Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

Geneigte Röhrenleitungen.
Ende beider Röhren gleich wäre. Nehmen wir l = 400 Fuss und h = 20 Fuss an,
so ist im ersten Falle v = [Formel 1] = 2,9 Fuss und im zweiten Falle
v' = [Formel 2] = 4,1 Fuss; es verhält sich daher v' : v = 1,4 : 1 und wir sehen, dass
die 6 zöllige Wasserleitung 4 . 1,4 = 5,6 Mal mehr Wasser als die 3 zöllige Wasserleitung
in gleicher Zeit geben wird.

§. 144.

Bei allen bisherigen Untersuchungen haben wir die Röhren horizontal wie
Fig. 9 an den Behältern angebracht vorausgesetzt. Es kann jedoch der Fall eintreten,Fig.
9
bis
11.
Tab.
47.

dass die Röhren von dem Behälter aus in verschiedenen Neigungen z. B. wie Fig. 10
oder Fig. 11 gegen den Horizont fortlaufen. Es ist offenbar, dass in einem jeden dieser
Fälle für das Gefälle oder die Druckhöhe h bloss der Höhenunterschied von der Ober-
fläche des Wassers im Behälter bis zur Mitte der Ausflussöffnung anzunehmen sey.

Wir haben bereits oben angeführt, dass die Geschwindigkeit des Wassers in einer
Röhrenleitung von einerlei Durchmesser durchaus gleich seyn müsse, indem dasjenige
Wasser, was in 1 Sekunde zufliesst, auch wieder in 1 Sekunde abfliessen muss. Aus dem-
selben Grunde kann bei dem Ausflusse des Wassers am Ende der Röhrenleitung keine
Zusammenziehung
mehr eintreten. Wir haben demnach für die Wassermenge,
welche eine Röhrenleitung in 1 Sekunde gibt, immer die Gleichung M = f . v oder auch M
= 11/14 d2 . v (I) Hierzu kommt die zweite Gleichung für die Bewegung des Wassers
h = [Formel 3] . (II)

In diesen zwei Gleichungen kommen 5 veränderliche Grössen, nämlich die Wasser-
menge M in 1 Sekunde, der Durchmesser d der Röhre im Lichten, die Länge l der Röh-
renleitung, das ganze Gefälle h derselben und endlich die Geschwindigkeit v des Wassers
in der Röhrenleitung vor. Wenn daher von diesen 5 Grössen drei gegeben sind, kann
man die übrigen zwei berechnen.

§. 145.

1tes Beispiel. Es sey die Gefällshöhe h, die Länge der Röhrenleitung l und
ihr Durchmesser d gegeben; es fragt sich, mit welcher Geschwindigkeit v das Wasser
in der Röhre fliessen werde, und welche Wassermenge M man in einer Sekunde erhält.
Wir haben für diesen Fall h = [Formel 4] .
Wird hier der Koeffizient von v2 weggeschafft und das Quadrat ergänzt, so ist, da offen-
bar nur das positive Wurzelzeichen Statt finden kann:
[Formel 5]

Aus dieser Gleichung lässt sich für einen jeden Fall der Werth von v berech-
nen. Wird dieser mit der Querschnittsfläche im Lichten der Röhre multiplizirt, so
gibt das Produkt die Wassermenge M in einer Sekunde.

Gerstner's Mechanik. Band II. 27

Geneigte Röhrenleitungen.
Ende beider Röhren gleich wäre. Nehmen wir l = 400 Fuss und h = 20 Fuss an,
so ist im ersten Falle v = [Formel 1] = 2,9 Fuss und im zweiten Falle
v' = [Formel 2] = 4,1 Fuss; es verhält sich daher v' : v = 1,4 : 1 und wir sehen, dass
die 6 zöllige Wasserleitung 4 . 1,4 = 5,6 Mal mehr Wasser als die 3 zöllige Wasserleitung
in gleicher Zeit geben wird.

§. 144.

Bei allen bisherigen Untersuchungen haben wir die Röhren horizontal wie
Fig. 9 an den Behältern angebracht vorausgesetzt. Es kann jedoch der Fall eintreten,Fig.
9
bis
11.
Tab.
47.

dass die Röhren von dem Behälter aus in verschiedenen Neigungen z. B. wie Fig. 10
oder Fig. 11 gegen den Horizont fortlaufen. Es ist offenbar, dass in einem jeden dieser
Fälle für das Gefälle oder die Druckhöhe h bloss der Höhenunterschied von der Ober-
fläche des Wassers im Behälter bis zur Mitte der Ausflussöffnung anzunehmen sey.

