Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Vortheilhastestes Prosil der Balken.
züglich bei sehr starken und langen schmiedeeisernen Stäben, deren Ausdehnung zu mes-
sen sehr unbequem, schwierig und ungenau wäre, weit leichter die viel grössere Bie-
gung messen
, und hiernach die Ausdehnung berechnen kann. Dasselbe findet
auch bei allen hölzernen Balken statt, deren Ausdehnung zu messen äusserst beschwer-
lich wäre.

Da übrigens die Proportion [Formel 1] sich nur auf den Fall der vollkommenen
Elasticität gründet, folglich nur statt findet, so lange die Biegungen sehr klein
sind, so kann auch die richtige Berechnung der Längenausdehnung durch die Biegung
nicht über das Maass der vollkommenen Elasticität erstreckt werden; es können daher grös-
sere Ausdehnungen, bei welchen eine bleibende Verlängerung eintritt, nach dieser Pro-
portion nicht berechnet werden.

§. 332.

Wir haben §. 302 aus der für den Bruch aufgestellten Gleichung [Formel 2] das
beste Verhältniss der Höhe zur Breite eines Balkens bestimmt, welcher aus einem runden
Stamme gezimmert werden kann. Da es aber vortheilhafter ist, bei diesem Gegenstande
zugleich auch die Biegung zu berücksichtigen, so wollen wir noch dasselbe Verhältniss
aus der Gleichung [Formel 3] ableiten. Die höhere Analysis lehrt uns *), dass dasFig.
5.
Tab.
16.

Produkt B . H3 bei einem gegebenen Halbmesser r des runden Stammes in dem Falle am
grössten wird, wenn die Breite G D = B = r und die Höhe [Formel 10] r, also
B : H = 4 : 7 sich verhält. Demnach muss der Durchmesser des Stammes K L in 4 gleiche
Theile getheilt, in G und D die Perpendikeln F A und E B errichtet und A mit B, dann
F mit E verbunden werden. Die hiedurch erhaltene Figur A B E F gibt dem Balken das
grösste Tragungsvermögen mit Rücksicht auf seine Biegung.

Man findet in dieser Hinsicht in England bei den meisten wichtigern Bauten dieses
Verhältniss bereits angewendet.

*) Es sey Fig. 5 der Durchschnitt eines runden Stammes, woraus der Balken A B E F gezimmert wird,Fig.
5.

dessen Höhe A F = H = 2 y und Breite G D = B = 2 x ist. Da das Produkt B . H3 = 2 x . 8 y3 ein
Maximum werden muss, so muss das Differenziale y3 . d x + 3 x . y2 . d y oder y . d x + 3 x . d y = 0
werden; demnach ist [Formel 4] .
Die Gleichung für den Kreis gibt y2 + x2 = r2, demnach y . d y + x . d x = 0, oder
[Formel 5] .
Es ist daher auch -- [Formel 6] oder y2 = 3 x2, demnach y : x = H : B = [Formel 7] bei-
nahe. Substituiren wir diesen Werth in die Gleichung y2 + x2 = r2, so ist 3 x2 + x2 = r2 und [Formel 8] ,
welches den weitern Werth [Formel 9] r gibt.
Gerstners Mechanik. Band I. 46

Vortheilhaſtestes Prosil der Balken.
züglich bei sehr starken und langen schmiedeeisernen Stäben, deren Ausdehnung zu mes-
sen sehr unbequem, schwierig und ungenau wäre, weit leichter die viel grössere Bie-
gung messen
, und hiernach die Ausdehnung berechnen kann. Dasselbe findet
auch bei allen hölzernen Balken statt, deren Ausdehnung zu messen äusserst beschwer-
lich wäre.

Da übrigens die Proportion [Formel 1] sich nur auf den Fall der vollkommenen
Elasticität gründet, folglich nur statt findet, so lange die Biegungen sehr klein
sind, so kann auch die richtige Berechnung der Längenausdehnung durch die Biegung
nicht über das Maass der vollkommenen Elasticität erstreckt werden; es können daher grös-
sere Ausdehnungen, bei welchen eine bleibende Verlängerung eintritt, nach dieser Pro-
portion nicht berechnet werden.

§. 332.

Wir haben §. 302 aus der für den Bruch aufgestellten Gleichung [Formel 2] das
beste Verhältniss der Höhe zur Breite eines Balkens bestimmt, welcher aus einem runden
Stamme gezimmert werden kann. Da es aber vortheilhafter ist, bei diesem Gegenstande
zugleich auch die Biegung zu berücksichtigen, so wollen wir noch dasselbe Verhältniss
aus der Gleichung [Formel 3] ableiten. Die höhere Analysis lehrt uns *), dass dasFig.
5.
Tab.
16.

