Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

Vierter Abschnitt. Die Abwehr der Torpedos.
sein, denn die Panzerung ist Gewicht, und Gewicht ist der größte
Feind der Schnelligkeit. Eine Panzerung würde eine Vergrößerung
nach sich ziehen, das gäbe wieder ein Schiff und in weiterer Folge
ein großes Panzerschiff. Man braucht aber Boote, um auch in
flachen Gewässern und bei Nacht operiren zu können, man braucht
Boote, um eine Defensive selbst mit geringeren Mitteln wirksam
machen zu können, man braucht Boote, um den Torpedo verwenden
zu können, Boote größerer oder kleinerer Art, jedenfalls Boote.

Ist denn aber der Torpedo so wirksam, daß er die Kosten und
Mühen der Herstellung und Ausbildung rechtfertigt?

Es sind in dieser Beziehung in England, Frankreich, Italien
und auch in Deutschland Versuche gemacht worden.

Das Ergebniß dieser Versuche war die Einführung der Torpedos;
das ist die kürzeste Antwort.

Es war früher schon gesagt worden, daß ein einziger Torpedo
ein modernes Schiff wohl nicht zum Sinken bringen wird; denkt
man indessen an die mannigfachen, verletzlichen, unter Wasser liegenden
und zum Zwecke des Schutzes unter Wasser gelegten Maschinen und
sonstigen Apparate eines Schiffes, und berücksichtigt man, daß der
Torpedo gerade diese Theile zu treffen und außer Betrieb zu setzen
geeignet ist, so wird es einleuchten, daß ein einziger Torpedo sehr
wohl ein Schiff außer Gefecht setzen kann.

Weil der Torpedo eine vorzügliche, offensive Vertheidigungswaffe
ist, weil er zwar nicht in der, bei seiner Entstehung erhofften, immer-
hin aber in gewisser Weise geeignet ist, den Unterschied zwischen
großen und kleinen Schiffen und Flotten wenigstens etwas aus-
zugleichen, weil er schnellen Erfolg verspricht und weil er, wenn am
rechten Orte, in rechter Weise, zur rechten Zeit angewendet, durch-
schlagenden
Erfolg verspricht, darum der Aufwand an Geld und
Scharfsinn, darum der Aufwand an Mühe und Arbeit, darum der
Aufwand von Zeit und Arbeitskraft, darum das unausgesetzte Be-
streben nach Vervollkommnung!

Wird der Torpedo dauernd eine Waffe bleiben?

Wer will und kann die Frage beantworten!

Es seien hier Erfindungen übergangen, wie der kürzlich in Eng-
land entstandene Lufttorpedo, der nichts Anderes ist als eine größere
oder kleinere Menge Sprengstoff, die von einem Luftballon über den

Vierter Abſchnitt. Die Abwehr der Torpedos.
ſein, denn die Panzerung iſt Gewicht, und Gewicht iſt der größte
Feind der Schnelligkeit. Eine Panzerung würde eine Vergrößerung
nach ſich ziehen, das gäbe wieder ein Schiff und in weiterer Folge
ein großes Panzerſchiff. Man braucht aber Boote, um auch in
flachen Gewäſſern und bei Nacht operiren zu können, man braucht
Boote, um eine Defenſive ſelbſt mit geringeren Mitteln wirkſam
machen zu können, man braucht Boote, um den Torpedo verwenden
zu können, Boote größerer oder kleinerer Art, jedenfalls Boote.

Iſt denn aber der Torpedo ſo wirkſam, daß er die Koſten und
Mühen der Herſtellung und Ausbildung rechtfertigt?

Es ſind in dieſer Beziehung in England, Frankreich, Italien
und auch in Deutſchland Verſuche gemacht worden.

Das Ergebniß dieſer Verſuche war die Einführung der Torpedos;
das iſt die kürzeſte Antwort.

Es war früher ſchon geſagt worden, daß ein einziger Torpedo
ein modernes Schiff wohl nicht zum Sinken bringen wird; denkt
man indeſſen an die mannigfachen, verletzlichen, unter Waſſer liegenden
und zum Zwecke des Schutzes unter Waſſer gelegten Maſchinen und
ſonſtigen Apparate eines Schiffes, und berückſichtigt man, daß der
Torpedo gerade dieſe Theile zu treffen und außer Betrieb zu ſetzen
geeignet iſt, ſo wird es einleuchten, daß ein einziger Torpedo ſehr
wohl ein Schiff außer Gefecht ſetzen kann.

