Es sey der Durchmesser eines Seiles oder einer Schnur = d, so beträgt der Ab- stand e k + f j bei neuen Seilen gewöhnlich 1/2 d, bei einem etwas gebrauchten 1/3 d und bei einem schon oft gebrauchten oder auch schlappen Seile 1/4 d bis 1/5 d. Man wird dem- nach in jedem Falle den entsprechenden Coeffizienten, welcher von 1/2 bis 1/5 varirt, zu wählen haben. Bezeichnen wir aber diesen Coeffizienten allgemein mit n, so beträgt n . d die Grösse des Abstandes oder den Raum, um welchen der Hebelsarm derjenigen Kraft vergrössert wird, bei welcher sich das Seil erst aufwinden muss.
§. 447.
Fig. 6. Tab. 27.
Da wir durch das bisher Angeführte in Stand gesetzt sind, den Widerstand der Reibung und der Unbiegsamkeit der Seile in Rechnung zu nehmen, so bleibt nur noch das Verfahren übrig, die Grösse des Reibungscoeffizienten m, und den Abstand des Seiles n . d bei einer vorkommenden Maschine zu finden. Hierzu dient das bereits §. 443 angedeutete, von Coulomb angewandte Verfahren. Wäre z. B. bei einer Scheibe oder einem Cylinder m und n . d zu bestimmen, so nehme man zuerst eine seidene, sehr biegsame Schnur, und hänge beiderseits Gewichte an, bis Gleichgewicht erfolgt. Legt man nun noch zu dem einen Gewichte so lange zu, bis eine gleichförmige Bewegung eintritt, so ist das Moment dieses vermehrten Gewichtes P . a = dem Momente der Last Q . a + dem Momente der Reibung. Der Druck auf den Zapfen ist die Last Q, die Kraft P und das Gewicht der Maschine M, mithin Q + P + M, daher ist der Widerstand der Reibung = m (Q + P + M), und da er an der Peripherie des Zapfens geschieht, also den Halbmesser e des Zapfens zum Hebelsarme hat, so ist sein Moment m (Q + P + M) e. Wir erhalten demnach die Gleichung P . a = Q . a + m . e (Q + P + M), woraus man den Reibungs-Coeffizienten
[Formel 1]
findet.
Ist nun der Reibungs-Coeffizient bekannt, so lässt sich durch einen ähnlichen Ver- such auch die Grösse n . d für ein gegebenes Seil bestimmen. Man wickelt nämlich statt jener seidenen Schnur das gegebene Seil um den Cylinder und sucht abermals die Kraft P', welche die Last Q gleichförmig zu bewegen im Stande ist. Da das neue Seil um n . d abstehen wird, so ist das Moment der Last Q (a + n . d), jenes der Kraft ist P' . a = Q (a + n . d) + m . e (Q + P' + M), woraus
[Formel 2]
gefunden wird.
Beispiel. Hätten wir für den ersten Fall die Last Q = 20 Lb, P = 20,5 Lb, a = 4 Zoll, e = 1/4 Zoll und das Gewicht M = 15,5 Lb gefunden, so wäre
[Formel 3]
, und wäre im zweiten Falle die Last Q abermals 20 Lb, das Gewicht der Maschine aber wegen des schweren Seiles M = 18 Lb, ferner a = 4 Zoll, e = 1/4 Zoll und die Kraft P' = 21 Lb, so ergibt sich die Unbiegsamkeit
[Formel 4]
[Formel 5]
Zoll.
Versuche über Reibung und Unbiegsamkeit.
Es sey der Durchmesser eines Seiles oder einer Schnur = δ, so beträgt der Ab- stand e k + f j bei neuen Seilen gewöhnlich ½ δ, bei einem etwas gebrauchten ⅓ δ und bei einem schon oft gebrauchten oder auch schlappen Seile ¼ δ bis ⅕ δ. Man wird dem- nach in jedem Falle den entsprechenden Coeffizienten, welcher von ½ bis ⅕ varirt, zu wählen haben. Bezeichnen wir aber diesen Coeffizienten allgemein mit n, so beträgt n . δ die Grösse des Abstandes oder den Raum, um welchen der Hebelsarm derjenigen Kraft vergrössert wird, bei welcher sich das Seil erst aufwinden muss.
§. 447.
Fig. 6. Tab. 27.
Da wir durch das bisher Angeführte in Stand gesetzt sind, den Widerstand der Reibung und der Unbiegsamkeit der Seile in Rechnung zu nehmen, so bleibt nur noch das Verfahren übrig, die Grösse des Reibungscoeffizienten m, und den Abstand des Seiles n . δ bei einer vorkommenden Maschine zu finden. Hierzu dient das bereits §. 443 angedeutete, von Coulomb angewandte Verfahren. Wäre z. B. bei einer Scheibe oder einem Cylinder m und n . δ zu bestimmen, so nehme man zuerst eine seidene, sehr biegsame Schnur, und hänge beiderseits Gewichte an, bis Gleichgewicht erfolgt. Legt man nun noch zu dem einen Gewichte so lange zu, bis eine gleichförmige Bewegung eintritt, so ist das Moment dieses vermehrten Gewichtes P . a = dem Momente der Last Q . a + dem Momente der Reibung. Der Druck auf den Zapfen ist die Last Q, die Kraft P und das Gewicht der Maschine M, mithin Q + P + M, daher ist der Widerstand der Reibung = m (Q + P + M), und da er an der Peripherie des Zapfens geschieht, also den Halbmesser e des Zapfens zum Hebelsarme hat, so ist sein Moment m (Q + P + M) e. Wir erhalten demnach die Gleichung P . a = Q . a + m . e (Q + P + M), woraus man den Reibungs-Coeffizienten
[Formel 1]
findet.
