Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite
Elyptische Brückengewölbe.

Wir wollen nun diese Gleichung auf einen Sturzstein U K K' U' anwenden,Fig.
7.
Tab.
19.

welcher z. B. auf die Futtersteine eines Fensters gelegt wird, und zugleich die Last des
darüber befindlichen Mauerwerkes durch eine, in seiner Masse liegende Wölbung voll-
kommen stützen soll.

Um die Fläche für den horizontalen Druck H zu bestimmen, setzen wir
N p = U B = a, so ist a2 = [Formel 1] , daraus folgt
[Formel 2] . Der Druck, den der Stein nach der horizontalen Rich-
tung bei U und U' äussert, ist demnach um so grösser, je grösser die Spannweite 2 a
und das Verhältniss [Formel 3] ist.

Beispiel. Es sey die Höhe des Sturzsteines E B = 1 Fuss, die Höhe i B = 1/2
Fuss, und die Höhe A B = 6 Fuss, endlich die Spannweite 2 a = 5 Fuss. Für
diesen Fall ist der horizontale Druck [Formel 4] ; der
senkrechte Druck in den Punkten U und U' ist = a . h = 2,5 . 6 = 15,
folglich der gesammte Druck, der sich aus diesen beiden nach der Rich-
tung der Diagonale ergibt = sqrt (37,5 + 152) = sqrt 1631,25 = 40,39. Die
Richtung dieses Druckes ergibt sich aus der bekannten Proportion:
U T : O T wie der senkrechte Druck bei U zum horizontalen, also wie
15 : 37,5 = 1 : 2,5 = 2 : 5 = 2 B i : B U. Wenn wir demnach die Höhe
2 B i = 1 Fuss von U nach T senkrecht und von T noch O fünf Fuss horizontal auftra-
gen, so muss der Steinschnitt oder die Fuge U K winkelrecht auf die Linie O U seyn.

Bei der Einsetzung des Steines ist aber zu bemerken, dass die Widerlage bei
U nach der wagerechten Richtung einen Druck von 37,5, und nach der senkrechten
von 15 auszuhalten hat, dass sonach auch der Stein so scharf eingekeilt werden müss-
te, um diesem Drucke zu widerstehen. Da diess mit einigen Schwierigkeiten verbun-
den ist, so pflegt man solche Sturzsteine mit einem flachen Bogen zu über-
wölben
, und erst, nachdem dieser sich hinlänglich gesetzt hat, und ausgetrocknet
ist, den Sturzstein frei einzulegen, welcher demnach nur den zwischen dem Gewölbe
und dem Sturzsteine ausgemauerten Raum zu tragen hat, weil die übrige Last von dem
darüber geführten Gewölbe getragen wird.

§. 382.

Aus der vorhergehenden Rechnung ersehen wir, dass die ersten Glieder in denFig.
6.

§. 380 gefundenen drei Gleichungen, welche die Grösse h zum Faktor haben, zur Un-
terstützung des Parallelogrammes A W E B dienen, und zur Stützlinie eine Pa-
rabel geben
; die folgenden Glieder, welche mit b multiplicirt sind, enthalten die
Abweichung der Stützlinie des elyptischen Gewölbes von der Para-
bel
; diese Glieder gehören sonach nur der Unterstützung des Raumes zwischen der
horizontalen Linie durch den Scheitel des Gewölbes und dem elyptischen Bogen, oder

Elyptische Brückengewölbe.

Wir wollen nun diese Gleichung auf einen Sturzstein U K K' U' anwenden,Fig.
7.
Tab.
19.

welcher z. B. auf die Futtersteine eines Fensters gelegt wird, und zugleich die Last des
darüber befindlichen Mauerwerkes durch eine, in seiner Masse liegende Wölbung voll-
kommen stützen soll.

Um die Fläche für den horizontalen Druck H zu bestimmen, setzen wir
N p = U B = a, so ist a2 = [Formel 1] , daraus folgt
[Formel 2] . Der Druck, den der Stein nach der horizontalen Rich-
tung bei U und U' äussert, ist demnach um so grösser, je grösser die Spannweite 2 a
und das Verhältniss [Formel 3] ist.

Beispiel. Es sey die Höhe des Sturzsteines E B = 1 Fuss, die Höhe i B = ½
Fuss, und die Höhe A B = 6 Fuss, endlich die Spannweite 2 a = 5 Fuss. Für
diesen Fall ist der horizontale Druck [Formel 4] ; der
senkrechte Druck in den Punkten U und U' ist = a . h = 2,5 . 6 = 15,
folglich der gesammte Druck, der sich aus diesen beiden nach der Rich-
tung der Diagonale ergibt = √ (37,5 + 152) = √ 1631,25 = 40,39. Die
Richtung dieses Druckes ergibt sich aus der bekannten Proportion:
U T : O T wie der senkrechte Druck bei U zum horizontalen, also wie
15 : 37,5 = 1 : 2,5 = 2 : 5 = 2 B i : B U. Wenn wir demnach die Höhe
2 B i = 1 Fuss von U nach T senkrecht und von T noch O fünf Fuss horizontal auftra-
gen, so muss der Steinschnitt oder die Fuge U K winkelrecht auf die Linie O U seyn.

