schleunigter Bewegung fortsetzen. Um diess zu verhüten, müssen die Pferde anhalten, statt zu ziehen, und da dieses Zurückhalten beschwerlich ist, und zuletzt ganz un- möglich werden kann, so wird von dem Augenblicke, wo das Gewicht des Gegenseiles grösser zu werden anfängt als das Gewicht des Zugseiles sammt der Ladung, ein neuer Wi- derstand dadurch gebildet, dass man den sogenannten Schlepphund oder Gapelhund an den Kreutzbaum anhängt. Dieser Schlepphund besteht aus zwei oder mehreren zusammen- gefügten runden Bäumen, welche mit Steinen so stark beschwert werden, bis sie durch ihre Reibung am Boden der grössern Kraft, die durch die Uiberwucht des Gegenseiles ent- steht, das gehörige Gleichgewicht zu halten im Stande sind.
Hieraus ergibt sich nun, welche Schwierigkeiten durch das Gewicht des Seiles entste- hen, indem die Kraft vom Anfange das ganze Gewicht desselben zu ziehen hat, hierauf der Widerstand immer kleiner wird, folglich ein Theil der vorhandenen Kraft unbenützt bleibt; dann aber die Pferde das für den Zweck des Heraufziehens unnütze Gewicht des Schlepphundes fortziehen müssen. Das Letztere fällt ihnen im ersten Augenblicke dess- halb sehr schwer, da es so gross seyn muss, als nöthig ist, um der bedeutenden Kraft, womit die Pferde zu Ende des Zuges anhalten müssen, das Gleichgewicht zu halten.
§. 216.
Ein Beispiel wird das bisher Angeführte deutlicher erklären: Auf dem Siegelsberge bei Schemnitz ist die Teufe des senkrechten oder seigeren Schachtes 150 Lachter. Eine Lachter des hiebei angewandten Treibseiles wiegt 10 Lb, und hiemit wird bei jedem Zuge eine Last von 9 Laufpaaren oder 9 Zentnern zu Tage gefördert. Da sich nun die beider- seitigen Tonnen in jedem Falle ausgleichen, so hat die Kraft nebst dem Gewichte der Ladung (9 Zentner) zugleich auch das Gewicht des 150 Lachter langen Seiles (15 Zentner), den Widerstand der Reibung und die Unbiegsamkeit der Seile (welche beiläufig auf zwei Zentner angeschlagen werden), daher 26 Zentner zu ziehen. Diess findet jedoch nur bei dem Anfange des Zuges statt, da diese Last mit der Höhe abnimmt. Wenn nämlich der Treibsack oder die volle Tonne die Höhe der ersten zehn Lachter erreicht hat, so ist das Zugseil um 1 Zentner leichter, da sich 10 Lachter desselben um den Treibkorb aufgewun- den haben; und da ferner die leere Tonne während derselben Zeit auf die Tiefe von 10 Lachtern herabging, so beträgt das Gewicht dieses Gegenseiles, welches sich vom Treib- korbe abgewunden hat, und der Kraft zu Hülfe kommt, auch 1 Zentner; die ganze Ver- minderung des Widerstandes macht sonach auf der Höhe von 10 Lachtern schon 2 Zent- ner, demnach hat die Kraft nicht mehr 26 Zentner wie vom Anfange, sondern bloss 24 Zentner zu gewältigen.
Ist die Last auf die Höhe von 20 Lachtern über den Füllort gestiegen, so ist das Zugseil um 2 Zentner leichter, und das Gegenseil um eben so viel schwerer, der Wi- derstand ist daher um 4 Zentner kleiner als vom Anfange, und beträgt bloss 22 Zent- ner. Die weitere Abnahme ist aus folgender Tabelle zu ersehen:
Pferdegöpel.