Wir haben bereits oben angeführt, dass die Geschwindigkeit des Wassers in einer
Röhrenleitung von einerlei Durchmesser durchaus gleich seyn müsse, indem dasjenige
Wasser, was in 1 Sekunde zufliesst, auch wieder in 1 Sekunde abfliessen muss. Aus dem-
selben Grunde kann bei dem Ausflusse des Wassers am Ende der Röhrenleitung keine
Zusammenziehung
mehr eintreten. Wir haben demnach für die Wassermenge,
welche eine Röhrenleitung in 1 Sekunde gibt, immer die Gleichung M = f . v oder auch M
= 11/14 d2 . v (I) Hierzu kommt die zweite Gleichung für die Bewegung des Wassers
h = [Formel 3] . (II)

In diesen zwei Gleichungen kommen 5 veränderliche Grössen, nämlich die Wasser-
menge M in 1 Sekunde, der Durchmesser d der Röhre im Lichten, die Länge l der Röh-
renleitung, das ganze Gefälle h derselben und endlich die Geschwindigkeit v des Wassers
in der Röhrenleitung vor. Wenn daher von diesen 5 Grössen drei gegeben sind, kann
man die übrigen zwei berechnen.

§. 145.

1tes Beispiel. Es sey die Gefällshöhe h, die Länge der Röhrenleitung l und
ihr Durchmesser d gegeben; es fragt sich, mit welcher Geschwindigkeit v das Wasser
in der Röhre fliessen werde, und welche Wassermenge M man in einer Sekunde erhält.
Wir haben für diesen Fall h = [Formel 4] .
Wird hier der Koeffizient von v2 weggeschafft und das Quadrat ergänzt, so ist, da offen-
bar nur das positive Wurzelzeichen Statt finden kann:
[Formel 5]

Aus dieser Gleichung lässt sich für einen jeden Fall der Werth von v berech-
nen. Wird dieser mit der Querschnittsfläche im Lichten der Röhre multiplizirt, so
gibt das Produkt die Wassermenge M in einer Sekunde.