Bei der Einsetzung des Steines ist aber zu bemerken, dass die Widerlage bei
U nach der wagerechten Richtung einen Druck von 37,5, und nach der senkrechten
von 15 auszuhalten hat, dass sonach auch der Stein so scharf eingekeilt werden müss-
te, um diesem Drucke zu widerstehen. Da diess mit einigen Schwierigkeiten verbun-
den ist, so pflegt man solche Sturzsteine mit einem flachen Bogen zu über-
wölben
, und erst, nachdem dieser sich hinlänglich gesetzt hat, und ausgetrocknet
ist, den Sturzstein frei einzulegen, welcher demnach nur den zwischen dem Gewölbe
und dem Sturzsteine ausgemauerten Raum zu tragen hat, weil die übrige Last von dem
darüber geführten Gewölbe getragen wird.

§. 382.

Aus der vorhergehenden Rechnung ersehen wir, dass die ersten Glieder in denFig.
6.

§. 380 gefundenen drei Gleichungen, welche die Grösse h zum Faktor haben, zur Un-
terstützung des Parallelogrammes A W E B dienen, und zur Stützlinie eine Pa-
rabel geben
; die folgenden Glieder, welche mit b multiplicirt sind, enthalten die
Abweichung der Stützlinie des elyptischen Gewölbes von der Para-
bel
; diese Glieder gehören sonach nur der Unterstützung des Raumes zwischen der
horizontalen Linie durch den Scheitel des Gewölbes und dem elyptischen Bogen, oder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0459" n="429"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#i">Elyptische Brückengewölbe.</hi> </fw><lb/>
            <p>Wir wollen nun diese Gleichung auf <hi rendition="#g">einen Sturzstein</hi> U K K' U' anwenden,<note place="right">Fig.<lb/>
7.<lb/>
Tab.<lb/>
19.</note><lb/>
welcher z. B. auf die Futtersteine eines Fensters gelegt wird, und zugleich die Last des<lb/>
darüber befindlichen Mauerwerkes durch eine, in seiner Masse liegende Wölbung voll-<lb/>
kommen stützen soll.</p><lb/>
            <p>Um die Fläche für den horizontalen Druck H zu bestimmen, setzen wir<lb/>
N p = U B = a, so ist a<hi rendition="#sup">2</hi> = <formula/>, daraus folgt<lb/><formula/>. Der Druck, den der Stein nach der horizontalen Rich-<lb/>
tung bei U und U' äussert, ist demnach um so grösser, je grösser die Spannweite 2 a<lb/>
und das Verhältniss <formula/> ist.</p><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#g">Beispiel</hi>. Es sey die Höhe des Sturzsteines E B = 1 Fuss, die Höhe i B = ½<lb/>
Fuss, und die Höhe A B = 6 Fuss, endlich die Spannweite 2 a = 5 Fuss. Für<lb/>
diesen Fall ist der <hi rendition="#g">horizontale Druck</hi> <formula/>; der<lb/><hi rendition="#g">senkrechte Druck</hi> in den Punkten U und U' ist = a . h = 2,<hi rendition="#sub">5</hi> . 6 = 15,<lb/>
folglich der <hi rendition="#g">gesammte Druck</hi>, der sich aus diesen beiden nach der Rich-<lb/>
tung der Diagonale ergibt = &#x221A; (37,<hi rendition="#sub">5</hi> + 15<hi rendition="#sup">2</hi>) = &#x221A; 1631,<hi rendition="#sub">25</hi> = 40,<hi rendition="#sub">39</hi>. Die<lb/><hi rendition="#g">Richtung dieses Druckes</hi> ergibt sich aus der bekannten Proportion:<lb/>
U T : O T wie der senkrechte Druck bei U zum horizontalen, also wie<lb/>
15 : 37,<hi rendition="#sub">5</hi> = 1 : 2,<hi rendition="#sub">5</hi> = 2 : 5 = 2 B i : B U. Wenn wir demnach die Höhe<lb/>
2 B i = 1 Fuss von U nach T senkrecht und von T noch O fünf Fuss horizontal auftra-<lb/>
gen, so muss der Steinschnitt oder die Fuge U K winkelrecht auf die Linie O U seyn.</item>
            </list><lb/>
            <p>Bei der Einsetzung des Steines ist aber zu bemerken, dass die Widerlage bei<lb/>
U nach der wagerechten Richtung einen Druck von 37,<hi rendition="#sub">5</hi>, und nach der senkrechten<lb/>
von 15 auszuhalten hat, dass sonach auch der Stein so scharf eingekeilt werden müss-<lb/>
te, um diesem Drucke zu widerstehen. Da diess mit einigen Schwierigkeiten verbun-<lb/>
den ist, so pflegt man solche Sturzsteine <hi rendition="#g">mit einem flachen Bogen zu über-<lb/>
