Unter die wichtigsten und gemeinnützigsten Anwendungen des Hebels gehören die Wagen, welche zur Bestimmung des Gewichtes der Körper dienen. Es gibt meh- rere Arten von Wagen, die nach den verschiedenen Zwecken, wozu man sie im bür- gerlichen Leben braucht, eingerichtet sind, nämlich:
1tens. Die gemeine oder Krämerwage.
2tens. Die Schnell- oder Römische Wage.
3tens. Die Wage mit einem Zeiger.
4tens. Die verjüngten Wagen.
5tens. Die Strassen- oder Mauthwage.
6tens. Die Federwagen.
§. 165.
Die Krämerwage hat den Zweck, das Gewicht einer Waare durch ein dem-Fig. 1. Tab. 8. selben gleichkommendes Gewicht anzugeben; sie besteht aus einem Hebel a b, welcher in der Mitte c unterstützt wird, und an dessen beiden Endpunkten Schalen aufgehängt werden, um darein von der einen Seite die Waare und von der andern Seite so viel Gewichte zu legen, bis sie dem Gewichte der Waare gleich kommen. Der Wagebalken wird gewöhnlich an der Achse c beiderseits in den Oehren der sogenannten Schere c d aufgehängt, und ober dieser Achse befindet sich die Zunge c e, welche auf dem Wa- gebalken winkelrecht befestigt ist. Der horizontale Stand des Wagebalkens wird daher erkannt, wenn die Zunge senkrecht steht, oder mit der nach der Richtung der Schwe- re herabhängenden Schere d c einspielt.
Die Forderungen, welche man an eine Krämerwage macht, sind:
1tens. Dass die Waare genau so schwer sey, als das Gewicht in der gegenseiti- gen Schale;
2tens. dass der Wagebalken sich hiebei in eine horizontale Lage stelle,
3tens. dass dieser horizontale Stand durch einen kleinen Unterschied in den Ge- wichten sich merklich ändere; endlich
4tens. dass die Wage, wenn sie aus ihrer Lage verrückt wird, sich nach einigen Schwingungen wieder in denselben Punkt einstelle.
Diese vier Eigenschaften werden gewöhnlich unter Gleichheit der Gewich- te, horizontalem Stande, Empfindlichkeit und Trägheit der Wage begriffen.
§. 166.
Um der ersten Eigenschaft zu entsprechen, müssen die beiden Arme derFig. 2. Krämerwage gleich lang seyn. Denn da bei dieser Wage nach der Eigen- schaft des Hebels im Zustande des Gleichgewichtes P . b c = W . a c ist, und P = W nach der Forderung seyn soll, so muss auch b c = a c seyn.
Gerstners Mechanik. Band I. 22
Wagen.
B. Wagen.
§. 164.
Unter die wichtigsten und gemeinnützigsten Anwendungen des Hebels gehören die Wagen, welche zur Bestimmung des Gewichtes der Körper dienen. Es gibt meh- rere Arten von Wagen, die nach den verschiedenen Zwecken, wozu man sie im bür- gerlichen Leben braucht, eingerichtet sind, nämlich:
1tens. Die gemeine oder Krämerwage.
2tens. Die Schnell- oder Römische Wage.
3tens. Die Wage mit einem Zeiger.
4tens. Die verjüngten Wagen.
5tens. Die Strassen- oder Mauthwage.
6tens. Die Federwagen.
§. 165.
Die Krämerwage hat den Zweck, das Gewicht einer Waare durch ein dem-Fig. 1. Tab. 8. selben gleichkommendes Gewicht anzugeben; sie besteht aus einem Hebel a b, welcher in der Mitte c unterstützt wird, und an dessen beiden Endpunkten Schalen aufgehängt werden, um darein von der einen Seite die Waare und von der andern Seite so viel Gewichte zu legen, bis sie dem Gewichte der Waare gleich kommen. Der Wagebalken wird gewöhnlich an der Achse c beiderseits in den Oehren der sogenannten Schere c d aufgehängt, und ober dieser Achse befindet sich die Zunge c e, welche auf dem Wa- gebalken winkelrecht befestigt ist. Der horizontale Stand des Wagebalkens wird daher erkannt, wenn die Zunge senkrecht steht, oder mit der nach der Richtung der Schwe- re herabhängenden Schere d c einspielt.