Ist nun der Reibungs-Coeffizient bekannt, so lässt sich durch einen ähnlichen Ver- such auch die Grösse n . δ für ein gegebenes Seil bestimmen. Man wickelt nämlich statt jener seidenen Schnur das gegebene Seil um den Cylinder und sucht abermals die Kraft P', welche die Last Q gleichförmig zu bewegen im Stande ist. Da das neue Seil um n . δ abstehen wird, so ist das Moment der Last Q (a + n . δ), jenes der Kraft ist P' . a = Q (a + n . δ) + m . e (Q + P' + M), woraus
[Formel 2]
gefunden wird.
Beispiel. Hätten wir für den ersten Fall die Last Q = 20 ℔, P = 20,5 ℔, a = 4 Zoll, e = ¼ Zoll und das Gewicht M = 15,5 ℔ gefunden, so wäre
[Formel 3]
, und wäre im zweiten Falle die Last Q abermals 20 ℔, das Gewicht der Maschine aber wegen des schweren Seiles M = 18 ℔, ferner a = 4 Zoll, e = ¼ Zoll und die Kraft P' = 21 ℔, so ergibt sich die Unbiegsamkeit
[Formel 4]
[Formel 5]
Zoll.
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[502/0534]
Versuche über Reibung und Unbiegsamkeit.
Es sey der Durchmesser eines Seiles oder einer Schnur = δ, so beträgt der Ab-
stand e k + f j bei neuen Seilen gewöhnlich ½ δ, bei einem etwas gebrauchten ⅓ δ und
bei einem schon oft gebrauchten oder auch schlappen Seile ¼ δ bis ⅕ δ. Man wird dem-
nach in jedem Falle den entsprechenden Coeffizienten, welcher von ½ bis ⅕ varirt, zu
wählen haben. Bezeichnen wir aber diesen Coeffizienten allgemein mit n, so beträgt
n . δ die Grösse des Abstandes oder den Raum, um welchen der Hebelsarm derjenigen
Kraft vergrössert wird, bei welcher sich das Seil erst aufwinden muss.
§. 447.
Da wir durch das bisher Angeführte in Stand gesetzt sind, den Widerstand der
Reibung und der Unbiegsamkeit der Seile in Rechnung zu nehmen, so bleibt nur noch
das Verfahren übrig, die Grösse des Reibungscoeffizienten m, und den Abstand
des Seiles n . δ bei einer vorkommenden Maschine zu finden. Hierzu dient das bereits
§. 443 angedeutete, von Coulomb angewandte Verfahren. Wäre z. B. bei einer Scheibe
oder einem Cylinder m und n . δ zu bestimmen, so nehme man zuerst eine seidene, sehr
biegsame Schnur, und hänge beiderseits Gewichte an, bis Gleichgewicht erfolgt. Legt
man nun noch zu dem einen Gewichte so lange zu, bis eine gleichförmige Bewegung
eintritt, so ist das Moment dieses vermehrten Gewichtes P . a = dem Momente
der Last Q . a + dem Momente der Reibung. Der Druck auf den Zapfen ist die Last
Q, die Kraft P und das Gewicht der Maschine M, mithin Q + P + M, daher ist der
Widerstand der Reibung = m (Q + P + M), und da er an der Peripherie des Zapfens
geschieht, also den Halbmesser e des Zapfens zum Hebelsarme hat, so ist sein Moment
m (Q + P + M) e. Wir erhalten demnach die Gleichung
P . a = Q . a + m . e (Q + P + M), woraus man den Reibungs-Coeffizienten
[FORMEL] findet.
Ist nun der Reibungs-Coeffizient bekannt, so lässt sich durch einen ähnlichen Ver-
such auch die Grösse n . δ für ein gegebenes Seil bestimmen. Man wickelt nämlich statt
jener seidenen Schnur das gegebene Seil um den Cylinder und sucht abermals die Kraft
P', welche die Last Q gleichförmig zu bewegen im Stande ist. Da das neue Seil um
n . δ abstehen wird, so ist das Moment der Last Q (a + n . δ), jenes der Kraft ist
P' . a = Q (a + n . δ) + m . e (Q + P' + M), woraus
[FORMEL] gefunden wird.
Beispiel. Hätten wir für den ersten Fall die Last Q = 20 ℔, P = 20,5 ℔, a = 4 Zoll,
e = ¼ Zoll und das Gewicht M = 15,5 ℔ gefunden, so wäre
[FORMEL], und wäre im zweiten Falle die Last
Q abermals 20 ℔, das Gewicht der Maschine aber wegen des schweren Seiles
M = 18 ℔, ferner a = 4 Zoll, e = ¼ Zoll und die Kraft P' = 21 ℔, so
ergibt sich die Unbiegsamkeit [FORMEL]
[FORMEL] Zoll.
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/534>, abgerufen am 24.11.2024.
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