Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Gertrud, rief Arnold so erstaunt wie bestürzt -- jetzt mitten in der Nacht willst du mich so von dir schicken? Habe ich dir mit irgend einem Worte weh gethan? Nein, Arnold, sagte das Mädchen, ihn zum ersten Male bei seinem Vornamen nennend, -- eben -- eben weil ich Euch gern hab', müßt Ihr fort. Aber so laß ich dich nicht von mir im Dunklen allein in das Dorf zurück -- bat Arnold; Mädchen, du weißt nicht, wie lieb ich dich habe, wie du mir das Herz in wenigen Stunden fest und sicher gefaßt hast. Du weißt nicht -- Sprecht nichts weiter, unterbrach ihn Gertrud rasch, wir wollen keinen Abschied nehmen. Wenn die Glocke zwölf geschlagen hat -- es kann kaum noch zehn Minuten dauern -- so kommt wieder an die Thüre des Wirthshauses -- dort werd' ich Euch erwarten. Und so lange -- Bleibt Ihr hier auf dieser Stelle stehen. Versprecht mir, daß Ihr keinen Schritt zur Rechten oder zur Linken gehen wollt, bis die Glocke zwölf aus geschlagen hat. Ich verspreche es, Gertrud, -- aber dann -- Dann kommt, sagte das Mädchen, reichte ihm die Hand zum Abschied und wollte fort. Gertrud! rief Arnold mit bittendem, schmerzlichem Tone. Gertrud blieb einen Augenblick wie zögernd stehen, dann plötzlich wandte sie sich gegen ihn um, warf ihre Gertrud, rief Arnold so erstaunt wie bestürzt — jetzt mitten in der Nacht willst du mich so von dir schicken? Habe ich dir mit irgend einem Worte weh gethan? Nein, Arnold, sagte das Mädchen, ihn zum ersten Male bei seinem Vornamen nennend, — eben — eben weil ich Euch gern hab', müßt Ihr fort. Aber so laß ich dich nicht von mir im Dunklen allein in das Dorf zurück — bat Arnold; Mädchen, du weißt nicht, wie lieb ich dich habe, wie du mir das Herz in wenigen Stunden fest und sicher gefaßt hast. Du weißt nicht — Sprecht nichts weiter, unterbrach ihn Gertrud rasch, wir wollen keinen Abschied nehmen. Wenn die Glocke zwölf geschlagen hat — es kann kaum noch zehn Minuten dauern — so kommt wieder an die Thüre des Wirthshauses — dort werd' ich Euch erwarten. Und so lange — Bleibt Ihr hier auf dieser Stelle stehen. Versprecht mir, daß Ihr keinen Schritt zur Rechten oder zur Linken gehen wollt, bis die Glocke zwölf aus geschlagen hat. Ich verspreche es, Gertrud, — aber dann — Dann kommt, sagte das Mädchen, reichte ihm die Hand zum Abschied und wollte fort. Gertrud! rief Arnold mit bittendem, schmerzlichem Tone. Gertrud blieb einen Augenblick wie zögernd stehen, dann plötzlich wandte sie sich gegen ihn um, warf ihre <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <pb facs="#f0042"/> <p>Gertrud, rief Arnold so erstaunt wie bestürzt — jetzt mitten in der Nacht willst du mich so von dir schicken? Habe ich dir mit irgend einem Worte weh gethan?</p><lb/> <p>Nein, Arnold, sagte das Mädchen, ihn zum ersten Male bei seinem Vornamen nennend, — eben — eben weil ich Euch gern hab', müßt Ihr fort.</p><lb/> <p>Aber so laß ich dich nicht von mir im Dunklen allein in das Dorf zurück — bat Arnold; Mädchen, du weißt nicht, wie lieb ich dich habe, wie du mir das Herz in wenigen Stunden fest und sicher gefaßt hast. Du weißt nicht —</p><lb/> <p>Sprecht nichts weiter, unterbrach ihn Gertrud rasch, wir wollen keinen Abschied nehmen. Wenn die Glocke zwölf geschlagen hat — es kann kaum noch zehn Minuten dauern — so kommt wieder an die Thüre des Wirthshauses — dort werd' ich Euch erwarten.</p><lb/> <p>Und so lange —</p><lb/> <p>Bleibt Ihr hier auf dieser Stelle stehen. Versprecht mir, daß Ihr keinen Schritt zur Rechten oder zur Linken gehen wollt, bis die Glocke zwölf aus geschlagen hat.</p><lb/> <p>Ich verspreche es, Gertrud, — aber dann —</p><lb/> <p>Dann kommt, sagte das Mädchen, reichte ihm die Hand zum Abschied und wollte fort.</p><lb/> <p>Gertrud! rief Arnold mit bittendem, schmerzlichem Tone.</p><lb/> <p>Gertrud blieb einen Augenblick wie zögernd stehen, dann plötzlich wandte sie sich gegen ihn um, warf ihre<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0042]
Gertrud, rief Arnold so erstaunt wie bestürzt — jetzt mitten in der Nacht willst du mich so von dir schicken? Habe ich dir mit irgend einem Worte weh gethan?
Nein, Arnold, sagte das Mädchen, ihn zum ersten Male bei seinem Vornamen nennend, — eben — eben weil ich Euch gern hab', müßt Ihr fort.
Aber so laß ich dich nicht von mir im Dunklen allein in das Dorf zurück — bat Arnold; Mädchen, du weißt nicht, wie lieb ich dich habe, wie du mir das Herz in wenigen Stunden fest und sicher gefaßt hast. Du weißt nicht —
Sprecht nichts weiter, unterbrach ihn Gertrud rasch, wir wollen keinen Abschied nehmen. Wenn die Glocke zwölf geschlagen hat — es kann kaum noch zehn Minuten dauern — so kommt wieder an die Thüre des Wirthshauses — dort werd' ich Euch erwarten.
Und so lange —
Bleibt Ihr hier auf dieser Stelle stehen. Versprecht mir, daß Ihr keinen Schritt zur Rechten oder zur Linken gehen wollt, bis die Glocke zwölf aus geschlagen hat.
Ich verspreche es, Gertrud, — aber dann —
Dann kommt, sagte das Mädchen, reichte ihm die Hand zum Abschied und wollte fort.
Gertrud! rief Arnold mit bittendem, schmerzlichem Tone.
Gertrud blieb einen Augenblick wie zögernd stehen, dann plötzlich wandte sie sich gegen ihn um, warf ihre
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Zitationshilfe: | Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/42>, abgerufen am 16.02.2025. |