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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.

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ihnen, Montezuma II., seinen gewaltthätigen und hoffärtigen Charakter in noch schärferer Entwickelung des Absolutismus und der Sonderstellung des Adels zeigte; das wurde doch vom Volk ertragen, ohne dass dadurch das Volk noch auch durch den Unwillen des Volkes die Herrscher gefährdet waren. Schlimmer war, dass die Herrscher durch ihren Absolutismus den eigenen Willen des Volkes zu sehr gelähmt hatten. "Die strenge und allgemeine Fügsamkeit in den Willen des Herrschers hat sich von Seiten des Volkes bei mehreren Gelegenheiten in unzweideutiger Weise gezeigt: auf einen Wink von Montezuma blieb Alles ruhig, sogar als er selbst von Cortez gefangen gesetzt wurde und mit der Eroberung der Hauptstadt hörte jeder Widerstand auf, nicht bloss weil die Grossen des Reichs dort alle vereinigt waren, sondern auch weil mit dem Falle des Herrschers für die bis zum Aeussersten standhaft gebliebenen Mexikaner die Pflicht der Selbstverteidigung wegfiel. Revolutionen des Volks waren -- abgesehen von neu eroberten Ländern -- fast unbekannt" (Waitz 4, 68). Am gefährlichsten aber war die Eroberungspolitik des mexikanischen Staates. Um alle Länder sich und ihrem Gotte Huitzilopochtli zu unterwerfen, was das stete Streben der Mexikaner war (4, 117), hatten sie ihre Herrschaft vom atlantischen bis zum stillen Ozean ausgedehnt, ohne aber wirklich Widerstand leistende Länder ernstlich zu bezwingen und sich zu assimiliren. Und Montezuma II. noch machte es ebenso. Während in seinen Ländern Empörungen der unterworfenen Ländertheile ausbrachen, schickte er, anstatt das Gewonnene dauernd zu fesseln, seine Heere in immer fernere Gegenden, um immer mehr zu gewinnen (Waitz 4, 46), und "daher, sagt Waitz 4, 47, ist es wohl begreiflich, dass das grosse rasch gewachsene Reich des Montezuma durch ein paar kräftige und geschickt geführte Stösse zertrümmert werden konnte." Eine Menge einheimische Feinde, ganze Ländertheile erhoben sich und stellten sich auf Seiten der Spanier -- und so ist Mexiko, das so bevölkerte, reiche und blühende Land zum nicht geringsten Theil durch seine eigene Politik zu Grunde gegangen. Da diese Schilderung im Grossen und Ganzen auch auf Peru passt, wo der König als Stellvertreter Gottes auf Erden nur eine noch absolutere und drückendere Macht besass, wo gleichfalls Eroberungskriege das Land ausgedehnt und dadurch minder fest gemacht hatten, weil es nun in seinem Innern feindliche Elemente barg (Waitz 4, 399-413), da wir hier so ziemlich dasselbe finden, so brauchen wir die Verhältnisse des Inkareiches nicht genauer zu betrachten und gehen gleich zu Polynesien über.

Hier hat der Absolutismus und die Sonderstellung des Adels, die in der göttlichen Abstammung des Adels und der Könige wurzelt, die denkbar höchste, man könnte sagen eine logisch vollkommene Entwickelung gefunden. Ueberall, in Neuseeland, in Tahiti, in

ihnen, Montezuma II., seinen gewaltthätigen und hoffärtigen Charakter in noch schärferer Entwickelung des Absolutismus und der Sonderstellung des Adels zeigte; das wurde doch vom Volk ertragen, ohne dass dadurch das Volk noch auch durch den Unwillen des Volkes die Herrscher gefährdet waren. Schlimmer war, dass die Herrscher durch ihren Absolutismus den eigenen Willen des Volkes zu sehr gelähmt hatten. »Die strenge und allgemeine Fügsamkeit in den Willen des Herrschers hat sich von Seiten des Volkes bei mehreren Gelegenheiten in unzweideutiger Weise gezeigt: auf einen Wink von Montezuma blieb Alles ruhig, sogar als er selbst von Cortez gefangen gesetzt wurde und mit der Eroberung der Hauptstadt hörte jeder Widerstand auf, nicht bloss weil die Grossen des Reichs dort alle vereinigt waren, sondern auch weil mit dem Falle des Herrschers für die bis zum Aeussersten standhaft gebliebenen Mexikaner die Pflicht der Selbstverteidigung wegfiel. Revolutionen des Volks waren — abgesehen von neu eroberten Ländern — fast unbekannt« (Waitz 4, 68). Am gefährlichsten aber war die Eroberungspolitik des mexikanischen Staates. Um alle Länder sich und ihrem Gotte Huitzilopochtli zu unterwerfen, was das stete Streben der Mexikaner war (4, 117), hatten sie ihre Herrschaft vom atlantischen bis zum stillen Ozean ausgedehnt, ohne aber wirklich Widerstand leistende Länder ernstlich zu bezwingen und sich zu assimiliren. Und Montezuma II. noch machte es ebenso. Während in seinen Ländern Empörungen der unterworfenen Ländertheile ausbrachen, schickte er, anstatt das Gewonnene dauernd zu fesseln, seine Heere in immer fernere Gegenden, um immer mehr zu gewinnen (Waitz 4, 46), und »daher, sagt Waitz 4, 47, ist es wohl begreiflich, dass das grosse rasch gewachsene Reich des Montezuma durch ein paar kräftige und geschickt geführte Stösse zertrümmert werden konnte.« Eine Menge einheimische Feinde, ganze Ländertheile erhoben sich und stellten sich auf Seiten der Spanier — und so ist Mexiko, das so bevölkerte, reiche und blühende Land zum nicht geringsten Theil durch seine eigene Politik zu Grunde gegangen. Da diese Schilderung im Grossen und Ganzen auch auf Peru passt, wo der König als Stellvertreter Gottes auf Erden nur eine noch absolutere und drückendere Macht besass, wo gleichfalls Eroberungskriege das Land ausgedehnt und dadurch minder fest gemacht hatten, weil es nun in seinem Innern feindliche Elemente barg (Waitz 4, 399-413), da wir hier so ziemlich dasselbe finden, so brauchen wir die Verhältnisse des Inkareiches nicht genauer zu betrachten und gehen gleich zu Polynesien über.

