§ 23. Zukunft der Naturvölker. Mittel, sie zu
heben.
Was wird nun die Zukunft der Naturvölker sein? Geradezu
vernichtet sind nur wenige bis jetzt und noch können wir, und
da wir Unfähigkeit zur Entwickelung, leibliche oder geistige,
nirgends bei ihnen finden, noch müssen wir hoffen. Freilich
ist viel verdorben; und die Leichtigkeit der Annäherung, das
Vertrauen, mit dem sie der Kultur entgegenkamen, ist bei den
meisten unwiederbringlich verloren.
Wie bisher die Missionäre die grössten Verdienste um
diese Völker haben, so fallen auch, wenn wir nach der Zukunft
fragen, unsere Augen zunächst auf die Missionäre. Wenn
wir bedenken, dass die Polynesier man kann wohl sagen ihre Rettung
bisher ihnen verdanken, dass, die Hottentotten und so mancher
amerikanische Stamm nur und allein durch sie Gelegenheit hatten,
auch die guten Seiten der Kultur an sich zu erfahren; so
können wir nicht dringend genug wünschen, dass ihr Werk
sich segensreich immer weiter ausbreiten möge. Dazu
gehört zunächst Unterstützung durch die weltlichen
Mächte, freilich anders als sie von Frankreich den
katholischen Missionären zu Theil wurde: denn die Staaten
müssten, im Interesse der jedesmaligen Eingeborenen, jede
segensreiche Wirksamkeit gleichviel von welcher Confession
gleichmässig schützen. Und so hat sich, um gar nicht vom
Christenthum zu reden, auch vom anthropologischen Standpunkt aus
die katholische Kirche und Frankreich in ihrem Dienst in der
Südsee schwer vergangen. Die Mächte, welche unter den
Naturvölkern Kolonien haben, England besonders, haben den
grössten Vortheil von einer tüchtigen Wirksamkeit der
Missionäre; denn einmal werden durch sie unnütze Kriege,
die doch auch den Weissen oft schädlich genug sind, vermieden,
und ferner die Eingeborenen selbst der Kolonie gewonnen. Man sollte
also von Staatswegen die Missionen mit allen Mitteln stützen
(nicht gewaltsam einführen, nur stützen), aber auch
zugleich ein wachsames Auge auf sie haben und sie nöthigen
Falles zur Rechenschaft ziehen. Denn Menschlichkeiten können
vorkommen und sind auch unter den protestantischen Missionären
der Südsee vorgekommen, welche z. B. in Neuseeland durch ihre
Landankäufe und Spekulationen sich und ihrer Sache und den
Eingeborenen gleichviel geschadet haben. Aber auch die
Missionäre müssen auf sich selbst das strengste Augenmerk
haben. Sie müssen immer mehr und mehr zu der richtigen und
wichtigen Einsicht gelangen, dass es nichts hilft, Völker zu
taufen oder sie auf abstrakte und für jene Menschen ebenso
unverständliche wie unbrauchbare Lehrbegriffe hinzuweisen,
wenn man nicht alle ihre Geisteskräfte weckt, die Wahrheiten
dieser Lehre sich anzueignen. Nach dieser Seite -- wer wollte
es läugnen? übersteigt es doch auch
§ 23. Zukunft der Naturvölker. Mittel, sie zu
heben.
Was wird nun die Zukunft der Naturvölker sein? Geradezu
vernichtet sind nur wenige bis jetzt und noch können wir, und
da wir Unfähigkeit zur Entwickelung, leibliche oder geistige,
nirgends bei ihnen finden, noch müssen wir hoffen. Freilich
ist viel verdorben; und die Leichtigkeit der Annäherung, das
Vertrauen, mit dem sie der Kultur entgegenkamen, ist bei den
meisten unwiederbringlich verloren.