Produkt B . H3 bei einem gegebenen Halbmesser r des runden Stammes in dem Falle am
grössten wird, wenn die Breite G D = B = r und die Höhe [Formel 10] r, also
B : H = 4 : 7 sich verhält. Demnach muss der Durchmesser des Stammes K L in 4 gleiche
Theile getheilt, in G und D die Perpendikeln F A und E B errichtet und A mit B, dann
F mit E verbunden werden. Die hiedurch erhaltene Figur A B E F gibt dem Balken das
grösste Tragungsvermögen mit Rücksicht auf seine Biegung.

Man findet in dieser Hinsicht in England bei den meisten wichtigern Bauten dieses
Verhältniss bereits angewendet.

*) Es sey Fig. 5 der Durchschnitt eines runden Stammes, woraus der Balken A B E F gezimmert wird,Fig.
5.

dessen Höhe A F = H = 2 y und Breite G D = B = 2 x ist. Da das Produkt B . H3 = 2 x . 8 y3 ein
Maximum werden muss, so muss das Differenziale y3 . d x + 3 x . y2 . d y oder y . d x + 3 x . d y = 0
werden; demnach ist [Formel 4] .
Die Gleichung für den Kreis gibt y2 + x2 = r2, demnach y . d y + x . d x = 0, oder
[Formel 5] .
Es ist daher auch — [Formel 6] oder y2 = 3 x2, demnach y : x = H : B = [Formel 7] bei-
nahe. Substituiren wir diesen Werth in die Gleichung y2 + x2 = r2, so ist 3 x2 + x2 = r2 und [Formel 8] ,
welches den weitern Werth [Formel 9] r gibt.
Gerstners Męchanik. Band I. 46
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0391" n="361"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#i">Vortheilha&#x017F;testes Prosil der Balken</hi>.</fw><lb/>
züglich bei sehr starken und langen schmiedeeisernen Stäben, deren Ausdehnung zu mes-<lb/>
sen sehr unbequem, schwierig und ungenau wäre, weit leichter die viel grössere <hi rendition="#g">Bie-<lb/>
gung messen</hi>, und hiernach die <hi rendition="#g">Ausdehnung berechnen</hi> kann. Dasselbe findet<lb/>
auch bei allen hölzernen Balken statt, deren Ausdehnung zu messen äusserst beschwer-<lb/>
lich wäre.</p><lb/>
              <p>Da übrigens die Proportion <formula/> sich nur auf den Fall der vollkommenen<lb/>
Elasticität gründet, folglich nur statt findet, so lange die <hi rendition="#g">Biegungen sehr klein</hi><lb/>
sind, so kann auch die richtige Berechnung der Längenausdehnung durch die Biegung<lb/>
nicht über das Maass der vollkommenen Elasticität erstreckt werden; es können daher grös-<lb/>
sere Ausdehnungen, bei welchen eine bleibende Verlängerung eintritt, nach dieser Pro-<lb/>
portion nicht berechnet werden.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 332.</head><lb/>
              <p>Wir haben §. 302 aus der für den Bruch aufgestellten Gleichung <formula/> das<lb/>
beste Verhältniss der Höhe zur Breite eines Balkens bestimmt, welcher aus einem runden<lb/>
Stamme gezimmert werden kann. Da es aber vortheilhafter ist, bei diesem Gegenstande<lb/>
zugleich auch die Biegung zu berücksichtigen, so wollen wir noch dasselbe Verhältniss<lb/>
aus der Gleichung <formula/> ableiten. Die höhere Analysis lehrt uns <note place="foot" n="*)">Es sey Fig. 5 der Durchschnitt eines runden Stammes, woraus der Balken A B E F gezimmert wird,<note place="right">Fig.<lb/>
5.</note><lb/>
dessen Höhe A F = H = 2 y und Breite G D = B = 2 x ist. Da das Produkt B . H<hi rendition="#sup">3</hi> = 2 x . 8 y<hi rendition="#sup">3</hi> ein<lb/>
Maximum werden muss, so muss das Differenziale y<hi rendition="#sup">3</hi> . d x + 3 x . y<hi rendition="#sup">2</hi> . d y oder y . d x + 3 x . d y = 0<lb/>
werden; demnach ist <formula/>.<lb/>
Die Gleichung für den Kreis gibt y<hi rendition="#sup">2</hi> + x<hi rendition="#sup">2</hi> = r<hi rendition="#sup">2</hi>, demnach y . d y + x . d x = 0, oder<lb/><formula/>.<lb/>
Es ist daher auch &#x2014; <formula/> oder y<hi rendition="#sup">2</hi> = 3 x<hi rendition="#sup">2</hi>, demnach y : x = H : B = <formula/> bei-<lb/>