schleunigter Bewegung fortsetzen. Um diess zu verhüten, müssen die Pferde anhalten, statt zu ziehen, und da dieses Zurückhalten beschwerlich ist, und zuletzt ganz un- möglich werden kann, so wird von dem Augenblicke, wo das Gewicht des Gegenseiles grösser zu werden anfängt als das Gewicht des Zugseiles sammt der Ladung, ein neuer Wi- derstand dadurch gebildet, dass man den sogenannten Schlepphund oder Gapelhund an den Kreutzbaum anhängt. Dieser Schlepphund besteht aus zwei oder mehreren zusammen- gefügten runden Bäumen, welche mit Steinen so stark beschwert werden, bis sie durch ihre Reibung am Boden der grössern Kraft, die durch die Uiberwucht des Gegenseiles ent- steht, das gehörige Gleichgewicht zu halten im Stande sind.
Hieraus ergibt sich nun, welche Schwierigkeiten durch das Gewicht des Seiles entste- hen, indem die Kraft vom Anfange das ganze Gewicht desselben zu ziehen hat, hierauf der Widerstand immer kleiner wird, folglich ein Theil der vorhandenen Kraft unbenützt bleibt; dann aber die Pferde das für den Zweck des Heraufziehens unnütze Gewicht des Schlepphundes fortziehen müssen. Das Letztere fällt ihnen im ersten Augenblicke dess- halb sehr schwer, da es so gross seyn muss, als nöthig ist, um der bedeutenden Kraft, womit die Pferde zu Ende des Zuges anhalten müssen, das Gleichgewicht zu halten.
§. 216.
Ein Beispiel wird das bisher Angeführte deutlicher erklären: Auf dem Siegelsberge bei Schemnitz ist die Teufe des senkrechten oder seigeren Schachtes 150 Lachter. Eine Lachter des hiebei angewandten Treibseiles wiegt 10 ℔, und hiemit wird bei jedem Zuge eine Last von 9 Laufpaaren oder 9 Zentnern zu Tage gefördert. Da sich nun die beider- seitigen Tonnen in jedem Falle ausgleichen, so hat die Kraft nebst dem Gewichte der Ladung (9 Zentner) zugleich auch das Gewicht des 150 Lachter langen Seiles (15 Zentner), den Widerstand der Reibung und die Unbiegsamkeit der Seile (welche beiläufig auf zwei Zentner angeschlagen werden), daher 26 Zentner zu ziehen. Diess findet jedoch nur bei dem Anfange des Zuges statt, da diese Last mit der Höhe abnimmt. Wenn nämlich der Treibsack oder die volle Tonne die Höhe der ersten zehn Lachter erreicht hat, so ist das Zugseil um 1 Zentner leichter, da sich 10 Lachter desselben um den Treibkorb aufgewun- den haben; und da ferner die leere Tonne während derselben Zeit auf die Tiefe von 10 Lachtern herabging, so beträgt das Gewicht dieses Gegenseiles, welches sich vom Treib- korbe abgewunden hat, und der Kraft zu Hülfe kommt, auch 1 Zentner; die ganze Ver- minderung des Widerstandes macht sonach auf der Höhe von 10 Lachtern schon 2 Zent- ner, demnach hat die Kraft nicht mehr 26 Zentner wie vom Anfange, sondern bloss 24 Zentner zu gewältigen.