Gerstner’s Mechanik. Band II. 27
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0227" n="209"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Geneigte Röhrenleitungen</hi>.</fw><lb/>
Ende beider Röhren <hi rendition="#g">gleich</hi> wäre. Nehmen wir l = 400 Fuss und h = 20 Fuss an,<lb/>
so ist im ersten Falle v = <formula/> = 2,<hi rendition="#sub">9</hi> Fuss und im zweiten Falle<lb/>
v' = <formula/> = 4,<hi rendition="#sub">1</hi> Fuss; es verhält sich daher v' : v = 1,<hi rendition="#sub">4</hi> : 1 und wir sehen, dass<lb/>
die 6 zöllige Wasserleitung 4 . 1,<hi rendition="#sub">4</hi> = 5,<hi rendition="#sub">6</hi> Mal mehr Wasser als die 3 zöllige Wasserleitung<lb/>
in gleicher Zeit geben wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 144.</head><lb/>
            <p>Bei allen bisherigen Untersuchungen haben wir die Röhren <hi rendition="#g">horizontal</hi> wie<lb/>
Fig. 9 an den Behältern angebracht vorausgesetzt. Es kann jedoch der Fall eintreten,<note place="right">Fig.<lb/>
9<lb/>
bis<lb/>
11.<lb/>
Tab.<lb/>
47.</note><lb/>
dass die Röhren von dem Behälter aus in verschiedenen Neigungen z. B. wie Fig. 10<lb/>
oder Fig. 11 gegen den Horizont fortlaufen. Es ist offenbar, dass in einem jeden dieser<lb/>
Fälle für das Gefälle oder die Druckhöhe h bloss der Höhenunterschied von der Ober-<lb/>
fläche des Wassers im Behälter bis zur Mitte der Ausflussöffnung anzunehmen sey.</p><lb/>
            <p>Wir haben bereits oben angeführt, dass die Geschwindigkeit des Wassers in einer<lb/>
Röhrenleitung von einerlei Durchmesser durchaus gleich seyn müsse, indem dasjenige<lb/>
Wasser, was in 1 Sekunde zufliesst, auch wieder in 1 Sekunde abfliessen muss. Aus dem-<lb/>
selben Grunde kann bei dem Ausflusse des Wassers am Ende der Röhrenleitung <hi rendition="#g">keine<lb/>
Zusammenziehung</hi> mehr eintreten. Wir haben demnach für die Wassermenge,<lb/>
welche eine Röhrenleitung in 1 Sekunde gibt, immer die Gleichung M = f . v oder auch M<lb/>
= 11/14 d<hi rendition="#sup">2</hi> . v (I) Hierzu kommt die zweite Gleichung für die Bewegung des Wassers<lb/>
h = <formula/>. (II)</p><lb/>
            <p>In diesen zwei Gleichungen kommen 5 veränderliche Grössen, nämlich die Wasser-<lb/>
menge M in 1 Sekunde, der Durchmesser d der Röhre im Lichten, die Länge l der Röh-<lb/>
renleitung, das ganze Gefälle h derselben und endlich die Geschwindigkeit v des Wassers<lb/>
in der Röhrenleitung vor. Wenn daher von diesen 5 Grössen drei gegeben sind, kann<lb/>
man die übrigen zwei berechnen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 145.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#g">1tes Beispiel</hi>. Es sey die Gefällshöhe h, die Länge der Röhrenleitung l und<lb/>
ihr Durchmesser d gegeben; es fragt sich, mit welcher Geschwindigkeit v das Wasser<lb/>
in der Röhre fliessen werde, und welche Wassermenge M man in einer Sekunde erhält.<lb/>
Wir haben für diesen Fall h = <formula/>.<lb/>
Wird hier der Koeffizient von v<hi rendition="#sup">2</hi> weggeschafft und das Quadrat ergänzt, so ist, da offen-<lb/>
bar nur das positive Wurzelzeichen Statt finden kann:<lb/><formula/></p>
            <p>Aus dieser Gleichung lässt sich für einen jeden Fall der Werth von v berech-<lb/>
nen. Wird dieser mit der Querschnittsfläche im Lichten der Röhre multiplizirt, so<lb/>
gibt das Produkt die Wassermenge M in einer Sekunde.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">Gerstner&#x2019;s Mechanik. Band II. 27</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0227] Geneigte Röhrenleitungen. Ende beider Röhren gleich wäre. Nehmen wir l = 400 Fuss und h = 20 Fuss an, so ist im ersten Falle v = [FORMEL] = 2,9 Fuss und im zweiten Falle v' = [FORMEL] = 4,1 Fuss; es verhält sich daher v' : v = 1,4 : 1 und wir sehen, dass die 6 zöllige Wasserleitung 4 . 1,4 = 5,6 Mal mehr Wasser als die 3 zöllige Wasserleitung in gleicher Zeit geben wird. §. 144. Bei allen bisherigen Untersuchungen haben wir die Röhren horizontal wie Fig. 9 an den Behältern angebracht vorausgesetzt. Es kann jedoch der Fall eintreten, dass die Röhren von dem Behälter aus in verschiedenen Neigungen z. B. wie Fig. 10 oder Fig. 11 gegen den Horizont fortlaufen. Es ist offenbar, dass in einem jeden dieser Fälle für das Gefälle oder die Druckhöhe h bloss der Höhenunterschied von der Ober- fläche des Wassers im Behälter bis zur Mitte der Ausflussöffnung anzunehmen sey. Fig. 9 bis 11. Tab. 47. Wir haben bereits oben angeführt, dass die Geschwindigkeit des Wassers in einer Röhrenleitung von einerlei Durchmesser durchaus gleich seyn müsse, indem dasjenige Wasser, was in 1 Sekunde zufliesst, auch wieder in 1 Sekunde abfliessen muss. Aus dem- selben Grunde kann bei dem Ausflusse des Wassers am Ende der Röhrenleitung keine Zusammenziehung mehr eintreten. Wir haben demnach für die Wassermenge, welche eine Röhrenleitung in 1 Sekunde gibt, immer die Gleichung M = f . v oder auch M = 11/14 d2 . v (I) Hierzu kommt die zweite Gleichung für die Bewegung des Wassers h = [FORMEL]. (II) In diesen zwei Gleichungen kommen 5 veränderliche Grössen, nämlich die Wasser- menge M in 1 Sekunde, der Durchmesser d der Röhre im Lichten, die Länge l der Röh- renleitung, das ganze Gefälle h derselben und endlich die Geschwindigkeit v des Wassers in der Röhrenleitung vor. Wenn daher von diesen 5 Grössen drei gegeben sind, kann man die übrigen zwei berechnen. §. 145. 1tes Beispiel. Es sey die Gefällshöhe h, die Länge der Röhrenleitung l und ihr Durchmesser d gegeben; es fragt sich, mit welcher Geschwindigkeit v das Wasser in der Röhre fliessen werde, und welche Wassermenge M man in einer Sekunde erhält. Wir haben für diesen Fall h = [FORMEL]. Wird hier der Koeffizient von v2 weggeschafft und das Quadrat ergänzt, so ist, da offen- bar nur das positive Wurzelzeichen Statt finden kann: [FORMEL] Aus dieser Gleichung lässt sich für einen jeden Fall der Werth von v berech- nen. Wird dieser mit der Querschnittsfläche im Lichten der Röhre multiplizirt, so gibt das Produkt die Wassermenge M in einer Sekunde. Gerstner’s Mechanik. Band II. 27

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/227
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 2: Mechanik flüssiger Körper. Prag, 1832, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik02_1832/227>, abgerufen am 18.11.2024.