Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831.Krämerwage. Wage und müsste sich einer unrichtigen zum Abwägen bedienen; es frägt sich daher, wieman mittelst einer unrichtigen Krämerwage das wahre Gewicht ei- ner Waare finden könne. In diesem Falle legt man bei der Umwechslung der Gewichte ein anderes GewichtFig. Beispiel. Hätte man das Gewicht einer Waare in einer Schale der Wage = 81 Lb und nach dem Umwechseln in der andern Schale = 100 Lb gefunden, so ist das wahre Ge- wicht derselben = [Formel 3] = 90 Lb, welches von dem Mittel beider Gewichte, nämlich [Formel 4] = 90,5 Lb, um 1/2 Lb abweicht; man würde daher in diesem Falle durch Annahme des Mittels um 1/2 Lb vom wahren Gewichte fehlen. Stünde jedoch in ei- nem andern Falle die Waare auf der einen Seite mit 100, und auf der andern mit 101 Lb im Gleichgewichte, so ist das wahre Gewicht = [Formel 5] = 100,4987, wogegen das Mittel [Formel 6] = 100,5000 beträgt; woraus man sieht, dass man nur bei kleinen Unterschieden das Mittel allenfalls für das wahre Gewicht annehmen könne. §. 169. Die zweite Eigenschaft oder die zweite Forderung, welche man an eine Krä-Fig. Nehmen wir im Gegentheile an, die Achse der Wage sey in o oder mit den zweiFig. 22 *
Krämerwage. Wage und müsste sich einer unrichtigen zum Abwägen bedienen; es frägt sich daher, wieman mittelst einer unrichtigen Krämerwage das wahre Gewicht ei- ner Waare finden könne. In diesem Falle legt man bei der Umwechslung der Gewichte ein anderes GewichtFig. Beispiel. Hätte man das Gewicht einer Waare in einer Schale der Wage = 81 ℔ und nach dem Umwechseln in der andern Schale = 100 ℔ gefunden, so ist das wahre Ge- wicht derselben = [Formel 3] = 90 ℔, welches von dem Mittel beider Gewichte, nämlich [Formel 4] = 90,5 ℔, um ½ ℔ abweicht; man würde daher in diesem Falle durch Annahme des Mittels um ½ ℔ vom wahren Gewichte fehlen. Stünde jedoch in ei- nem andern Falle die Waare auf der einen Seite mit 100, und auf der andern mit 101 ℔ im Gleichgewichte, so ist das wahre Gewicht = [Formel 5] = 100,4987, wogegen das Mittel [Formel 6] = 100,5000 beträgt; woraus man sieht, dass man nur bei kleinen Unterschieden das Mittel allenfalls für das wahre Gewicht annehmen könne. §. 169. Die zweite Eigenschaft oder die zweite Forderung, welche man an eine Krä-Fig. Nehmen wir im Gegentheile an, die Achse der Wage sey in o oder mit den zweiFig. 22 *
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Krämerwage.
Wage und müsste sich einer unrichtigen zum Abwägen bedienen; es frägt sich daher, wie
man mittelst einer unrichtigen Krämerwage das wahre Gewicht ei-
ner Waare finden könne.
In diesem Falle legt man bei der Umwechslung der Gewichte ein anderes Gewicht
R in die Schale bei a, welches nun grösser oder kleiner als P seyn mag; erfolgt hiedurch
Gleichgewicht, so ist R . a c = W . b c und da wir im ersten Falle W . a c = P . b c hatten,
so erhalten wir durch die Division dieser zwei Gleichungen mit einander [FORMEL] und da-
her das wirkliche Gewicht der Waare [FORMEL].
Fig.
2.
Tab.
8.
Beispiel. Hätte man das Gewicht einer Waare in einer Schale der Wage = 81 ℔ und
nach dem Umwechseln in der andern Schale = 100 ℔ gefunden, so ist das wahre Ge-
wicht derselben = [FORMEL] = 90 ℔, welches von dem Mittel beider Gewichte, nämlich
[FORMEL] = 90,5 ℔, um ½ ℔ abweicht; man würde daher in diesem Falle durch
Annahme des Mittels um ½ ℔ vom wahren Gewichte fehlen. Stünde jedoch in ei-
nem andern Falle die Waare auf der einen Seite mit 100, und auf der andern mit 101 ℔
im Gleichgewichte, so ist das wahre Gewicht = [FORMEL] = 100,4987, wogegen das
Mittel [FORMEL] = 100,5000 beträgt; woraus man sieht, dass man nur bei kleinen
Unterschieden das Mittel allenfalls für das wahre Gewicht annehmen könne.
§. 169.
Die zweite Eigenschaft oder die zweite Forderung, welche man an eine Krä-
merwage macht, ist, dass sich die Wage bei gleichen Gewichten hori-
zontal stelle. Soll die Wage diese Eigenschaft besitzen, so muss die Achse dersel-
ben (nämlich der Punkt c, um welchen die Umdrehung geschieht) etwas über der Linie,
welche durch die beiden Aufhängspunkte a und b der Gewichte gezogen wird, erhöht
seyn, oder die Achse c muss mit den zwei Aufhängspunkten a und b ein gleichschenklich-
tes Dreieck a c b bilden. Wenn nämlich a und b die zwei Aufhängspunkte der Gewichte
sind, so muss der Schwerpunkt dieser Gewichte in der Mitte von a b oder in o vorhanden
seyn; derselbe wird sich daher im Zustande der Ruhe senkrecht unter der Achse befinden
müssen. Wird nun der Wagebalken gedreht, oder der Schwerpunkt von o nach d versetzt,
so erhält derselbe bei der Umdrehung um die Achse c den Hebelsarm d e, woraus das
Moment (W + P) d e entsteht. Dieses Moment treibt daher immer den Schwerpunkt der
Gewichte herab, bis der Wagebalken die horizontale Lage a b annimmt, wobei es
= 0 wird.
Fig.
3.
Nehmen wir im Gegentheile an, die Achse der Wage sey in o oder mit den zwei
Aufhängspunkten a und b in einer Linie, so wird der Schwerpunkt der Ge-
wichte keinen Einfluss mehr auf die Umdrehung haben, und es wird in jeder Lage a o b,
a' o b' ...., welche die Wage auch immer annimmt, Gleichgewicht erfolgen, und nicht
nur W . a o = P . b o, sondern auch W . m o = P . n o seyn, wie aus §. 68 der Lehre vom
Hebel bekannt ist.
Fig.
4.
22 *
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