Weil der Torpedo eine vorzügliche, offenſive Vertheidigungswaffe
iſt, weil er zwar nicht in der, bei ſeiner Entſtehung erhofften, immer-
hin aber in gewiſſer Weiſe geeignet iſt, den Unterſchied zwiſchen
großen und kleinen Schiffen und Flotten wenigſtens etwas aus-
zugleichen, weil er ſchnellen Erfolg verſpricht und weil er, wenn am
rechten Orte, in rechter Weiſe, zur rechten Zeit angewendet, durch-
ſchlagenden
Erfolg verſpricht, darum der Aufwand an Geld und
Scharfſinn, darum der Aufwand an Mühe und Arbeit, darum der
Aufwand von Zeit und Arbeitskraft, darum das unausgeſetzte Be-
ſtreben nach Vervollkommnung!

Wird der Torpedo dauernd eine Waffe bleiben?

Wer will und kann die Frage beantworten!

Es ſeien hier Erfindungen übergangen, wie der kürzlich in Eng-
land entſtandene Lufttorpedo, der nichts Anderes iſt als eine größere
oder kleinere Menge Sprengſtoff, die von einem Luftballon über den

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0112" n="92"/><fw place="top" type="header">Vierter Ab&#x017F;chnitt. Die Abwehr der Torpedos.</fw><lb/>
&#x017F;ein, denn die Panzerung i&#x017F;t Gewicht, und Gewicht i&#x017F;t der größte<lb/>
Feind der Schnelligkeit. Eine Panzerung würde eine Vergrößerung<lb/>
nach &#x017F;ich ziehen, das gäbe wieder ein Schiff und in weiterer Folge<lb/>
ein großes Panzer&#x017F;chiff. Man braucht aber <hi rendition="#g">Boote</hi>, um auch in<lb/>
flachen Gewä&#x017F;&#x017F;ern und bei Nacht operiren zu können, man braucht<lb/><hi rendition="#g">Boote</hi>, um eine Defen&#x017F;ive &#x017F;elb&#x017F;t mit geringeren Mitteln wirk&#x017F;am<lb/>
machen zu können, man braucht <hi rendition="#g">Boote</hi>, um den Torpedo verwenden<lb/>
zu können, Boote größerer oder kleinerer Art, jedenfalls Boote.</p><lb/>
          <p>I&#x017F;t denn aber der Torpedo &#x017F;o wirk&#x017F;am, daß er die Ko&#x017F;ten und<lb/>
Mühen der Her&#x017F;tellung und Ausbildung rechtfertigt?</p><lb/>
          <p>Es &#x017F;ind in die&#x017F;er Beziehung in England, Frankreich, Italien<lb/>
und auch in Deut&#x017F;chland Ver&#x017F;uche gemacht worden.</p><lb/>
          <p>Das Ergebniß die&#x017F;er Ver&#x017F;uche war die Einführung der Torpedos;<lb/>
das i&#x017F;t die kürze&#x017F;te Antwort.</p><lb/>
          <p>Es war früher &#x017F;chon ge&#x017F;agt worden, daß ein einziger Torpedo<lb/>
ein modernes Schiff wohl nicht zum Sinken bringen wird; denkt<lb/>
man inde&#x017F;&#x017F;en an die mannigfachen, verletzlichen, unter Wa&#x017F;&#x017F;er liegenden<lb/>
und zum Zwecke des Schutzes unter Wa&#x017F;&#x017F;er gelegten Ma&#x017F;chinen und<lb/>
&#x017F;on&#x017F;tigen Apparate eines Schiffes, und berück&#x017F;ichtigt man, daß der<lb/>
Torpedo gerade die&#x017F;e Theile zu treffen und außer Betrieb zu &#x017F;etzen<lb/>
geeignet i&#x017F;t, &#x017F;o wird es einleuchten, daß ein einziger Torpedo &#x017F;ehr<lb/>
wohl ein Schiff außer Gefecht &#x017F;etzen kann.</p><lb/>
          <p>Weil der Torpedo eine vorzügliche, offen&#x017F;ive Vertheidigungswaffe<lb/>
i&#x017F;t, weil er zwar nicht in der, bei &#x017F;einer Ent&#x017F;tehung erhofften, immer-<lb/>
hin aber in gewi&#x017F;&#x017F;er Wei&#x017F;e geeignet i&#x017F;t, den Unter&#x017F;chied zwi&#x017F;chen<lb/>
großen und kleinen Schiffen und Flotten wenig&#x017F;tens <hi rendition="#g">etwas</hi> aus-<lb/>
