt von einigen Quadratfussen haben und von Holz oder Stein hergestellt oder auch in einem festen Erdreiche bloss ausgehoben werden. Da wir später bei der Theorie der Wirkung der Räder sehen werden, dass es am vor- theilhaftesten sey, einem solchen Kanale nur das zur Fortbewegung des Wassers un- umgänglich nothwendige Gefälle zu geben, für das Rad selbst aber den grössten Theil des vorhandenen Gefälles zu behalten, so werden Mühlkanäle bei einer zweckmässigen Anlage derselben immer nur so ausgeführt, dass das Wasser darin mit gleichförmi- ger Bewegung fliesst. Derselbe Fall findet bei Kanälen und jenen Flusstrecken Statt, innerhalb welcher das Wasser die angenommene Geschwindigkeit beibehält und auch in seinem ganzen Querschnitte, wie es bei einer Röhrenleitung der Fall ist, die- selbe Geschwindigkeit annimmt. Beide Fälle lassen sich mit der Bewegung des Wassers in einer Röhrenleitung genau vergleichen und wir können die aus einer grossen Anzahl Erfahrungen abgeleiteten Werthe A = [FORMEL] und B = [FORMEL] auch hier benützen. Wir ha- ben nämlich gesehen, dass diese Werthe bei Röhren von verschiedenen Materien nicht merk- lich verschieden sind und als gleich angenommen werden können. Demnach können diesel- ben Bestimmungen auch bei den regulären Mühlkanälen, sie mögen von Holz oder Stein erbaut seyn, und desgleichen bei jenen Flüssen Statt finden, die sich gleich- förmig fortbewegen und deren Grundbette als eben betrachtet werden kann, oder worin sich keine grossen Steine oder Baumstöcke, welche heftige Wellen oder Schwälle verursachen oder ähnliche Hindernisse vorfinden. Wenn man aber, wie es häufig bei Bächen und auch bei Flüssen Statt findet, aus dem Geräusche des fliessenden Wassers deutlich erkennen kann, dass der Widerstand grösser als in Röhrenleitungen ist, so unterliegt dieser Fall keiner genauen Rechnung und man kann für denselben nur einen beiläufigen Anschlag machen. Nehmen wir demnach einen Kanal oder eine Flusstrecke mit regulärem Grundbette, in welchem die Geschwindigkeit des Wassers durchaus gleich bleibt, demnach das ganze Gefälle von dem Widerstande, welchen das Wasser bei seiner Bewe- gung auf dem Grundbette findet, erschöpft wird, und setzen wir ferner, diese Ka- nalstrecke habe keine bedeutenden Brechungswinkel oder der Widerstand, welcher hieraus entsteht, könne vernachlässigt werden, so haben wir für diesen Fall die Glei- chung [FORMEL]. Hinsichtlich der Bestimmung des Durchmessers d ist zu bemerken, dass ¼ d bei kreisförmigen Röhren gefunden wird, wenn ihre Querschnittsfläche f = [FORMEL] durch die Peripherie p = π . d dividirt wird. Bei Flüssen und auch bei Kanälen ist häufig die Breite derselben sehr gross, die Tiefe aber so unbedeutend, dass der Umfang p der Querschnittsfläche, der Breite b des Flusses gleich gesetzt werden kann. Bezeichnen wir nun noch die mittlere Tiefe des Wassers mit a und daher die Querschnittsfläche mit a . b, so ist [FORMEL] und [FORMEL], also d = 4 a und demnach der Koeffizient B = [FORMEL]. Führen wir inzwischen den letzten Werth in die aufge-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/304
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/304>, abgerufen am 05.12.2024.