nahe. Substituiren wir diesen Werth in die Gleichung y<hi rendition="#sup">2</hi> + x<hi rendition="#sup">2</hi> = r<hi rendition="#sup">2</hi>, so ist 3 x<hi rendition="#sup">2</hi> + x<hi rendition="#sup">2</hi> = r<hi rendition="#sup">2</hi> und <formula/>,<lb/>
welches den weitern Werth <formula/> r gibt.</note>, dass das<note place="right">Fig.<lb/>
5.<lb/>
Tab.<lb/>
16.</note><lb/>
Produkt B . H<hi rendition="#sup">3</hi> bei einem gegebenen Halbmesser r des runden Stammes in dem Falle am<lb/>
grössten wird, wenn die Breite G D = B = r und die Höhe <formula/> r, also<lb/>
B : H = 4 : 7 sich verhält. Demnach muss der Durchmesser des Stammes K L in 4 gleiche<lb/>
Theile getheilt, in G und D die Perpendikeln F A und E B errichtet und A mit B, dann<lb/>
F mit E verbunden werden. Die hiedurch erhaltene Figur A B E F gibt dem Balken das<lb/>
grösste Tragungsvermögen mit Rücksicht auf seine Biegung.</p><lb/>
              <p>Man findet in dieser Hinsicht in England bei den meisten wichtigern Bauten dieses<lb/>
Verhältniss bereits angewendet.</p>
            </div><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">Gerstners M&#x0119;chanik. Band I. 46</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[361/0391] Vortheilhaſtestes Prosil der Balken. züglich bei sehr starken und langen schmiedeeisernen Stäben, deren Ausdehnung zu mes- sen sehr unbequem, schwierig und ungenau wäre, weit leichter die viel grössere Bie- gung messen, und hiernach die Ausdehnung berechnen kann. Dasselbe findet auch bei allen hölzernen Balken statt, deren Ausdehnung zu messen äusserst beschwer- lich wäre. Da übrigens die Proportion [FORMEL] sich nur auf den Fall der vollkommenen Elasticität gründet, folglich nur statt findet, so lange die Biegungen sehr klein sind, so kann auch die richtige Berechnung der Längenausdehnung durch die Biegung nicht über das Maass der vollkommenen Elasticität erstreckt werden; es können daher grös- sere Ausdehnungen, bei welchen eine bleibende Verlängerung eintritt, nach dieser Pro- portion nicht berechnet werden. §. 332. Wir haben §. 302 aus der für den Bruch aufgestellten Gleichung [FORMEL] das beste Verhältniss der Höhe zur Breite eines Balkens bestimmt, welcher aus einem runden Stamme gezimmert werden kann. Da es aber vortheilhafter ist, bei diesem Gegenstande zugleich auch die Biegung zu berücksichtigen, so wollen wir noch dasselbe Verhältniss aus der Gleichung [FORMEL] ableiten. Die höhere Analysis lehrt uns *), dass das Produkt B . H3 bei einem gegebenen Halbmesser r des runden Stammes in dem Falle am grössten wird, wenn die Breite G D = B = r und die Höhe [FORMEL] r, also B : H = 4 : 7 sich verhält. Demnach muss der Durchmesser des Stammes K L in 4 gleiche Theile getheilt, in G und D die Perpendikeln F A und E B errichtet und A mit B, dann F mit E verbunden werden. Die hiedurch erhaltene Figur A B E F gibt dem Balken das grösste Tragungsvermögen mit Rücksicht auf seine Biegung. Fig. 5. Tab. 16. Man findet in dieser Hinsicht in England bei den meisten wichtigern Bauten dieses Verhältniss bereits angewendet. *) Es sey Fig. 5 der Durchschnitt eines runden Stammes, woraus der Balken A B E F gezimmert wird, dessen Höhe A F = H = 2 y und Breite G D = B = 2 x ist. Da das Produkt B . H3 = 2 x . 8 y3 ein Maximum werden muss, so muss das Differenziale y3 . d x + 3 x . y2 . d y oder y . d x + 3 x . d y = 0 werden; demnach ist [FORMEL]. Die Gleichung für den Kreis gibt y2 + x2 = r2, demnach y . d y + x . d x = 0, oder [FORMEL]. Es ist daher auch — [FORMEL] oder y2 = 3 x2, demnach y : x = H : B = [FORMEL] bei- nahe. Substituiren wir diesen Werth in die Gleichung y2 + x2 = r2, so ist 3 x2 + x2 = r2 und [FORMEL], welches den weitern Werth [FORMEL] r gibt. Gerstners Męchanik. Band I. 46

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/391
Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/391>, abgerufen am 25.11.2024.