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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

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Bestimmung des französischen W[as]serzolles.
Wasser, die Anlagskosten der hergestellten Nebenleitung und die Unterhaltungskosten
derselben verhältnissmässig hinzu, so dürfte sich dennoch in keinem Falle ein höhe-
rer Betrag als beiläufig 21/2 Prozent des Miethzinses der Häuser ergeben. Die Bewoh-
ner von Prag haben daher im Verhältnisse zu ihrem Miethzinse das Wasser 2 bis 3
Mal wohlfeiler, als es in Frankreich und England der Fall ist.

Wir haben noch zu bemerken, dass das Wasser in allen Gebäuden zu Prag in
eigene steinerne Röhrkästen geführt wird, wohin es ohne Unterbrechung bei Tag
und Nacht zuläuft. Das überflüssige Wasser läuft durch eine Abfallsröhre in den
nächsten Unrathskanal. Damit endlich kein Gebäude zu viel Wasser erhalten könne,
sind die Nebenröhren in die Gebäude, welche 11/2 bis 2 Zoll im Lichten Weite haben,
mit Hähnen versehen, deren Bohrung nach der Entfernung vom Wasserthurme, der
Statt findenden Druckhöhe und der benöthigten Wassermengen bemessen ist, und
häufig nur 8, ja selbst nur 3 Linien beträgt. Der Eigenthümer eines Hauses kann
demnach keine grössere Wassermenge erhalten, wenn er nicht etwa den bestimmten
Hahn durch einen andern mit grösserer Bohröffnung verwechselt, für dessen Verhin-
derung aber das aufgestellte Aufsichtspersonale zu sorgen hat.

§. 182.

Bevor wir eine Skizze der Wasserleitungen in Frankreich und vorzüg-
lich jener von Paris liefern, müssen wir bemerken, dass daselbst eine eigene Einheit
zum Messen
der von einer Wasserleitung gelieferten Wassermenge angenommen
wird. Dieselbe wird nämlich nach einer alten von Mariotte vorgeschlagenen Einheit,
den Wasserzollen (pouce de fontainier) gemessen. Hierunter versteht man die
Wassermenge, welche durch eine kurze Röhre von 1 par. Zoll im Durchmesser bestän-
dig ausfliesst, wenn die Druckhöhe des Wassers 7 par. Linien über der Mitte dieser
Oeffnung beträgt. Da man hierbei weder die Länge der Röhre, noch die Dicke oder
Gestalt der Wand, in welcher die Oeffnung angebracht ist, bestimmt hat, so leuchtet von
selbst ein, dass die Bestimmung der Wassermenge auf diese Art keinen verlässlichen
Anhaltspunkt darbiethet. Nehmen wir inzwischen mit den französischen Ingenieurs
den Zusammenziehungskoeffizienten mit 0,69 an, und setzen g = 15,098 par. Fuss, so
ergibt sich die Wassermenge, welche durch obige Oeffnung in 24 Stunden ausfliesst,
nach der Seite 161 unter dem Texte aufgestellten Formel
[Formel 1] [Formel 2] par. Kubikfuss oder 18,651 Kub. meter. In neuern Zeiten hat
man jedoch allgemein angenommen, dass 1 pouce Wasser in 24 Stunden 19195,3 litres = 19,1953
Kub. meter, demnach in einer Minute 15 Pinten oder 13,33 litres Wasser gibt. Diess
macht 608 N. Oe. Kub. Fuss in 24 Stunden und 12,16 N. Oe. Kub. Zoll in 1 Sekunde.
Der französische Wasserzoll wird in 144 gleiche Theile Wasserlinien (lignes d'eau)
genannt, eingetheilt; eine Wasserlinie gibt daher 133,3 litres Wasser in 24 Stunden.

