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Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868.

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Ein Nationalgeist ist erwacht, Schulen und Kirchen gegründet, regelmässige Handelsverbindungen und Gewerbe haben sich gebildet: kurz das gerade Gegentheil der moralischen Versunkenheit, in welcher noch vor Kurzem das Volk sich befand, fängt an sich zu entwickeln; medizinische Kenntnisse und ärztliche Hülfe verbreitet sich; Kleidung, Wohnung bessern sich allmählich. Freilich ist dies nur die Morgenröthe eines besseren Tages: aber schon zeigt sich deutlich genug, dass Christenthum und Bildung durch die Einwirkung der amerikanischen Mission und die Intelligenz der Fremden diese segensreichen Folgen haben. Noch schlagender zeigt sich das daraus, dass Kinder und Erwachsene, welche die Schulen besuchen und unter der unmittelbaren Leitung der Missionäre stehen, sich einer ausgezeichneten Gesundheit erfreuen und rasche Fortschritte machen. Dasselbe gilt von den Eingeborenen, welche unter dem Einfluss europäischer Familien stehen." Nach Virgin (1, 300) freilich scheint die Entwickelung nicht allzurasch weiter gegangen zu sein; doch auch er gibt an, dass vor 1820 die Abnahme der Bevölkerung stärker gewesen sei, als nachher, und dass die Missionen an verschiedenen Punkten die Abnahme ins Stocken gebracht haben durch möglichstes Hinwegräumen der bösen Ursachen, welche sie veranlassen. Auch Waitz 1, 177 erwähnt einige Inseln und Distrikte dieser Gruppe, wo die Bevölkerung nicht nur nicht abnimmt, sondern in nicht ganz unbedeutendem Anwachsen begriffen ist.

Ganz ebenso ist es in Tahiti. Auch hier hat die Volkszahl gleich nach dem ersten Zusammenstoss mit den Europäern sehr abgenommen, von 16,000 (Wilson) bis auf 8000 (Ellis) oder 9000 (Wilkes), denn Turnballs 5000 ist eine übertrieben niedrige Angabe. Nachher aber ist die Zahl gleich geblieben oder eher gewachsen; Virgin wenigstens gibt sie für 1852 auf 10,000 an (2, 41). Auf Raiatea dagegen nimmt die Bevölkerung stark zu (Waitz 2, 167 nach Journ. R. geogr. soc. III, 179). Auch Ellis (um 1830) sagt 1, 169, dass vor 1819 das Abnehmen der tahitischen Eingeborenen noch stark gewesen sei: 1819-20 seien Todesfälle und Geburten einander gleich gewesen und von da ab habe die Volkszahl stark zugenommen. Mag Ellis auch, der so eifrig für das Wohl der Insel thätig war, seine Hoffnungen auf jene Angabe vielleicht etwas mit haben einwirken lassen: bloss auf Uebertreibung beruht eine so sichere Behauptung eines so zuverlässigen Beobachters nicht. Allerdings klagt der französische Commandant der Insel, de la Ronciere, in seinem Bericht vom Dezember 1866 (Globus 12, 60-61) über die Trägheit, Indolenz und Flatterhaftigkeit der Bewohner; allein wenn man die Vorgänge während und nach der französischen Okkupation der Insel und die ganze Haltung der Franzosen wenigstens in der ersten Zeit ihres Aufenthalts bedenkt, so ist es nur allzu begreiflich, dass die Entwickelung der Insel durch sie nicht eben gefördert ist. Doch sind wir, wenn man

Ein Nationalgeist ist erwacht, Schulen und Kirchen gegründet, regelmässige Handelsverbindungen und Gewerbe haben sich gebildet: kurz das gerade Gegentheil der moralischen Versunkenheit, in welcher noch vor Kurzem das Volk sich befand, fängt an sich zu entwickeln; medizinische Kenntnisse und ärztliche Hülfe verbreitet sich; Kleidung, Wohnung bessern sich allmählich. Freilich ist dies nur die Morgenröthe eines besseren Tages: aber schon zeigt sich deutlich genug, dass Christenthum und Bildung durch die Einwirkung der amerikanischen Mission und die Intelligenz der Fremden diese segensreichen Folgen haben. Noch schlagender zeigt sich das daraus, dass Kinder und Erwachsene, welche die Schulen besuchen und unter der unmittelbaren Leitung der Missionäre stehen, sich einer ausgezeichneten Gesundheit erfreuen und rasche Fortschritte machen. Dasselbe gilt von den Eingeborenen, welche unter dem Einfluss europäischer Familien stehen.« Nach Virgin (1, 300) freilich scheint die Entwickelung nicht allzurasch weiter gegangen zu sein; doch auch er gibt an, dass vor 1820 die Abnahme der Bevölkerung stärker gewesen sei, als nachher, und dass die Missionen an verschiedenen Punkten die Abnahme ins Stocken gebracht haben durch möglichstes Hinwegräumen der bösen Ursachen, welche sie veranlassen. Auch Waitz 1, 177 erwähnt einige Inseln und Distrikte dieser Gruppe, wo die Bevölkerung nicht nur nicht abnimmt, sondern in nicht ganz unbedeutendem Anwachsen begriffen ist.

