Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.er mehr ein Licht. Die Hunde, die kurz vorher gebellt und geheult, waren still, und dichter, feuchter Nebel quoll aus dem Grunde herauf. Die Zeit ist um, murmelte Arnold vor sich hin, indem er seinen Tornister auf den Rücken warf, und ich muß Gertrud noch einmal sehen, denn so kann ich nicht von ihr scheiden. Der Tanz ist aus -- die Tänzer werden jetzt zu Hause gehen, und wenn mich der Schulze auch nicht über Nacht behalten will, bleib' ich im Wirthshause -- in der Dunkelheit fänd' ich überdies nicht meinen Weg durch den Wald. Vorsichtig stieg er den leisen Abhang wieder hinunter, den er mit Gertrud heraufgekommen, dort den breiten und weißen Weg zu treffen, der in das Dorf hineinführte, aber umsonst tappte er unten in den Büschen darnach herum. Der Grund war weich und sumpfig, mit seinen dünnen Stiefeln sank er bis tief über die Knöchel ein, und dichtes Erlengebüsch schoß überall dort empor, wo er den festen Weg vermuthet hatte. Gekreuzt konnte er ihn in der Dunkelheit auch nicht haben, er mußte ihn fühlen, wenn er darauf trat, und außerdem wußte er, daß die Ringmauer des Dorfes querüber lief -- diese konnte er nicht verfehlen. Aber umsonst suchte er mit einer ängstlichen Hast darnach: der Boden wurde weicher und sumpfiger, je weiter er darin vordrang, das Gestrüpp dichter und überall von Dornen durchzogen, die seine Kleider zerrissen und seine Hände blutig ritzten. War er rechts oder links abgekommen und an dem er mehr ein Licht. Die Hunde, die kurz vorher gebellt und geheult, waren still, und dichter, feuchter Nebel quoll aus dem Grunde herauf. Die Zeit ist um, murmelte Arnold vor sich hin, indem er seinen Tornister auf den Rücken warf, und ich muß Gertrud noch einmal sehen, denn so kann ich nicht von ihr scheiden. Der Tanz ist aus — die Tänzer werden jetzt zu Hause gehen, und wenn mich der Schulze auch nicht über Nacht behalten will, bleib' ich im Wirthshause — in der Dunkelheit fänd' ich überdies nicht meinen Weg durch den Wald. Vorsichtig stieg er den leisen Abhang wieder hinunter, den er mit Gertrud heraufgekommen, dort den breiten und weißen Weg zu treffen, der in das Dorf hineinführte, aber umsonst tappte er unten in den Büschen darnach herum. Der Grund war weich und sumpfig, mit seinen dünnen Stiefeln sank er bis tief über die Knöchel ein, und dichtes Erlengebüsch schoß überall dort empor, wo er den festen Weg vermuthet hatte. Gekreuzt konnte er ihn in der Dunkelheit auch nicht haben, er mußte ihn fühlen, wenn er darauf trat, und außerdem wußte er, daß die Ringmauer des Dorfes querüber lief — diese konnte er nicht verfehlen. Aber umsonst suchte er mit einer ängstlichen Hast darnach: der Boden wurde weicher und sumpfiger, je weiter er darin vordrang, das Gestrüpp dichter und überall von Dornen durchzogen, die seine Kleider zerrissen und seine Hände blutig ritzten. War er rechts oder links abgekommen und an dem <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0044"/> er mehr ein Licht. Die Hunde, die kurz vorher gebellt und geheult, waren still, und dichter, feuchter Nebel quoll aus dem Grunde herauf.</p><lb/> <p>Die Zeit ist um, murmelte Arnold vor sich hin, indem er seinen Tornister auf den Rücken warf, und ich muß Gertrud noch einmal sehen, denn so <hi rendition="#g">kann</hi> ich nicht von ihr scheiden. Der Tanz ist aus — die Tänzer werden jetzt zu Hause gehen, und wenn mich der Schulze auch nicht über Nacht behalten will, bleib' ich im Wirthshause — in der Dunkelheit fänd' ich überdies nicht meinen Weg durch den Wald.</p><lb/> <p>Vorsichtig stieg er den leisen Abhang wieder hinunter, den er mit Gertrud heraufgekommen, dort den breiten und weißen Weg zu treffen, der in das Dorf hineinführte, aber umsonst tappte er unten in den Büschen darnach herum. Der Grund war weich und sumpfig, mit seinen dünnen Stiefeln sank er bis tief über die Knöchel ein, und dichtes Erlengebüsch schoß überall dort empor, wo er den festen Weg vermuthet hatte. Gekreuzt konnte er ihn in der Dunkelheit auch nicht haben, er <hi rendition="#g">mußte</hi> ihn fühlen, wenn er darauf trat, und außerdem wußte er, daß die Ringmauer des Dorfes querüber lief — diese <hi rendition="#g">konnte</hi> er nicht verfehlen. Aber umsonst suchte er mit einer ängstlichen Hast darnach: der Boden wurde weicher und sumpfiger, je weiter er darin vordrang, das Gestrüpp dichter und überall von Dornen durchzogen, die seine Kleider zerrissen und seine Hände blutig ritzten.</p><lb/> <p>War er rechts oder links abgekommen und an dem<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0044]
er mehr ein Licht. Die Hunde, die kurz vorher gebellt und geheult, waren still, und dichter, feuchter Nebel quoll aus dem Grunde herauf.
Die Zeit ist um, murmelte Arnold vor sich hin, indem er seinen Tornister auf den Rücken warf, und ich muß Gertrud noch einmal sehen, denn so kann ich nicht von ihr scheiden. Der Tanz ist aus — die Tänzer werden jetzt zu Hause gehen, und wenn mich der Schulze auch nicht über Nacht behalten will, bleib' ich im Wirthshause — in der Dunkelheit fänd' ich überdies nicht meinen Weg durch den Wald.
Vorsichtig stieg er den leisen Abhang wieder hinunter, den er mit Gertrud heraufgekommen, dort den breiten und weißen Weg zu treffen, der in das Dorf hineinführte, aber umsonst tappte er unten in den Büschen darnach herum. Der Grund war weich und sumpfig, mit seinen dünnen Stiefeln sank er bis tief über die Knöchel ein, und dichtes Erlengebüsch schoß überall dort empor, wo er den festen Weg vermuthet hatte. Gekreuzt konnte er ihn in der Dunkelheit auch nicht haben, er mußte ihn fühlen, wenn er darauf trat, und außerdem wußte er, daß die Ringmauer des Dorfes querüber lief — diese konnte er nicht verfehlen. Aber umsonst suchte er mit einer ängstlichen Hast darnach: der Boden wurde weicher und sumpfiger, je weiter er darin vordrang, das Gestrüpp dichter und überall von Dornen durchzogen, die seine Kleider zerrissen und seine Hände blutig ritzten.
War er rechts oder links abgekommen und an dem
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Zitationshilfe: | Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/44>, abgerufen am 16.02.2025. |