zugleichen, weil er &#x017F;chnellen Erfolg ver&#x017F;pricht und weil er, wenn am<lb/>
rechten Orte, in rechter Wei&#x017F;e, zur rechten Zeit angewendet, <hi rendition="#g">durch-<lb/>
&#x017F;chlagenden</hi> Erfolg ver&#x017F;pricht, darum der Aufwand an Geld und<lb/>
Scharf&#x017F;inn, darum der Aufwand an Mühe und Arbeit, darum der<lb/>
Aufwand von Zeit und Arbeitskraft, darum das unausge&#x017F;etzte Be-<lb/>
&#x017F;treben nach Vervollkommnung!</p><lb/>
          <p>Wird der Torpedo dauernd eine Waffe bleiben?</p><lb/>
          <p>Wer will und kann die Frage beantworten!</p><lb/>
          <p>Es &#x017F;eien hier Erfindungen übergangen, wie der kürzlich in Eng-<lb/>
land ent&#x017F;tandene Lufttorpedo, der nichts Anderes i&#x017F;t als eine größere<lb/>
oder kleinere Menge Spreng&#x017F;toff, die von einem Luftballon über den<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[92/0112] Vierter Abſchnitt. Die Abwehr der Torpedos. ſein, denn die Panzerung iſt Gewicht, und Gewicht iſt der größte Feind der Schnelligkeit. Eine Panzerung würde eine Vergrößerung nach ſich ziehen, das gäbe wieder ein Schiff und in weiterer Folge ein großes Panzerſchiff. Man braucht aber Boote, um auch in flachen Gewäſſern und bei Nacht operiren zu können, man braucht Boote, um eine Defenſive ſelbſt mit geringeren Mitteln wirkſam machen zu können, man braucht Boote, um den Torpedo verwenden zu können, Boote größerer oder kleinerer Art, jedenfalls Boote. Iſt denn aber der Torpedo ſo wirkſam, daß er die Koſten und Mühen der Herſtellung und Ausbildung rechtfertigt? Es ſind in dieſer Beziehung in England, Frankreich, Italien und auch in Deutſchland Verſuche gemacht worden. Das Ergebniß dieſer Verſuche war die Einführung der Torpedos; das iſt die kürzeſte Antwort. Es war früher ſchon geſagt worden, daß ein einziger Torpedo ein modernes Schiff wohl nicht zum Sinken bringen wird; denkt man indeſſen an die mannigfachen, verletzlichen, unter Waſſer liegenden und zum Zwecke des Schutzes unter Waſſer gelegten Maſchinen und ſonſtigen Apparate eines Schiffes, und berückſichtigt man, daß der Torpedo gerade dieſe Theile zu treffen und außer Betrieb zu ſetzen geeignet iſt, ſo wird es einleuchten, daß ein einziger Torpedo ſehr wohl ein Schiff außer Gefecht ſetzen kann. Weil der Torpedo eine vorzügliche, offenſive Vertheidigungswaffe iſt, weil er zwar nicht in der, bei ſeiner Entſtehung erhofften, immer- hin aber in gewiſſer Weiſe geeignet iſt, den Unterſchied zwiſchen großen und kleinen Schiffen und Flotten wenigſtens etwas aus- zugleichen, weil er ſchnellen Erfolg verſpricht und weil er, wenn am rechten Orte, in rechter Weiſe, zur rechten Zeit angewendet, durch- ſchlagenden Erfolg verſpricht, darum der Aufwand an Geld und Scharfſinn, darum der Aufwand an Mühe und Arbeit, darum der Aufwand von Zeit und Arbeitskraft, darum das unausgeſetzte Be- ſtreben nach Vervollkommnung! Wird der Torpedo dauernd eine Waffe bleiben? Wer will und kann die Frage beantworten! Es ſeien hier Erfindungen übergangen, wie der kürzlich in Eng- land entſtandene Lufttorpedo, der nichts Anderes iſt als eine größere oder kleinere Menge Sprengſtoff, die von einem Luftballon über den

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/112
Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/112>, abgerufen am 23.11.2024.