Ist die Last auf die Höhe von 20 Lachtern über den Füllort gestiegen, so ist das Zugseil um 2 Zentner leichter, und das Gegenseil um eben so viel schwerer, der Wi- derstand ist daher um 4 Zentner kleiner als vom Anfange, und beträgt bloss 22 Zent- ner. Die weitere Abnahme ist aus folgender Tabelle zu ersehen:
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0250"n="220"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#i">Pferdegöpel</hi>.</fw><lb/>
schleunigter Bewegung fortsetzen. Um diess zu verhüten, müssen die Pferde anhalten,<lb/>
statt zu ziehen, und da dieses Zurückhalten beschwerlich ist, und zuletzt ganz un-<lb/>
möglich werden kann, so wird von dem Augenblicke, wo das Gewicht des Gegenseiles<lb/>
grösser zu werden anfängt als das Gewicht des Zugseiles sammt der Ladung, ein neuer Wi-<lb/>
derstand dadurch gebildet, dass man den sogenannten <hirendition="#g">Schlepphund</hi> oder Gapelhund an<lb/>
den Kreutzbaum anhängt. Dieser Schlepphund besteht aus zwei oder mehreren zusammen-<lb/>
gefügten runden Bäumen, welche mit Steinen so stark beschwert werden, bis sie durch<lb/>
ihre Reibung am Boden der grössern Kraft, die durch die Uiberwucht des Gegenseiles ent-<lb/>
steht, das gehörige Gleichgewicht zu halten im Stande sind.</p><lb/><p>Hieraus ergibt sich nun, welche Schwierigkeiten durch das Gewicht des Seiles entste-<lb/>
hen, indem die Kraft vom Anfange das ganze Gewicht desselben zu ziehen hat, hierauf<lb/>
der Widerstand immer kleiner wird, folglich ein Theil der vorhandenen Kraft unbenützt<lb/>
bleibt; dann aber die Pferde das für den Zweck des Heraufziehens unnütze Gewicht des<lb/>
Schlepphundes fortziehen müssen. Das Letztere fällt ihnen im ersten Augenblicke dess-<lb/>
halb sehr schwer, da es so gross seyn muss, als nöthig ist, um der bedeutenden Kraft,<lb/>
womit die Pferde zu Ende des Zuges anhalten müssen, das Gleichgewicht zu halten.</p></div><lb/><divn="4"><head>§. 216.</head><lb/><p>Ein Beispiel wird das bisher Angeführte deutlicher erklären: Auf dem Siegelsberge<lb/>
bei Schemnitz ist die Teufe des senkrechten oder seigeren Schachtes 150 Lachter. Eine<lb/>
Lachter des hiebei angewandten Treibseiles wiegt 10 ℔, und hiemit wird bei jedem Zuge<lb/>
eine Last von 9 Laufpaaren oder 9 Zentnern zu Tage gefördert. Da sich nun die beider-<lb/>
seitigen Tonnen in jedem Falle ausgleichen, so hat die Kraft nebst dem Gewichte der<lb/>
Ladung (9 Zentner) zugleich auch das Gewicht des 150 Lachter langen Seiles (15 Zentner),<lb/>
den Widerstand der Reibung und die Unbiegsamkeit der Seile (welche beiläufig auf<lb/>
zwei Zentner angeschlagen werden), daher 26 Zentner zu ziehen. Diess findet jedoch nur<lb/>
bei dem Anfange des Zuges statt, da diese Last mit der Höhe abnimmt. Wenn nämlich der<lb/>
Treibsack oder die volle Tonne die Höhe der ersten zehn Lachter erreicht hat, so ist das<lb/>
Zugseil um 1 Zentner leichter, da sich 10 Lachter desselben um den Treibkorb aufgewun-<lb/>
den haben; und da ferner die leere Tonne während derselben Zeit auf die Tiefe von 10<lb/>
Lachtern herabging, so beträgt das Gewicht dieses Gegenseiles, welches sich vom Treib-<lb/>
korbe abgewunden hat, und der Kraft zu Hülfe kommt, auch 1 Zentner; die ganze Ver-<lb/>
minderung des Widerstandes macht sonach auf der Höhe von 10 Lachtern schon 2 Zent-<lb/>
ner, demnach hat die Kraft nicht mehr 26 Zentner wie vom Anfange, sondern bloss<lb/>
24 Zentner zu gewältigen.</p><lb/><p>Ist die Last auf die Höhe von 20 Lachtern über den Füllort gestiegen, so ist das<lb/>
Zugseil um 2 Zentner leichter, und das Gegenseil um eben so viel schwerer, der Wi-<lb/>
derstand ist daher um 4 Zentner kleiner als vom Anfange, und beträgt bloss 22 Zent-<lb/>
ner. Die weitere Abnahme ist aus folgender Tabelle zu ersehen:</p><lb/></div></div></div></div></body></text></TEI>
[220/0250]
Pferdegöpel.
