Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.§. 27. Der Monarch. Verwandtenkreises, welche zum regierenden Hausegehören. Die Mitglieder des Regentenhauses bilden eine mit eigenthümlichen Rechten ausgestattete, durch die Hausgewalt des Monarchen formirte Personenge- meinschaft;1 sie können nicht dem Begriffe irgend einer anderen Classe von Staatsbürgern unterstellt, sondern müssen als eine eigene, selbständige Classe für sich auf- gefasst werden.2 Es gehören dazu die Gemahlin des Monarchen, alle als ebenbürtig anerkannten Prinzen (s. g. Agnaten) mit ihren ebenbürtigen Gemahlinnen, und die Prinzessinnen bis zu ihrer Verheirathung.3 Das Recht, auf welchem der specifische Character 1 Ueber die rechtliche Auffassung solcher Personenkreise siehe mein System des deutschen Privatrechts, §. 37. und §. 221. Note 1. 2 Sie gehören zu den der Staatsgewalt, mithin dem Monarchen unterworfenen Staatsbürgern, bilden aber eine Classe für sich, deren besondere Rechtsstellung allein auf der Zugehörigkeit zu der Person des Monarchen und ihrem Verhältnisse zur Thronfolge beruht. Folglich sind sie aus ihrer ehemaligen Genossenschaft mit dem hohen Adel zur Zeit des deutschen Reichs herausgetreten (das Gegentheil kann nicht aus der Fassung des Art. 14. der Bun- desacte geschlossen werden; vergl. N. 7. des §. 18.). Der Monarch selbst tritt als Staatsoberhaupt aus jeder staatsbürgerlichen Ge- nossenschaft heraus; auch seine Stellung als Oberhaupt seines Hauses muss jetzt als ein Bestandtheil seines Monarchenrechts aufgefasst werden. 3 Bei nicht standesmässiger Verheirathung behalten sich die
Prinzessinnen wohl ihre Standesstellung und Mitgliedschaft des Regentenhauses vor. §. 27. Der Monarch. Verwandtenkreises, welche zum regierenden Hausegehören. Die Mitglieder des Regentenhauses bilden eine mit eigenthümlichen Rechten ausgestattete, durch die Hausgewalt des Monarchen formirte Personenge- meinschaft;1 sie können nicht dem Begriffe irgend einer anderen Classe von Staatsbürgern unterstellt, sondern müssen als eine eigene, selbständige Classe für sich auf- gefasst werden.2 Es gehören dazu die Gemahlin des Monarchen, alle als ebenbürtig anerkannten Prinzen (s. g. Agnaten) mit ihren ebenbürtigen Gemahlinnen, und die Prinzessinnen bis zu ihrer Verheirathung.3 Das Recht, auf welchem der specifische Character 1 Ueber die rechtliche Auffassung solcher Personenkreise siehe mein System des deutschen Privatrechts, §. 37. und §. 221. Note 1. 2 Sie gehören zu den der Staatsgewalt, mithin dem Monarchen unterworfenen Staatsbürgern, bilden aber eine Classe für sich, deren besondere Rechtsstellung allein auf der Zugehörigkeit zu der Person des Monarchen und ihrem Verhältnisse zur Thronfolge beruht. Folglich sind sie aus ihrer ehemaligen Genossenschaft mit dem hohen Adel zur Zeit des deutschen Reichs herausgetreten (das Gegentheil kann nicht aus der Fassung des Art. 14. der Bun- desacte geschlossen werden; vergl. N. 7. des §. 18.). Der Monarch selbst tritt als Staatsoberhaupt aus jeder staatsbürgerlichen Ge- nossenschaft heraus; auch seine Stellung als Oberhaupt seines Hauses muss jetzt als ein Bestandtheil seines Monarchenrechts aufgefasst werden. 3 Bei nicht standesmässiger Verheirathung behalten sich die
Prinzessinnen wohl ihre Standesstellung und Mitgliedschaft des Regentenhauses vor. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0095" n="77"/><fw place="top" type="header">§. 27. Der Monarch.</fw><lb/> Verwandtenkreises, welche zum <hi rendition="#g">regierenden Hause</hi><lb/> gehören. Die Mitglieder des Regentenhauses bilden<lb/> eine mit eigenthümlichen Rechten ausgestattete, durch<lb/> die Hausgewalt des Monarchen formirte Personenge-<lb/> meinschaft;<note place="foot" n="1">Ueber die rechtliche Auffassung solcher Personenkreise<lb/> siehe <hi rendition="#g">mein</hi> System des deutschen Privatrechts, §. 