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Gerstenberg, Heinrich Wilhelm: Ugolino. Hamburg u. a., 1768.

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Ugolino,
Anselmo. Singe, Träger, oder bey jenem hinhangenden
Monde! ich zerstoße dich mit dem Felsbruche!
Gaddo. Wie, Anselmo, du weißt, daß ich nicht singen
kann.
Anselmo. Singe!
Gaddo. Jch singen?
Anselmo. Singe!
Gaddo. Jch, der ich weinen möchte, wenn ich könnte?
Anselmo. Singe weinend! Singe!
Gaddo. Nun denn, Anselmo, ich will singen: aber mein
Hals ist roh und heiser. Schenke mir, wenn ich bitten darf, ein
kleines Hänflingey, oder ein Zeisigey, wie es dir am nächsten
zur Hand ist, um meine Stimme zu bereiten.
Anselmo. (bey Seite) Was gilts, dies ist der Marder,
der mir die Eyer austrinkt! Durch seine Larve hindurch erkenn
ich den tückischen Heuchler! Er ists! bey meinem Leben! Jch
will ihn ausfragen.
Gaddo. Aber schenke mirs bald, Lieber: meine Stimm ist
vertrocknet.
Anselmo. Gut! gut! du möchtest also ein Hänflingey haben?
Gaddo. Jch wills nicht längnen.
Anselmo. Oder ein Zeisigey?
Gaddo. Ach ja!
Anselmo. Hem! wäre dir nicht mit einem Hünerey ge-
dient?
Gaddo. Das wäre zu viele Güte.
Anselmo. Ey ja, nimm ein Hünerey.
Gaddo. Jch danke.
Anselmo. Es ist ein frisches Ey, eins von den besten, die
ich in meinem Stall habe. He?
Gaddo. Weil es von deiner Hand kömmt, will ichs nicht
ausschlagen.

Anselmo.
Ugolino,
Anſelmo. Singe, Traͤger, oder bey jenem hinhangenden
Monde! ich zerſtoße dich mit dem Felsbruche!
Gaddo. Wie, Anſelmo, du weißt, daß ich nicht ſingen
kann.
Anſelmo. Singe!
Gaddo. Jch ſingen?
Anſelmo. Singe!
Gaddo. Jch, der ich weinen moͤchte, wenn ich koͤnnte?
Anſelmo. Singe weinend! Singe!
Gaddo. Nun denn, Anſelmo, ich will ſingen: aber mein
Hals iſt roh und heiſer. Schenke mir, wenn ich bitten darf, ein
kleines Haͤnflingey, oder ein Zeiſigey, wie es dir am naͤchſten
zur Hand iſt, um meine Stimme zu bereiten.
Anſelmo. (bey Seite) Was gilts, dies iſt der Marder,
der mir die Eyer austrinkt! Durch ſeine Larve hindurch erkenn
ich den tuͤckiſchen Heuchler! Er iſts! bey meinem Leben! Jch
will ihn ausfragen.
Gaddo. Aber ſchenke mirs bald, Lieber: meine Stimm iſt
vertrocknet.
Anſelmo. Gut! gut! du moͤchteſt alſo ein Haͤnflingey haben?
Gaddo. Jch wills nicht laͤngnen.
Anſelmo. Oder ein Zeiſigey?
Gaddo. Ach ja!
Anſelmo. Hem! waͤre dir nicht mit einem Huͤnerey ge-
dient?
Gaddo. Das waͤre zu viele Guͤte.
Anſelmo. Ey ja, nimm ein Huͤnerey.
Gaddo. Jch danke.
Anſelmo. Es iſt ein friſches Ey, eins von den beſten, die
ich in meinem Stall habe. He?
Gaddo. Weil es von deiner Hand koͤmmt, will ichs nicht
ausſchlagen.

Anſelmo.
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[48/0054] Ugolino, Anſelmo. Singe, Traͤger, oder bey jenem hinhangenden Monde! ich zerſtoße dich mit dem Felsbruche! Gaddo. Wie, Anſelmo, du weißt, daß ich nicht ſingen kann. Anſelmo. Singe! Gaddo. Jch ſingen? Anſelmo. Singe! Gaddo. Jch, der ich weinen moͤchte, wenn ich koͤnnte? Anſelmo. Singe weinend! Singe! Gaddo. Nun denn, Anſelmo, ich will ſingen: aber mein Hals iſt roh und heiſer. Schenke mir, wenn ich bitten darf, ein kleines Haͤnflingey, oder ein Zeiſigey, wie es dir am naͤchſten zur Hand iſt, um meine Stimme zu bereiten. Anſelmo. (bey Seite) Was gilts, dies iſt der Marder, der mir die Eyer austrinkt! Durch ſeine Larve hindurch erkenn ich den tuͤckiſchen Heuchler! Er iſts! bey meinem Leben! Jch will ihn ausfragen. Gaddo. Aber ſchenke mirs bald, Lieber: meine Stimm iſt vertrocknet. Anſelmo. Gut! gut! du moͤchteſt alſo ein Haͤnflingey haben? Gaddo. Jch wills nicht laͤngnen. Anſelmo. Oder ein Zeiſigey? Gaddo. Ach ja! Anſelmo. Hem! waͤre dir nicht mit einem Huͤnerey ge- dient? Gaddo. Das waͤre zu viele Guͤte. Anſelmo. Ey ja, nimm ein Huͤnerey. Gaddo. Jch danke. Anſelmo. Es iſt ein friſches Ey, eins von den beſten, die ich in meinem Stall habe. He? Gaddo. Weil es von deiner Hand koͤmmt, will ichs nicht ausſchlagen. Anſelmo.

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Zitationshilfe: Gerstenberg, Heinrich Wilhelm: Ugolino. Hamburg u. a., 1768, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstenberg_ugolino_1768/54>, abgerufen am 24.11.2024.