Hier hat der Absolutismus und die Sonderstellung des Adels, die in der göttlichen Abstammung des Adels und der Könige wurzelt, die denkbar höchste, man könnte sagen eine logisch vollkommene Entwickelung gefunden. Ueberall, in Neuseeland, in Tahiti, in

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 ohne dass dadurch das Volk noch auch durch den Unwillen des Volkes
 die Herrscher gefährdet waren. Schlimmer war, dass die
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[0092] ihnen, Montezuma II., seinen gewaltthätigen und hoffärtigen Charakter in noch schärferer Entwickelung des Absolutismus und der Sonderstellung des Adels zeigte; das wurde doch vom Volk ertragen, ohne dass dadurch das Volk noch auch durch den Unwillen des Volkes die Herrscher gefährdet waren. Schlimmer war, dass die Herrscher durch ihren Absolutismus den eigenen Willen des Volkes zu sehr gelähmt hatten. »Die strenge und allgemeine Fügsamkeit in den Willen des Herrschers hat sich von Seiten des Volkes bei mehreren Gelegenheiten in unzweideutiger Weise gezeigt: auf einen Wink von Montezuma blieb Alles ruhig, sogar als er selbst von Cortez gefangen gesetzt wurde und mit der Eroberung der Hauptstadt hörte jeder Widerstand auf, nicht bloss weil die Grossen des Reichs dort alle vereinigt waren, sondern auch weil mit dem Falle des Herrschers für die bis zum Aeussersten standhaft gebliebenen Mexikaner die Pflicht der Selbstverteidigung wegfiel. Revolutionen des Volks waren — abgesehen von neu eroberten Ländern — fast unbekannt« (Waitz 4, 68). Am gefährlichsten aber war die Eroberungspolitik des mexikanischen Staates. Um alle Länder sich und ihrem Gotte Huitzilopochtli zu unterwerfen, was das stete Streben der Mexikaner war (4, 117), hatten sie ihre Herrschaft vom atlantischen bis zum stillen Ozean ausgedehnt, ohne aber wirklich Widerstand leistende Länder ernstlich zu bezwingen und sich zu assimiliren. Und Montezuma II. noch machte es ebenso. Während in seinen Ländern Empörungen der unterworfenen Ländertheile ausbrachen, schickte er, anstatt das Gewonnene dauernd zu fesseln, seine Heere in immer fernere Gegenden, um immer mehr zu gewinnen (Waitz 4, 46), und »daher, sagt Waitz 4, 47, ist es wohl begreiflich, dass das grosse rasch gewachsene Reich des Montezuma durch ein paar kräftige und geschickt geführte Stösse zertrümmert werden konnte.« Eine Menge einheimische Feinde, ganze Ländertheile erhoben sich und stellten sich auf Seiten der Spanier — und so ist Mexiko, das so bevölkerte, reiche und blühende Land zum nicht geringsten Theil durch seine eigene Politik zu Grunde gegangen. Da diese Schilderung im Grossen und Ganzen auch auf Peru passt, wo der König als Stellvertreter Gottes auf Erden nur eine noch absolutere und drückendere Macht besass, wo gleichfalls Eroberungskriege das Land ausgedehnt und dadurch minder fest gemacht hatten, weil es nun in seinem Innern feindliche Elemente barg (Waitz 4, 399-413), da wir hier so ziemlich dasselbe finden, so brauchen wir die Verhältnisse des Inkareiches nicht genauer zu betrachten und gehen gleich zu Polynesien über. Hier hat der Absolutismus und die Sonderstellung des Adels, die in der göttlichen Abstammung des Adels und der Könige wurzelt, die denkbar höchste, man könnte sagen eine logisch vollkommene Entwickelung gefunden. Ueberall, in Neuseeland, in Tahiti, in

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Zitationshilfe: Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/92>, abgerufen am 24.11.2024.