Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.Vorzüge der Ketten vor den Seilen. §. 245. Wir haben bereits früher auf die Vorzüge, welche eiserne Ketten vor Seilen be- 1tens. Kann eine eiserne Kette so verfertigt werden, dass eine jede Klafter die gehö- rige, der daran hängenden Last entsprechende Stärke und das gehörige Gewicht er- hält, demnach nicht stärker und schwerer, als es nothwendig ist, zu seyn braucht. Dagegen werden alle langen Bergseile von gleicher Stärke gemacht, sie sind daher immer an ihrem untern Ende im Verhältnisse zu ihrer angehängten Last zu schwer. Das ganze Gewicht eines Treibseiles fällt daher schwerer, als das Gewicht einer gleich langen Treibkette aus. 2tens. Die Dauer eines Treibseiles beträgt gewöhnlich nur 2 bis 3 Jahre, wogegen die in Krussna Hora bei dem Pferdegöpel gebrauchte, §. 230 beschriebene Treib- kette während 29 Jahren ohne Unterbrechung im Gebrauche war, und noch weit länger gedauert hätte, wenn nicht die Förderung der Erze durch den Schacht aufgegeben worden wäre. Man darf in dieser Hinsicht die Dauer gut verfertigter eiserner Ketten auf 100 und mehr Jahre annehmen, da man wenigstens bei der Kette in Krussna Hora gar keine Abnützung gefunden hat. 3tens. Wird bei einer Treibkette ein Glied durch irgend einen Umstand schadhaft, so wird diess sehr leicht ausgewechselt, wogegen bei einem Seilbruche keine ähn- liche Verbesserung statt finden kann, sondern ein ganz neues Seil herbeigeschafft werden muss. Obgleich die Kette auf Krussna Hora, wie §. 230 angeführt wurde, vor ihrem Ge-Fig. In England ist bereits für die Marine die Verordnung ergangen, sich der Ankerket- §. 246. Es fragt sich nun, wie die Stärke oder das Gewicht für jede einzelne Zu diesem Zwecke muss erst durch einen Versuch ausgemittelt werden, welche Gerstners Mechanik. Band I. 32
Vorzüge der Ketten vor den Seilen. §. 245. Wir haben bereits früher auf die Vorzüge, welche eiserne Ketten vor Seilen be- 1tens. Kann eine eiserne Kette so verfertigt werden, dass eine jede Klafter die gehö- rige, der daran hängenden Last entsprechende Stärke und das gehörige Gewicht er- hält, demnach nicht stärker und schwerer, als es nothwendig ist, zu seyn braucht. Dagegen werden alle langen Bergseile von gleicher Stärke gemacht, sie sind daher immer an ihrem untern Ende im Verhältnisse zu ihrer angehängten Last zu schwer. Das ganze Gewicht eines Treibseiles fällt daher schwerer, als das Gewicht einer gleich langen Treibkette aus. 2tens. Die Dauer eines Treibseiles beträgt gewöhnlich nur 2 bis 3 Jahre, wogegen die in Krussna Hora bei dem Pferdegöpel gebrauchte, §. 230 beschriebene Treib- kette während 29 Jahren ohne Unterbrechung im Gebrauche war, und noch weit länger gedauert hätte, wenn nicht die Förderung der Erze durch den Schacht aufgegeben worden wäre. Man darf in dieser Hinsicht die Dauer gut verfertigter eiserner Ketten auf 100 und mehr Jahre annehmen, da man wenigstens bei der Kette in Krussna Hora gar keine Abnützung gefunden hat. 3tens. Wird bei einer Treibkette ein Glied durch irgend einen Umstand schadhaft, so wird diess sehr leicht ausgewechselt, wogegen bei einem Seilbruche keine ähn- liche Verbesserung statt finden kann, sondern ein ganz neues Seil herbeigeschafft werden muss. Obgleich die Kette auf Krussna Hora, wie §. 230 angeführt wurde, vor ihrem Ge-Fig. In England ist bereits für die Marine die Verordnung ergangen, sich der Ankerket- §. 246. Es fragt sich nun, wie die Stärke oder das Gewicht für jede einzelne Zu diesem Zwecke muss erst durch einen Versuch ausgemittelt werden, welche Gerstners Mechanik. Band I. 32
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Vorzüge der Ketten vor den Seilen.