schleunigter Bewegung fortsetzen. Um diess zu verhüten, müssen die Pferde anhalten,
statt zu ziehen, und da dieses Zurückhalten beschwerlich ist, und zuletzt ganz un-
möglich werden kann, so wird von dem Augenblicke, wo das Gewicht des Gegenseiles
grösser zu werden anfängt als das Gewicht des Zugseiles sammt der Ladung, ein neuer Wi-
derstand dadurch gebildet, dass man den sogenannten Schlepphund oder Gapelhund an
den Kreutzbaum anhängt. Dieser Schlepphund besteht aus zwei oder mehreren zusammen-
gefügten runden Bäumen, welche mit Steinen so stark beschwert werden, bis sie durch
ihre Reibung am Boden der grössern Kraft, die durch die Uiberwucht des Gegenseiles ent-
steht, das gehörige Gleichgewicht zu halten im Stande sind.
Hieraus ergibt sich nun, welche Schwierigkeiten durch das Gewicht des Seiles entste-
hen, indem die Kraft vom Anfange das ganze Gewicht desselben zu ziehen hat, hierauf
der Widerstand immer kleiner wird, folglich ein Theil der vorhandenen Kraft unbenützt
bleibt; dann aber die Pferde das für den Zweck des Heraufziehens unnütze Gewicht des
Schlepphundes fortziehen müssen. Das Letztere fällt ihnen im ersten Augenblicke dess-
halb sehr schwer, da es so gross seyn muss, als nöthig ist, um der bedeutenden Kraft,
womit die Pferde zu Ende des Zuges anhalten müssen, das Gleichgewicht zu halten.
§. 216.
Ein Beispiel wird das bisher Angeführte deutlicher erklären: Auf dem Siegelsberge
bei Schemnitz ist die Teufe des senkrechten oder seigeren Schachtes 150 Lachter. Eine
Lachter des hiebei angewandten Treibseiles wiegt 10 ℔, und hiemit wird bei jedem Zuge
eine Last von 9 Laufpaaren oder 9 Zentnern zu Tage gefördert. Da sich nun die beider-
seitigen Tonnen in jedem Falle ausgleichen, so hat die Kraft nebst dem Gewichte der
Ladung (9 Zentner) zugleich auch das Gewicht des 150 Lachter langen Seiles (15 Zentner),
den Widerstand der Reibung und die Unbiegsamkeit der Seile (welche beiläufig auf
zwei Zentner angeschlagen werden), daher 26 Zentner zu ziehen. Diess findet jedoch nur
bei dem Anfange des Zuges statt, da diese Last mit der Höhe abnimmt. Wenn nämlich der
Treibsack oder die volle Tonne die Höhe der ersten zehn Lachter erreicht hat, so ist das
Zugseil um 1 Zentner leichter, da sich 10 Lachter desselben um den Treibkorb aufgewun-
den haben; und da ferner die leere Tonne während derselben Zeit auf die Tiefe von 10
Lachtern herabging, so beträgt das Gewicht dieses Gegenseiles, welches sich vom Treib-
korbe abgewunden hat, und der Kraft zu Hülfe kommt, auch 1 Zentner; die ganze Ver-
minderung des Widerstandes macht sonach auf der Höhe von 10 Lachtern schon 2 Zent-
ner, demnach hat die Kraft nicht mehr 26 Zentner wie vom Anfange, sondern bloss
24 Zentner zu gewältigen.
Ist die Last auf die Höhe von 20 Lachtern über den Füllort gestiegen, so ist das
Zugseil um 2 Zentner leichter, und das Gegenseil um eben so viel schwerer, der Wi-
derstand ist daher um 4 Zentner kleiner als vom Anfange, und beträgt bloss 22 Zent-
ner. Die weitere Abnahme ist aus folgender Tabelle zu ersehen:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/250>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.