Die Wasserleitungen in mehreren französischen Städten wurden schon zur Zeit der
Römer mit ungeheuerem Aufwande angelegt, wie es die noch gegenwärtig vorhandenen

Bestimmung des französischen W[as]serzolles.
Wasser, die Anlagskosten der hergestellten Nebenleitung und die Unterhaltungskosten
derselben verhältnissmässig hinzu, so dürfte sich dennoch in keinem Falle ein höhe-
rer Betrag als beiläufig 2½ Prozent des Miethzinses der Häuser ergeben. Die Bewoh-
ner von Prag haben daher im Verhältnisse zu ihrem Miethzinse das Wasser 2 bis 3
Mal wohlfeiler, als es in Frankreich und England der Fall ist.

Wir haben noch zu bemerken, dass das Wasser in allen Gebäuden zu Prag in
eigene steinerne Röhrkästen geführt wird, wohin es ohne Unterbrechung bei Tag
und Nacht zuläuft. Das überflüssige Wasser läuft durch eine Abfallsröhre in den
nächsten Unrathskanal. Damit endlich kein Gebäude zu viel Wasser erhalten könne,
sind die Nebenröhren in die Gebäude, welche 1½ bis 2 Zoll im Lichten Weite haben,
mit Hähnen versehen, deren Bohrung nach der Entfernung vom Wasserthurme, der
Statt findenden Druckhöhe und der benöthigten Wassermengen bemessen ist, und
häufig nur 8, ja selbst nur 3 Linien beträgt. Der Eigenthümer eines Hauses kann
demnach keine grössere Wassermenge erhalten, wenn er nicht etwa den bestimmten
Hahn durch einen andern mit grösserer Bohröffnung verwechselt, für dessen Verhin-
derung aber das aufgestellte Aufsichtspersonale zu sorgen hat.

§. 182.

Bevor wir eine Skizze der Wasserleitungen in Frankreich und vorzüg-
lich jener von Paris liefern, müssen wir bemerken, dass daselbst eine eigene Einheit
zum Messen
der von einer Wasserleitung gelieferten Wassermenge angenommen
wird. Dieselbe wird nämlich nach einer alten von Mariotte vorgeschlagenen Einheit,
den Wasserzollen (pouce de fontainier) gemessen. Hierunter versteht man die
Wassermenge, welche durch eine kurze Röhre von 1 par. Zoll im Durchmesser bestän-
dig ausfliesst, wenn die Druckhöhe des Wassers 7 par. Linien über der Mitte dieser
Oeffnung beträgt. Da man hierbei weder die Länge der Röhre, noch die Dicke oder
Gestalt der Wand, in welcher die Oeffnung angebracht ist, bestimmt hat, so leuchtet von
selbst ein, dass die Bestimmung der Wassermenge auf diese Art keinen verlässlichen
Anhaltspunkt darbiethet. Nehmen wir inzwischen mit den französischen Ingenieurs
den Zusammenziehungskoeffizienten mit 0,69 an, und setzen g = 15,098 par. Fuss, so
ergibt sich die Wassermenge, welche durch obige Oeffnung in 24 Stunden ausfliesst,
nach der Seite 161 unter dem Texte aufgestellten Formel
[Formel 1] [Formel 2] par. Kubikfuss oder 18,651 Kub. meter. In neuern Zeiten hat
man jedoch allgemein angenommen, dass 1 pouce Wasser in 24 Stunden 19195,3 litres = 19,1953
Kub. meter, demnach in einer Minute 15 Pinten oder 13,33 litres Wasser gibt. Diess
macht 608 N. Oe. Kub. Fuss in 24 Stunden und 12,16 N. Oe. Kub. Zoll in 1 Sekunde.
Der französische Wasserzoll wird in 144 gleiche Theile Wasserlinien (lignes d’eau)
genannt, eingetheilt; eine Wasserlinie gibt daher 133,3 litres Wasser in 24 Stunden.