Die Forderungen, welche man an eine Krämerwage macht, sind:
1tens. Dass die Waare genau so schwer sey, als das Gewicht in der gegenseiti- gen Schale;
2tens. dass der Wagebalken sich hiebei in eine horizontale Lage stelle,
3tens. dass dieser horizontale Stand durch einen kleinen Unterschied in den Ge- wichten sich merklich ändere; endlich
4tens. dass die Wage, wenn sie aus ihrer Lage verrückt wird, sich nach einigen Schwingungen wieder in denselben Punkt einstelle.
Diese vier Eigenschaften werden gewöhnlich unter Gleichheit der Gewich- te, horizontalem Stande, Empfindlichkeit und Trägheit der Wage begriffen.
§. 166.
Um der ersten Eigenschaft zu entsprechen, müssen die beiden Arme derFig. 2. Krämerwage gleich lang seyn. Denn da bei dieser Wage nach der Eigen- schaft des Hebels im Zustande des Gleichgewichtes P . b c = W . a c ist, und P = W nach der Forderung seyn soll, so muss auch b c = a c seyn.
Gerstners Mechanik. Band I. 22
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Wagen.
B. Wagen.
§. 164.
Unter die wichtigsten und gemeinnützigsten Anwendungen des Hebels gehören die
Wagen, welche zur Bestimmung des Gewichtes der Körper dienen. Es gibt meh-
rere Arten von Wagen, die nach den verschiedenen Zwecken, wozu man sie im bür-
gerlichen Leben braucht, eingerichtet sind, nämlich:
1tens. Die gemeine oder Krämerwage.
2tens. Die Schnell- oder Römische Wage.
3tens. Die Wage mit einem Zeiger.
4tens. Die verjüngten Wagen.
5tens. Die Strassen- oder Mauthwage.
6tens. Die Federwagen.
§. 165.
Die Krämerwage hat den Zweck, das Gewicht einer Waare durch ein dem-
selben gleichkommendes Gewicht anzugeben; sie besteht aus einem Hebel a b, welcher
in der Mitte c unterstützt wird, und an dessen beiden Endpunkten Schalen aufgehängt
werden, um darein von der einen Seite die Waare und von der andern Seite so viel
Gewichte zu legen, bis sie dem Gewichte der Waare gleich kommen. Der Wagebalken
wird gewöhnlich an der Achse c beiderseits in den Oehren der sogenannten Schere c d
aufgehängt, und ober dieser Achse befindet sich die Zunge c e, welche auf dem Wa-
gebalken winkelrecht befestigt ist. Der horizontale Stand des Wagebalkens wird daher
erkannt, wenn die Zunge senkrecht steht, oder mit der nach der Richtung der Schwe-
re herabhängenden Schere d c einspielt.
Fig.
1.
Tab.
8.
Die Forderungen, welche man an eine Krämerwage macht, sind:
1tens. Dass die Waare genau so schwer sey, als das Gewicht in der gegenseiti-
gen Schale;
2tens. dass der Wagebalken sich hiebei in eine horizontale Lage stelle,
3tens. dass dieser horizontale Stand durch einen kleinen Unterschied in den Ge-
wichten sich merklich ändere; endlich
4tens. dass die Wage, wenn sie aus ihrer Lage verrückt wird, sich nach einigen
Schwingungen wieder in denselben Punkt einstelle.
Diese vier Eigenschaften werden gewöhnlich unter Gleichheit der Gewich-
te, horizontalem Stande, Empfindlichkeit und Trägheit der Wage
begriffen.
§. 166.
Um der ersten Eigenschaft zu entsprechen, müssen die beiden Arme der
Krämerwage gleich lang seyn. Denn da bei dieser Wage nach der Eigen-
schaft des Hebels im Zustande des Gleichgewichtes P . b c = W . a c ist, und P = W
nach der Forderung seyn soll, so muss auch b c = a c seyn.
Fig.
2.
Gerstners Mechanik. Band I. 22
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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 1: Mechanik fester Körper. Prag, 1831, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik01_1831/199>, abgerufen am 16.02.2025.
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