37. und §. 221.<lb/> Note 1.</note> sie können nicht dem Begriffe irgend einer<lb/> anderen Classe von Staatsbürgern unterstellt, sondern<lb/> müssen als eine eigene, selbständige Classe für sich auf-<lb/> gefasst werden.<note place="foot" n="2">Sie gehören zu den der Staatsgewalt, mithin dem Monarchen<lb/> unterworfenen Staatsbürgern, bilden aber eine Classe für sich,<lb/> deren besondere Rechtsstellung allein auf der Zugehörigkeit zu<lb/> der Person des Monarchen und ihrem Verhältnisse zur Thronfolge<lb/> beruht. Folglich sind sie aus ihrer ehemaligen Genossenschaft<lb/> mit dem hohen Adel zur Zeit des deutschen Reichs herausgetreten<lb/> (das Gegentheil kann nicht aus der Fassung des Art. 14. der Bun-<lb/> desacte geschlossen werden; vergl. N. 7. des §. 18.). Der Monarch<lb/> selbst tritt als Staatsoberhaupt aus jeder staatsbürgerlichen Ge-<lb/> nossenschaft heraus; auch seine Stellung als Oberhaupt seines<lb/> Hauses muss jetzt als ein Bestandtheil seines Monarchenrechts<lb/> aufgefasst werden.</note> Es gehören dazu die Gemahlin des<lb/> Monarchen, alle als ebenbürtig anerkannten Prinzen<lb/> (s. g. Agnaten) mit ihren ebenbürtigen Gemahlinnen,<lb/> und die Prinzessinnen bis zu ihrer Verheirathung.<note place="foot" n="3">Bei nicht standesmässiger Verheirathung behalten sich die<lb/> Prinzessinnen wohl ihre Standesstellung und Mitgliedschaft des<lb/> Regentenhauses vor.</note></p><lb/> <p>Das Recht, auf welchem der specifische Character<lb/> der Stellung der Mitglieder des Regentenhauses be-<lb/> ruht, ist das eventuelle Thronfolgerecht derselben nach<lb/> Massgabe der bestehenden Successionsordnung, sowie<lb/> das Recht, zur Regentschaft berufen zu werden, wenn<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [77/0095]
§. 27. Der Monarch.
Verwandtenkreises, welche zum regierenden Hause
gehören. Die Mitglieder des Regentenhauses bilden
eine mit eigenthümlichen Rechten ausgestattete, durch
die Hausgewalt des Monarchen formirte Personenge-
meinschaft; 1 sie können nicht dem Begriffe irgend einer
anderen Classe von Staatsbürgern unterstellt, sondern
müssen als eine eigene, selbständige Classe für sich auf-
gefasst werden. 2 Es gehören dazu die Gemahlin des
Monarchen, alle als ebenbürtig anerkannten Prinzen
(s. g. Agnaten) mit ihren ebenbürtigen Gemahlinnen,
und die Prinzessinnen bis zu ihrer Verheirathung. 3
Das Recht, auf welchem der specifische Character
der Stellung der Mitglieder des Regentenhauses be-
ruht, ist das eventuelle Thronfolgerecht derselben nach
Massgabe der bestehenden Successionsordnung, sowie
das Recht, zur Regentschaft berufen zu werden, wenn
1 Ueber die rechtliche Auffassung solcher Personenkreise
siehe mein System des deutschen Privatrechts, §. 37. und §. 221.
Note 1.
2 Sie gehören zu den der Staatsgewalt, mithin dem Monarchen
unterworfenen Staatsbürgern, bilden aber eine Classe für sich,
deren besondere Rechtsstellung allein auf der Zugehörigkeit zu
der Person des Monarchen und ihrem Verhältnisse zur Thronfolge
beruht. Folglich sind sie aus ihrer ehemaligen Genossenschaft
mit dem hohen Adel zur Zeit des deutschen Reichs herausgetreten
(das Gegentheil kann nicht aus der Fassung des Art. 14. der Bun-
desacte geschlossen werden; vergl. N. 7. des §. 18.). Der Monarch
selbst tritt als Staatsoberhaupt aus jeder staatsbürgerlichen Ge-
nossenschaft heraus; auch seine Stellung als Oberhaupt seines
Hauses muss jetzt als ein Bestandtheil seines Monarchenrechts
aufgefasst werden.
3 Bei nicht standesmässiger Verheirathung behalten sich die
Prinzessinnen wohl ihre Standesstellung und Mitgliedschaft des
Regentenhauses vor.
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Zitationshilfe: | Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/95>, abgerufen am 16.07.2024. |