Wie bisher die Missionäre die grössten Verdienste um
diese Völker haben, so fallen auch, wenn wir nach der Zukunft
fragen, unsere Augen zunächst auf die Missionäre. Wenn
wir bedenken, dass die Polynesier man kann wohl sagen ihre Rettung
bisher ihnen verdanken, dass, die Hottentotten und so mancher
amerikanische Stamm nur und allein durch sie Gelegenheit hatten,
auch die guten Seiten der Kultur an sich zu erfahren; so
können wir nicht dringend genug wünschen, dass ihr Werk
sich segensreich immer weiter ausbreiten möge. Dazu
gehört zunächst Unterstützung durch die weltlichen
Mächte, freilich anders als sie von Frankreich den
katholischen Missionären zu Theil wurde: denn die Staaten
müssten, im Interesse der jedesmaligen Eingeborenen, jede
segensreiche Wirksamkeit gleichviel von welcher Confession
gleichmässig schützen. Und so hat sich, um gar nicht vom
Christenthum zu reden, auch vom anthropologischen Standpunkt aus
die katholische Kirche und Frankreich in ihrem Dienst in der
Südsee schwer vergangen. Die Mächte, welche unter den
Naturvölkern Kolonien haben, England besonders, haben den
grössten Vortheil von einer tüchtigen Wirksamkeit der
Missionäre; denn einmal werden durch sie unnütze Kriege,
die doch auch den Weissen oft schädlich genug sind, vermieden,
und ferner die Eingeborenen selbst der Kolonie gewonnen. Man sollte
also von Staatswegen die Missionen mit allen Mitteln stützen
(nicht gewaltsam einführen, nur stützen), aber auch
zugleich ein wachsames Auge auf sie haben und sie nöthigen
Falles zur Rechenschaft ziehen. Denn Menschlichkeiten können
vorkommen und sind auch unter den protestantischen Missionären
der Südsee vorgekommen, welche z. B. in Neuseeland durch ihre
Landankäufe und Spekulationen sich und ihrer Sache und den
Eingeborenen gleichviel geschadet haben. Aber auch die
Missionäre müssen auf sich selbst das strengste Augenmerk
haben. Sie müssen immer mehr und mehr zu der richtigen und
wichtigen Einsicht gelangen, dass es nichts hilft, Völker zu
taufen oder sie auf abstrakte und für jene Menschen ebenso
unverständliche wie unbrauchbare Lehrbegriffe hinzuweisen,
wenn man nicht alle ihre Geisteskräfte weckt, die Wahrheiten
dieser Lehre sich anzueignen. Nach dieser Seite — wer wollte
es läugnen? übersteigt es doch auch
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da wir Unfähigkeit zur Entwickelung, leibliche oder geistige,
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Vertrauen, mit dem sie der Kultur entgegenkamen, ist bei den
meisten unwiederbringlich verloren.</p><p>Wie bisher die Missionäre die grössten Verdienste um
diese Völker haben, so fallen auch, wenn wir nach der Zukunft
fragen, unsere Augen zunächst auf die Missionäre. Wenn
wir bedenken, dass die Polynesier man kann wohl sagen ihre Rettung
bisher ihnen verdanken, dass, die Hottentotten und so mancher
amerikanische Stamm nur und allein durch sie Gelegenheit hatten,
auch die guten Seiten der Kultur an sich zu erfahren; so
können wir nicht dringend genug wünschen, dass ihr Werk
sich segensreich immer weiter ausbreiten möge. Dazu
gehört zunächst Unterstützung durch die weltlichen
Mächte, freilich anders als sie von Frankreich den
katholischen Missionären zu Theil wurde: denn die Staaten
müssten, im Interesse der jedesmaligen Eingeborenen, jede
segensreiche Wirksamkeit gleichviel von welcher Confession
gleichmässig schützen. Und so hat sich, um gar nicht vom
Christenthum zu reden, auch vom anthropologischen Standpunkt aus
die katholische Kirche und Frankreich in ihrem Dienst in der
Südsee schwer vergangen. Die Mächte, welche unter den
Naturvölkern Kolonien haben, England besonders, haben den
grössten Vortheil von einer tüchtigen Wirksamkeit der
Missionäre; denn einmal werden durch sie unnütze Kriege,
die doch auch den Weissen oft schädlich genug sind, vermieden,
und ferner die Eingeborenen selbst der Kolonie gewonnen. Man sollte
also von Staatswegen die Missionen mit allen Mitteln stützen
(nicht gewaltsam einführen, nur stützen), aber auch
zugleich ein wachsames Auge auf sie haben und sie nöthigen
Falles zur Rechenschaft ziehen. Denn Menschlichkeiten können
vorkommen und sind auch unter den protestantischen Missionären
der Südsee vorgekommen, welche z. B. in Neuseeland durch ihre
Landankäufe und Spekulationen sich und ihrer Sache und den
Eingeborenen gleichviel geschadet haben. Aber auch die
Missionäre müssen auf sich selbst das strengste Augenmerk
haben. Sie müssen immer mehr und mehr zu der richtigen und
wichtigen Einsicht gelangen, dass es nichts hilft, Völker zu
taufen oder sie auf abstrakte und für jene Menschen ebenso
unverständliche wie unbrauchbare Lehrbegriffe hinzuweisen,
wenn man nicht alle ihre Geisteskräfte weckt, die Wahrheiten
dieser Lehre sich anzueignen. Nach dieser Seite — wer wollte
es läugnen? übersteigt es doch auch
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§ 23. Zukunft der Naturvölker. Mittel, sie zu heben.