§. 245.
Wir haben bereits früher auf die Vorzüge, welche eiserne Ketten vor Seilen be-
sitzen, aufmerksam gemacht. Diese Vorzüge sind nämlich:
1tens. Kann eine eiserne Kette so verfertigt werden, dass eine jede Klafter die gehö-
rige, der daran hängenden Last entsprechende Stärke und das gehörige Gewicht er-
hält, demnach nicht stärker und schwerer, als es nothwendig ist, zu seyn braucht.
Dagegen werden alle langen Bergseile von gleicher Stärke gemacht, sie sind daher
immer an ihrem untern Ende im Verhältnisse zu ihrer angehängten Last zu schwer.
Das ganze Gewicht eines Treibseiles fällt daher schwerer, als das Gewicht einer
gleich langen Treibkette aus.
2tens. Die Dauer eines Treibseiles beträgt gewöhnlich nur 2 bis 3 Jahre, wogegen
die in Krussna Hora bei dem Pferdegöpel gebrauchte, §. 230 beschriebene Treib-
kette während 29 Jahren ohne Unterbrechung im Gebrauche war, und noch weit
länger gedauert hätte, wenn nicht die Förderung der Erze durch den Schacht
aufgegeben worden wäre. Man darf in dieser Hinsicht die Dauer gut verfertigter
eiserner Ketten auf 100 und mehr Jahre annehmen, da man wenigstens bei der
Kette in Krussna Hora gar keine Abnützung gefunden hat.
3tens. Wird bei einer Treibkette ein Glied durch irgend einen Umstand schadhaft,
so wird diess sehr leicht ausgewechselt, wogegen bei einem Seilbruche keine ähn-
liche Verbesserung statt finden kann, sondern ein ganz neues Seil herbeigeschafft
werden muss.
Obgleich die Kette auf Krussna Hora, wie §. 230 angeführt wurde, vor ihrem Ge-
brauche mit einer viel grössern Last versucht worden ist, so hat sich doch nach einigen
Jahren ihrer Verwendung an einem Gliede, welches wie Fig. 7 Tab. 13 zeigt, vierfach ge-
wunden ist, oder aus vier Fäden besteht, bei a, wo die Schweissung vorhanden war, ein
Sprung ergeben. Diese Stelle wurde vom Steiger durch Anbinden eines Zeichens bemerk-
bar gemacht und die Erzförderung während einiger Tage noch fortgesetzt, bis sich näm-
lich die Oeffnung bei a so erweitert hatte, dass die Fortsetzung des Treibens bedenklich
schien. Es wurde nun das Treiben eingestellt und die mangelhafte Stelle durch Ersetzung
eines neuen Gliedes verbessert, in welchem Zustande die Kette sodann ohne allen weitern
Anstand durch die übrigen Jahre gebraucht wurde.
Fig.
7.
Tab.
13.
In England ist bereits für die Marine die Verordnung ergangen, sich der Ankerket-
ten statt der Ankerseile zu bedienen, und es dürfte demnach die Zeit nicht mehr ferne
seyn, in welcher dort Ketten statt der Seile, nicht bloss als Ankertaue, sondern auch bei
Bergwerken in Gebrauch kommen dürften, zumal da der rohe Hanf meistens aus fremden
Ländern und vorzüglich aus Russland nach England eingeführt wird.
§. 246.
Es fragt sich nun, wie die Stärke oder das Gewicht für jede einzelne
Klafter einer Treibkette zu bestimmen sey?
Zu diesem Zwecke muss erst durch einen Versuch ausgemittelt werden, welche
Last (q) eine Klafter-Kette, die 1 ℔ wiegt, mit Sicherheit zu tragen im Stande ist.
Gerstners Mechanik. Band I. 32
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