Ganz ebenso ist es in Tahiti. Auch hier hat die Volkszahl gleich nach dem ersten Zusammenstoss mit den Europäern sehr abgenommen, von 16,000 (Wilson) bis auf 8000 (Ellis) oder 9000 (Wilkes), denn Turnballs 5000 ist eine übertrieben niedrige Angabe. Nachher aber ist die Zahl gleich geblieben oder eher gewachsen; Virgin wenigstens gibt sie für 1852 auf 10,000 an (2, 41). Auf Raiatea dagegen nimmt die Bevölkerung stark zu (Waitz 2, 167 nach Journ. R. geogr. soc. III, 179). Auch Ellis (um 1830) sagt 1, 169, dass vor 1819 das Abnehmen der tahitischen Eingeborenen noch stark gewesen sei: 1819-20 seien Todesfälle und Geburten einander gleich gewesen und von da ab habe die Volkszahl stark zugenommen. Mag Ellis auch, der so eifrig für das Wohl der Insel thätig war, seine Hoffnungen auf jene Angabe vielleicht etwas mit haben einwirken lassen: bloss auf Uebertreibung beruht eine so sichere Behauptung eines so zuverlässigen Beobachters nicht. Allerdings klagt der französische Commandant der Insel, de la Roncière, in seinem Bericht vom Dezember 1866 (Globus 12, 60-61) über die Trägheit, Indolenz und Flatterhaftigkeit der Bewohner; allein wenn man die Vorgänge während und nach der französischen Okkupation der Insel und die ganze Haltung der Franzosen wenigstens in der ersten Zeit ihres Aufenthalts bedenkt, so ist es nur allzu begreiflich, dass die Entwickelung der Insel durch sie nicht eben gefördert ist. Doch sind wir, wenn man

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 in welcher noch vor Kurzem das Volk sich befand, fängt an sich
 zu entwickeln; medizinische Kenntnisse und ärztliche
 Hülfe verbreitet sich; Kleidung, Wohnung bessern sich
 allmählich. Freilich ist dies nur die Morgenröthe eines
 besseren Tages: aber schon zeigt sich deutlich genug, dass
 Christenthum und Bildung durch die Einwirkung der amerikanischen
 Mission und die Intelligenz der Fremden diese segensreichen Folgen
 haben. Noch schlagender zeigt sich das daraus, dass Kinder und
 Erwachsene, welche die Schulen besuchen und unter der unmittelbaren
 Leitung der Missionäre stehen, sich einer ausgezeichneten
 Gesundheit erfreuen und rasche Fortschritte machen. Dasselbe gilt
 von den Eingeborenen, welche unter dem Einfluss europäischer
 Familien stehen.« Nach Virgin (1, 300) freilich scheint die
 Entwickelung nicht allzurasch weiter gegangen zu sein; doch auch er
 gibt an, dass vor 1820 die Abnahme der Bevölkerung
 stärker gewesen sei, als nachher, und dass die Missionen an
 verschiedenen Punkten die Abnahme ins Stocken gebracht haben durch
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 gewachsen; Virgin wenigstens gibt sie für 1852 auf 10,000 an
 (2, 41). Auf Raiatea dagegen nimmt die Bevölkerung stark zu
 (Waitz 2, 167 nach Journ. R. geogr. soc. III, 179). Auch Ellis (um
 1830) sagt 1, 169, dass vor 1819 das Abnehmen der tahitischen
 Eingeborenen noch stark gewesen sei: 1819-20 seien Todesfälle
 und Geburten einander gleich gewesen und von da ab habe die
 Volkszahl stark zugenommen. Mag Ellis auch, der so eifrig für
 das Wohl der Insel thätig war, seine Hoffnungen auf jene
 Angabe vielleicht etwas mit haben einwirken lassen: bloss auf
 Uebertreibung beruht eine so sichere Behauptung eines so
 zuverlässigen Beobachters nicht. Allerdings klagt der
 französische Commandant der Insel, de la Roncière, in
 seinem Bericht vom Dezember 1866 (Globus 12, 60-61) über die
 Trägheit, Indolenz und Flatterhaftigkeit der Bewohner; allein
 wenn man die Vorgänge während und nach der
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Zitationshilfe: Gerland, Georg: Über das Aussterben der Naturvölker. Leipzig, 1868, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerland_naturvoelker_1868/140>, abgerufen am 24.11.2024.