Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Da ist noch Platz genug, sagte hartnäckig der Schulze, der muß mit drauf sein, sonst leid' ich nicht, daß Ihr meines Mädels Bild so ganz allein mit fortnehmt. In so ernster Gesellschaft kann aber Niemand etwas Uebles davon denken. Arnold schüttelte über den wunderlichen Vorschlag, dem hübschen Mädchen einen Leichenzug als Ehrenwache mitzugeben, lachend den Kopf. Der Alte schien aber einmal die fixe Idee zu haben, und um ihn zufrieden zu stellen, that er ihm den Willen. Später konnte er die traurige Beigabe schon leicht wieder entfernen. Mit geübter Hand hatte er auch die eben vorbeigezogenen Gestalten, wenn auch nur aus der Erinnerung, auf das Papier gebracht, und die ganze Familie drängte sich dabei um ihn her und sah mit offenbarem Staunen die rasche Ausführung der Zeichnung. Hab ich's so recht gemacht? rief Arnold endlich, als er von seinem Stuhle aufsprang und das Bild in Armeslänge von sich hielt. Vortrefflich! nickte der Schulze, -- hätt's nimmer gedacht, daß Ihr's so schnell fertig brächtet. Jetzt mag's sein, und nun geht mit dem Mädel hinaus und seht Euch das Dorf an -- möchtet es doch sobald nicht wieder zu sehen bekommen. Bis um fünf Uhr seid aber fein wieder da -- wir feiern ein Fest heint, und da müßt Ihr dabei sein! Arnold selber wurde es in der dumpfigen Stube, den Wein im Kopfe, eng und beklemmt zu Muthe, und Da ist noch Platz genug, sagte hartnäckig der Schulze, der muß mit drauf sein, sonst leid' ich nicht, daß Ihr meines Mädels Bild so ganz allein mit fortnehmt. In so ernster Gesellschaft kann aber Niemand etwas Uebles davon denken. Arnold schüttelte über den wunderlichen Vorschlag, dem hübschen Mädchen einen Leichenzug als Ehrenwache mitzugeben, lachend den Kopf. Der Alte schien aber einmal die fixe Idee zu haben, und um ihn zufrieden zu stellen, that er ihm den Willen. Später konnte er die traurige Beigabe schon leicht wieder entfernen. Mit geübter Hand hatte er auch die eben vorbeigezogenen Gestalten, wenn auch nur aus der Erinnerung, auf das Papier gebracht, und die ganze Familie drängte sich dabei um ihn her und sah mit offenbarem Staunen die rasche Ausführung der Zeichnung. Hab ich's so recht gemacht? rief Arnold endlich, als er von seinem Stuhle aufsprang und das Bild in Armeslänge von sich hielt. Vortrefflich! nickte der Schulze, — hätt's nimmer gedacht, daß Ihr's so schnell fertig brächtet. Jetzt mag's sein, und nun geht mit dem Mädel hinaus und seht Euch das Dorf an — möchtet es doch sobald nicht wieder zu sehen bekommen. Bis um fünf Uhr seid aber fein wieder da — wir feiern ein Fest heint, und da müßt Ihr dabei sein! Arnold selber wurde es in der dumpfigen Stube, den Wein im Kopfe, eng und beklemmt zu Muthe, und <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <pb facs="#f0027"/> <p>Da ist noch Platz genug, sagte hartnäckig der Schulze, der muß mit drauf sein, sonst leid' ich nicht, daß Ihr meines Mädels Bild so ganz allein mit fortnehmt. In so ernster Gesellschaft kann aber Niemand etwas Uebles davon denken.</p><lb/> <p>Arnold schüttelte über den wunderlichen Vorschlag, dem hübschen Mädchen einen Leichenzug als Ehrenwache mitzugeben, lachend den Kopf. Der Alte schien aber einmal die fixe Idee zu haben, und um ihn zufrieden zu stellen, that er ihm den Willen. Später konnte er die traurige Beigabe schon leicht wieder entfernen.</p><lb/> <p>Mit geübter Hand hatte er auch die eben vorbeigezogenen Gestalten, wenn auch nur aus der Erinnerung, auf das Papier gebracht, und die ganze Familie drängte sich dabei um ihn her und sah mit offenbarem Staunen die rasche Ausführung der Zeichnung.</p><lb/> <p>Hab ich's so recht gemacht? rief Arnold endlich, als er von seinem Stuhle aufsprang und das Bild in Armeslänge von sich hielt.</p><lb/> <p>Vortrefflich! nickte der Schulze, — hätt's nimmer gedacht, daß Ihr's so schnell fertig brächtet. Jetzt mag's sein, und nun geht mit dem Mädel hinaus und seht Euch das Dorf an — möchtet es doch sobald nicht wieder zu sehen bekommen. Bis um fünf Uhr seid aber fein wieder da — wir feiern ein Fest heint, und da müßt Ihr dabei sein!</p><lb/> <p>Arnold selber wurde es in der dumpfigen Stube, den Wein im Kopfe, eng und beklemmt zu Muthe, und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0027]
Da ist noch Platz genug, sagte hartnäckig der Schulze, der muß mit drauf sein, sonst leid' ich nicht, daß Ihr meines Mädels Bild so ganz allein mit fortnehmt. In so ernster Gesellschaft kann aber Niemand etwas Uebles davon denken.
Arnold schüttelte über den wunderlichen Vorschlag, dem hübschen Mädchen einen Leichenzug als Ehrenwache mitzugeben, lachend den Kopf. Der Alte schien aber einmal die fixe Idee zu haben, und um ihn zufrieden zu stellen, that er ihm den Willen. Später konnte er die traurige Beigabe schon leicht wieder entfernen.
Mit geübter Hand hatte er auch die eben vorbeigezogenen Gestalten, wenn auch nur aus der Erinnerung, auf das Papier gebracht, und die ganze Familie drängte sich dabei um ihn her und sah mit offenbarem Staunen die rasche Ausführung der Zeichnung.
Hab ich's so recht gemacht? rief Arnold endlich, als er von seinem Stuhle aufsprang und das Bild in Armeslänge von sich hielt.
Vortrefflich! nickte der Schulze, — hätt's nimmer gedacht, daß Ihr's so schnell fertig brächtet. Jetzt mag's sein, und nun geht mit dem Mädel hinaus und seht Euch das Dorf an — möchtet es doch sobald nicht wieder zu sehen bekommen. Bis um fünf Uhr seid aber fein wieder da — wir feiern ein Fest heint, und da müßt Ihr dabei sein!
Arnold selber wurde es in der dumpfigen Stube, den Wein im Kopfe, eng und beklemmt zu Muthe, und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/27 |
Zitationshilfe: | Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstaecker_germelshausen_1910/27>, abgerufen am 16.07.2024. |