Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Im Herbst des Jahres 184-- wanderte ein junger, lebensfrischer Bursch, den Tornister auf dem Rücken, den Stab in der Hand, langsam und behaglich den breiten Fahrweg entlang, der von Marisfeld hinauf nach Wichtelhausen führt. Es war kein Handwerksbursch, der Arbeit suchend von Ort zu Ort ging; das sah man ihm auf den ersten Blick an, hätte ihn nicht schon die kleine, sauber gefertigte Ledermappe verrathen, die er auf den Tornister geschnallt trug. Den Künstler konnte er überhaupt nicht verleugnen. Der keck auf einer Seite sitzende, schwarze, breitrandige Hut, das lange, blonde, gelockte Haar, der weiche, noch ganz junge, aber volle Bart -- Alles sprach dafür, selbst der etwas abgetragene schwarze Sammetrock, der ihm jedoch bei dem warmen Morgen ein wenig zu heiß werden mochte. Er hatte ihn aufgeknöpft, und das weiße Hemd darunter -- denn er trug keine Weste -- wurde um den Hals von einem schwarzseidenen Tuche nur locker zusammengehalten. Als er ein Viertelstündchen von Marisfeld sein Im Herbst des Jahres 184— wanderte ein junger, lebensfrischer Bursch, den Tornister auf dem Rücken, den Stab in der Hand, langsam und behaglich den breiten Fahrweg entlang, der von Marisfeld hinauf nach Wichtelhausen führt. Es war kein Handwerksbursch, der Arbeit suchend von Ort zu Ort ging; das sah man ihm auf den ersten Blick an, hätte ihn nicht schon die kleine, sauber gefertigte Ledermappe verrathen, die er auf den Tornister geschnallt trug. Den Künstler konnte er überhaupt nicht verleugnen. Der keck auf einer Seite sitzende, schwarze, breitrandige Hut, das lange, blonde, gelockte Haar, der weiche, noch ganz junge, aber volle Bart — Alles sprach dafür, selbst der etwas abgetragene schwarze Sammetrock, der ihm jedoch bei dem warmen Morgen ein wenig zu heiß werden mochte. Er hatte ihn aufgeknöpft, und das weiße Hemd darunter — denn er trug keine Weste — wurde um den Hals von einem schwarzseidenen Tuche nur locker zusammengehalten. Als er ein Viertelstündchen von Marisfeld sein <TEI> <text> <front> <div type="preface"> <pb facs="#f0007"/> </div> </front> <body> <div type="chapter" n="0"> <p>Im Herbst des Jahres 184— wanderte ein junger, lebensfrischer Bursch, den Tornister auf dem Rücken, den Stab in der Hand, langsam und behaglich den breiten Fahrweg entlang, der von Marisfeld hinauf nach Wichtelhausen führt.</p><lb/> <p>Es war kein Handwerksbursch, der Arbeit suchend von Ort zu Ort ging; das sah man ihm auf den ersten Blick an, hätte ihn nicht schon die kleine, sauber gefertigte Ledermappe verrathen, die er auf den Tornister geschnallt trug. Den Künstler konnte er überhaupt nicht verleugnen. Der keck auf einer Seite sitzende, schwarze, breitrandige Hut, das lange, blonde, gelockte Haar, der weiche, noch ganz junge, aber volle Bart — Alles sprach dafür, selbst der etwas abgetragene schwarze Sammetrock, der ihm jedoch bei dem warmen Morgen ein wenig zu heiß werden mochte. Er hatte ihn aufgeknöpft, und das weiße Hemd darunter — denn er trug keine Weste — wurde um den Hals von einem schwarzseidenen Tuche nur locker zusammengehalten.</p><lb/> <p>Als er ein Viertelstündchen von Marisfeld sein<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0007]
Im Herbst des Jahres 184— wanderte ein junger, lebensfrischer Bursch, den Tornister auf dem Rücken, den Stab in der Hand, langsam und behaglich den breiten Fahrweg entlang, der von Marisfeld hinauf nach Wichtelhausen führt.
Es war kein Handwerksbursch, der Arbeit suchend von Ort zu Ort ging; das sah man ihm auf den ersten Blick an, hätte ihn nicht schon die kleine, sauber gefertigte Ledermappe verrathen, die er auf den Tornister geschnallt trug. Den Künstler konnte er überhaupt nicht verleugnen. Der keck auf einer Seite sitzende, schwarze, breitrandige Hut, das lange, blonde, gelockte Haar, der weiche, noch ganz junge, aber volle Bart — Alles sprach dafür, selbst der etwas abgetragene schwarze Sammetrock, der ihm jedoch bei dem warmen Morgen ein wenig zu heiß werden mochte. Er hatte ihn aufgeknöpft, und das weiße Hemd darunter — denn er trug keine Weste — wurde um den Hals von einem schwarzseidenen Tuche nur locker zusammengehalten.
Als er ein Viertelstündchen von Marisfeld sein
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/7 |
Zitationshilfe: | Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/7>, abgerufen am 16.02.2025. |