Was wird nun die Zukunft der Naturvölker sein? Geradezu vernichtet sind nur wenige bis jetzt und noch können wir, und da wir Unfähigkeit zur Entwickelung, leibliche oder geistige, nirgends bei ihnen finden, noch müssen wir hoffen. Freilich ist viel verdorben; und die Leichtigkeit der Annäherung, das Vertrauen, mit dem sie der Kultur entgegenkamen, ist bei den meisten unwiederbringlich verloren.
Wie bisher die Missionäre die grössten Verdienste um diese Völker haben, so fallen auch, wenn wir nach der Zukunft fragen, unsere Augen zunächst auf die Missionäre. Wenn wir bedenken, dass die Polynesier man kann wohl sagen ihre Rettung bisher ihnen verdanken, dass, die Hottentotten und so mancher amerikanische Stamm nur und allein durch sie Gelegenheit hatten, auch die guten Seiten der Kultur an sich zu erfahren; so können wir nicht dringend genug wünschen, dass ihr Werk sich segensreich immer weiter ausbreiten möge. Dazu gehört zunächst Unterstützung durch die weltlichen Mächte, freilich anders als sie von Frankreich den katholischen Missionären zu Theil wurde: denn die Staaten müssten, im Interesse der jedesmaligen Eingeborenen, jede segensreiche Wirksamkeit gleichviel von welcher Confession gleichmässig schützen. Und so hat sich, um gar nicht vom Christenthum zu reden, auch vom anthropologischen Standpunkt aus die katholische Kirche und Frankreich in ihrem Dienst in der Südsee schwer vergangen. Die Mächte, welche unter den Naturvölkern Kolonien haben, England besonders, haben den grössten Vortheil von einer tüchtigen Wirksamkeit der Missionäre; denn einmal werden durch sie unnütze Kriege, die doch auch den Weissen oft schädlich genug sind, vermieden, und ferner die Eingeborenen selbst der Kolonie gewonnen. Man sollte also von Staatswegen die Missionen mit allen Mitteln stützen (nicht gewaltsam einführen, nur stützen), aber auch zugleich ein wachsames Auge auf sie haben und sie nöthigen Falles zur Rechenschaft ziehen. Denn Menschlichkeiten können vorkommen und sind auch unter den protestantischen Missionären der Südsee vorgekommen, welche z. B. in Neuseeland durch ihre Landankäufe und Spekulationen sich und ihrer Sache und den Eingeborenen gleichviel geschadet haben. Aber auch die Missionäre müssen auf sich selbst das strengste Augenmerk haben. Sie müssen immer mehr und mehr zu der richtigen und wichtigen Einsicht gelangen, dass es nichts hilft, Völker zu taufen oder sie auf abstrakte und für jene Menschen ebenso unverständliche wie unbrauchbare Lehrbegriffe hinzuweisen, wenn man nicht alle ihre Geisteskräfte weckt, die Wahrheiten dieser Lehre sich anzueignen. Nach dieser Seite — wer wollte es läugnen? übersteigt es doch auch
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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/150>, abgerufen am 03.03.2025.
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