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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 61. Individualrechte.
Recht einer bestimmten Staatsgewalt, ist ein erworbenes
öffentliches Individualrecht; analog ist das Gemeinde-
bürgerrecht und das Recht, Mitglied der politisch be-
rechtigten Adelscorporation eines Landes oder einer
Provinz zu sein. In allen den Fällen, in welchen die
Anerkennung solcher Rechte von der Regierung selbst
verlangt wird, wäre principiell die Competenz der Ge-
richte nicht undenkbar, sofern es nur überhaupt möglich
wäre, die Regierung als Processpartei darzustellen.2 In-
dessen sind solche Streitigkeiten fast überall in Deutsch-
land der Entscheidung der Verwaltungsbehörden anheim
gegeben. Wenn sie dagegen in einem anhängigen Civil-
processe als incidente Präjudicialpunkte auftauchen, so
haben die Gerichte allerdings auch darüber zu erkennen.

6. Oeffentliche Rechte, welche im Allgemeinen den
Character von Privilegien haben, z. B. Steuerfreiheit,
Militär-, Einquartirungsfreiheit, Patrimonialgerichtsbar-
keit, Patronatrecht3 u. s. w., enthalten, gemäss ihrer
Natur als wohlerworbene Rechte, Nichts, wodurch die
Ausschliessung der Competenz der Gerichte zur Ent-
scheidung über ihre Existenz und Wirkungen zur Noth-

2 In der älteren Zeit verklagte man wohl die "Landesherr-
schaft" auch da, wo man ihr als der Staatsgewalt entgegentrat.
Diess ist jetzt nicht mehr möglich, aber es wäre sehr wünschens-
werth, dass nicht bloss für eine processualische Vertretung des
Fiscus, sondern auch der Staatsgewalt als solcher gesorgt würde
(etwa durch Aufstellung eines Staatsanwalts in diesem Sinne). In-
direct kann aber diese Schwierigkeit gehoben werden, wenn der
Fall den S. 201 flg. besprochenen Character annimmt.
3 Es gehören dahin auch alle diejenigen Gewerberechte,
welche aus der älteren privatrechtlichen Behandlung des Gewerbe-
wesens hervorgegangen sind, z. B. Realgewerberechte, Bann-
rechte, Zunftprivilegien u. s. w.
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§. 61. Individualrechte.
Recht einer bestimmten Staatsgewalt, ist ein erworbenes
öffentliches Individualrecht; analog ist das Gemeinde-
bürgerrecht und das Recht, Mitglied der politisch be-
rechtigten Adelscorporation eines Landes oder einer
Provinz zu sein. In allen den Fällen, in welchen die
Anerkennung solcher Rechte von der Regierung selbst
verlangt wird, wäre principiell die Competenz der Ge-
richte nicht undenkbar, sofern es nur überhaupt möglich
wäre, die Regierung als Processpartei darzustellen.2 In-
dessen sind solche Streitigkeiten fast überall in Deutsch-
land der Entscheidung der Verwaltungsbehörden anheim
gegeben. Wenn sie dagegen in einem anhängigen Civil-
processe als incidente Präjudicialpunkte auftauchen, so
haben die Gerichte allerdings auch darüber zu erkennen.

6. Oeffentliche Rechte, welche im Allgemeinen den
Character von Privilegien haben, z. B. Steuerfreiheit,
Militär-, Einquartirungsfreiheit, Patrimonialgerichtsbar-
keit, Patronatrecht3 u. s. w., enthalten, gemäss ihrer
Natur als wohlerworbene Rechte, Nichts, wodurch die
Ausschliessung der Competenz der Gerichte zur Ent-
scheidung über ihre Existenz und Wirkungen zur Noth-

2 In der älteren Zeit verklagte man wohl die „Landesherr-
schaft“ auch da, wo man ihr als der Staatsgewalt entgegentrat.
Diess ist jetzt nicht mehr möglich, aber es wäre sehr wünschens-
werth, dass nicht bloss für eine processualische Vertretung des
Fiscus, sondern auch der Staatsgewalt als solcher gesorgt würde
(etwa durch Aufstellung eines Staatsanwalts in diesem Sinne). In-
direct kann aber diese Schwierigkeit gehoben werden, wenn der
Fall den S. 201 flg. besprochenen Character annimmt.
3 Es gehören dahin auch alle diejenigen Gewerberechte,
welche aus der älteren privatrechtlichen Behandlung des Gewerbe-
wesens hervorgegangen sind, z. B. Realgewerberechte, Bann-
rechte, Zunftprivilegien u. s. w.
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[195/0213] §. 61. Individualrechte. Recht einer bestimmten Staatsgewalt, ist ein erworbenes öffentliches Individualrecht; analog ist das Gemeinde- bürgerrecht und das Recht, Mitglied der politisch be- rechtigten Adelscorporation eines Landes oder einer Provinz zu sein. In allen den Fällen, in welchen die Anerkennung solcher Rechte von der Regierung selbst verlangt wird, wäre principiell die Competenz der Ge- richte nicht undenkbar, sofern es nur überhaupt möglich wäre, die Regierung als Processpartei darzustellen. 2 In- dessen sind solche Streitigkeiten fast überall in Deutsch- land der Entscheidung der Verwaltungsbehörden anheim gegeben. Wenn sie dagegen in einem anhängigen Civil- processe als incidente Präjudicialpunkte auftauchen, so haben die Gerichte allerdings auch darüber zu erkennen. 6. Oeffentliche Rechte, welche im Allgemeinen den Character von Privilegien haben, z. B. Steuerfreiheit, Militär-, Einquartirungsfreiheit, Patrimonialgerichtsbar- keit, Patronatrecht 3 u. s. w., enthalten, gemäss ihrer Natur als wohlerworbene Rechte, Nichts, wodurch die Ausschliessung der Competenz der Gerichte zur Ent- scheidung über ihre Existenz und Wirkungen zur Noth- 2 In der älteren Zeit verklagte man wohl die „Landesherr- schaft“ auch da, wo man ihr als der Staatsgewalt entgegentrat. Diess ist jetzt nicht mehr möglich, aber es wäre sehr wünschens- werth, dass nicht bloss für eine processualische Vertretung des Fiscus, sondern auch der Staatsgewalt als solcher gesorgt würde (etwa durch Aufstellung eines Staatsanwalts in diesem Sinne). In- direct kann aber diese Schwierigkeit gehoben werden, wenn der Fall den S. 201 flg. besprochenen Character annimmt. 3 Es gehören dahin auch alle diejenigen Gewerberechte, welche aus der älteren privatrechtlichen Behandlung des Gewerbe- wesens hervorgegangen sind, z. B. Realgewerberechte, Bann- rechte, Zunftprivilegien u. s. w. 13*

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/213>, abgerufen am 24.11.2024.