wölben</hi>, und erst, nachdem dieser sich hinlänglich gesetzt hat, und ausgetrocknet<lb/>
ist, den Sturzstein frei einzulegen, welcher demnach nur den zwischen dem Gewölbe<lb/>
und dem Sturzsteine ausgemauerten Raum zu tragen hat, weil die übrige Last von dem<lb/>
darüber geführten Gewölbe getragen wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 382.</head><lb/>
            <p>Aus der vorhergehenden Rechnung ersehen wir, dass die ersten Glieder in den<note place="right">Fig.<lb/>
6.</note><lb/>
§. 380 gefundenen drei Gleichungen, welche die Grösse h zum Faktor haben, zur Un-<lb/>
terstützung des Parallelogrammes A W E B dienen, und <hi rendition="#g">zur Stützlinie eine Pa-<lb/>
rabel geben</hi>; die folgenden Glieder, welche mit b multiplicirt sind, enthalten die<lb/><hi rendition="#g">Abweichung der Stützlinie des elyptischen Gewölbes von der Para-<lb/>
bel</hi>; diese Glieder gehören sonach nur der Unterstützung des Raumes zwischen der<lb/>
horizontalen Linie durch den Scheitel des Gewölbes und dem elyptischen Bogen, oder<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[429/0459] Elyptische Brückengewölbe. Wir wollen nun diese Gleichung auf einen Sturzstein U K K' U' anwenden, welcher z. B. auf die Futtersteine eines Fensters gelegt wird, und zugleich die Last des darüber befindlichen Mauerwerkes durch eine, in seiner Masse liegende Wölbung voll- kommen stützen soll. Fig. 7. Tab. 19. Um die Fläche für den horizontalen Druck H zu bestimmen, setzen wir N p = U B = a, so ist a2 = [FORMEL], daraus folgt [FORMEL]. Der Druck, den der Stein nach der horizontalen Rich- tung bei U und U' äussert, ist demnach um so grösser, je grösser die Spannweite 2 a und das Verhältniss [FORMEL] ist. Beispiel. Es sey die Höhe des Sturzsteines E B = 1 Fuss, die Höhe i B = ½ Fuss, und die Höhe A B = 6 Fuss, endlich die Spannweite 2 a = 5 Fuss. Für diesen Fall ist der horizontale Druck [FORMEL]; der senkrechte Druck in den Punkten U und U' ist = a . h = 2,5 . 6 = 15, folglich der gesammte Druck, der sich aus diesen beiden nach der Rich- tung der Diagonale ergibt = √ (37,5 + 152) = √ 1631,25 = 40,39. Die Richtung dieses Druckes ergibt sich aus der bekannten Proportion: U T : O T wie der senkrechte Druck bei U zum horizontalen, also wie 15 : 37,5 = 1 : 2,5 = 2 : 5 = 2 B i : B U. Wenn wir demnach die Höhe 2 B i = 1 Fuss von U nach T senkrecht und von T noch O fünf Fuss horizontal auftra- gen, so muss der Steinschnitt oder die Fuge U K winkelrecht auf die Linie O U seyn. Bei der Einsetzung des Steines ist aber zu bemerken, dass die Widerlage bei U nach der wagerechten Richtung einen Druck von 37,5, und nach der senkrechten von 15 auszuhalten hat, dass sonach auch der Stein so scharf eingekeilt werden müss- te, um diesem Drucke zu widerstehen. Da diess mit einigen Schwierigkeiten verbun- den ist, so pflegt man solche Sturzsteine mit einem flachen Bogen zu über- wölben, und erst, nachdem dieser sich hinlänglich gesetzt hat, und ausgetrocknet ist, den Sturzstein frei einzulegen, welcher demnach nur den zwischen dem Gewölbe und dem Sturzsteine ausgemauerten Raum zu tragen hat, weil die übrige Last von dem darüber geführten Gewölbe getragen wird. §. 382. Aus der vorhergehenden Rechnung ersehen wir, dass die ersten Glieder in den §. 380 gefundenen drei Gleichungen, welche die Grösse h zum Faktor haben, zur Un- terstützung des Parallelogrammes A W E B dienen, und zur Stützlinie eine Pa- rabel geben; die folgenden Glieder, welche mit b multiplicirt sind, enthalten die Abweichung der Stützlinie des elyptischen Gewölbes von der Para- bel; diese Glieder gehören sonach nur der Unterstützung des Raumes zwischen der horizontalen Linie durch den Scheitel des Gewölbes und dem elyptischen Bogen, oder Fig. 6.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/459
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/459>, abgerufen am 25.11.2024.