Die Wasserleitungen in mehreren französischen Städten wurden schon zur Zeit der
Römer mit ungeheuerem Aufwande angelegt, wie es die noch gegenwärtig vorhandenen

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[255/0273] Bestimmung des französischen Wasserzolles. Wasser, die Anlagskosten der hergestellten Nebenleitung und die Unterhaltungskosten derselben verhältnissmässig hinzu, so dürfte sich dennoch in keinem Falle ein höhe- rer Betrag als beiläufig 2½ Prozent des Miethzinses der Häuser ergeben. Die Bewoh- ner von Prag haben daher im Verhältnisse zu ihrem Miethzinse das Wasser 2 bis 3 Mal wohlfeiler, als es in Frankreich und England der Fall ist. Wir haben noch zu bemerken, dass das Wasser in allen Gebäuden zu Prag in eigene steinerne Röhrkästen geführt wird, wohin es ohne Unterbrechung bei Tag und Nacht zuläuft. Das überflüssige Wasser läuft durch eine Abfallsröhre in den nächsten Unrathskanal. Damit endlich kein Gebäude zu viel Wasser erhalten könne, sind die Nebenröhren in die Gebäude, welche 1½ bis 2 Zoll im Lichten Weite haben, mit Hähnen versehen, deren Bohrung nach der Entfernung vom Wasserthurme, der Statt findenden Druckhöhe und der benöthigten Wassermengen bemessen ist, und häufig nur 8, ja selbst nur 3 Linien beträgt. Der Eigenthümer eines Hauses kann demnach keine grössere Wassermenge erhalten, wenn er nicht etwa den bestimmten Hahn durch einen andern mit grösserer Bohröffnung verwechselt, für dessen Verhin- derung aber das aufgestellte Aufsichtspersonale zu sorgen hat. §. 182. Bevor wir eine Skizze der Wasserleitungen in Frankreich und vorzüg- lich jener von Paris liefern, müssen wir bemerken, dass daselbst eine eigene Einheit zum Messen der von einer Wasserleitung gelieferten Wassermenge angenommen wird. Dieselbe wird nämlich nach einer alten von Mariotte vorgeschlagenen Einheit, den Wasserzollen (pouce de fontainier) gemessen. Hierunter versteht man die Wassermenge, welche durch eine kurze Röhre von 1 par. Zoll im Durchmesser bestän- dig ausfliesst, wenn die Druckhöhe des Wassers 7 par. Linien über der Mitte dieser Oeffnung beträgt. Da man hierbei weder die Länge der Röhre, noch die Dicke oder Gestalt der Wand, in welcher die Oeffnung angebracht ist, bestimmt hat, so leuchtet von selbst ein, dass die Bestimmung der Wassermenge auf diese Art keinen verlässlichen Anhaltspunkt darbiethet. Nehmen wir inzwischen mit den französischen Ingenieurs den Zusammenziehungskoeffizienten mit 0,69 an, und setzen g = 15,098 par. Fuss, so ergibt sich die Wassermenge, welche durch obige Oeffnung in 24 Stunden ausfliesst, nach der Seite 161 unter dem Texte aufgestellten Formel [FORMEL] [FORMEL] par. Kubikfuss oder 18,651 Kub. meter. In neuern Zeiten hat man jedoch allgemein angenommen, dass 1 pouce Wasser in 24 Stunden 19195,3 litres = 19,1953 Kub. meter, demnach in einer Minute 15 Pinten oder 13,33 litres Wasser gibt. Diess macht 608 N. Oe. Kub. Fuss in 24 Stunden und 12,16 N. Oe. Kub. Zoll in 1 Sekunde. Der französische Wasserzoll wird in 144 gleiche Theile Wasserlinien (lignes d’eau) genannt, eingetheilt; eine Wasserlinie gibt daher 133,3 litres Wasser in 24 Stunden. Die Wasserleitungen in mehreren französischen Städten wurden schon zur Zeit der Römer mit ungeheuerem Aufwande angelegt, wie es die noch gegenwärtig vorhandenen

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/273>, abgerufen am 18.11.2024.