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Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865.

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§. 39. Die Landstände.
eine Sicherheit dafür bestehen, dass der persönliche
Wille des Monarchen mit der sittlichen Ueberzeugung
des Volks zusammentreffe. Denn von dem sittlichen
Bewusstsein des letzteren sollen die materiellen Motive
des Staatswillens ausgehen. Sonach bedarf der Staat
noch ein besonderes Organ, welches die beiden Auf-
gaben erfüllt, die Rechtmässigkeit des Regierens zu
sichern und die sittlichen Ueberzeugungen des Volks
zum unmittelbaren und wirksamen Ausdrucke zu bringen.
Dieses Organ sind die Landstände; ihre Aufgabe ist
nicht: zu herrschen, sondern beschränkend zu dem
herrschenden Willen des Monarchen hinzuzutreten, so
dass dieser erst zu rechtlicher Existenz gelangt, wenn
er da, wo es die Verfassung fordert, den Willen der
Landstände in sich aufgenommen hat. 2

Landstände sind von jeher ein Element der deut-
schen Landesverfassung gewesen. Aber die älteren
deutschen Territorialstände können nur in Verbindung
mit den allgemeinen staatsrechtlichen Verhältnissen ihrer
Zeit begriffen werden, mit deren Untergang sie als eine
ihr angehörende Gestaltung verschwunden sind; die
Stände der Gegenwart sind als ein neues Institut aus
dem Boden eines völlig veränderten Staatsrechts hervor-
gewachsen. 3 Die älteren deutschen Stände, Prälaten,

2 So und nicht anders fasst das deutsche Staatsrecht die
Stellung der Landstände auf.
3 Die Ansicht, dass die heutigen Stände eine unmittelbare
Fortsetzung der älteren Stände seien, etwa nur modificirt nach dem
Bedürfnisse der Gegenwart, ist gewiss unrichtig. Diess selbst für
diejenigen Länder, welche in die neue Verfassung einzelne Ele-
mente der älteren ständischen Verfassung aufgenommen haben.

§. 39. Die Landstände.
eine Sicherheit dafür bestehen, dass der persönliche
Wille des Monarchen mit der sittlichen Ueberzeugung
des Volks zusammentreffe. Denn von dem sittlichen
Bewusstsein des letzteren sollen die materiellen Motive
des Staatswillens ausgehen. Sonach bedarf der Staat
noch ein besonderes Organ, welches die beiden Auf-
gaben erfüllt, die Rechtmässigkeit des Regierens zu
sichern und die sittlichen Ueberzeugungen des Volks
zum unmittelbaren und wirksamen Ausdrucke zu bringen.
Dieses Organ sind die Landstände; ihre Aufgabe ist
nicht: zu herrschen, sondern beschränkend zu dem
herrschenden Willen des Monarchen hinzuzutreten, so
dass dieser erst zu rechtlicher Existenz gelangt, wenn
er da, wo es die Verfassung fordert, den Willen der
Landstände in sich aufgenommen hat. 2

Landstände sind von jeher ein Element der deut-
schen Landesverfassung gewesen. Aber die älteren
deutschen Territorialstände können nur in Verbindung
mit den allgemeinen staatsrechtlichen Verhältnissen ihrer
Zeit begriffen werden, mit deren Untergang sie als eine
ihr angehörende Gestaltung verschwunden sind; die
Stände der Gegenwart sind als ein neues Institut aus
dem Boden eines völlig veränderten Staatsrechts hervor-
gewachsen. 3 Die älteren deutschen Stände, Prälaten,

2 So und nicht anders fasst das deutsche Staatsrecht die
Stellung der Landstände auf.
3 Die Ansicht, dass die heutigen Stände eine unmittelbare
Fortsetzung der älteren Stände seien, etwa nur modificirt nach dem
Bedürfnisse der Gegenwart, ist gewiss unrichtig. Diess selbst für
diejenigen Länder, welche in die neue Verfassung einzelne Ele-
mente der älteren ständischen Verfassung aufgenommen haben.
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[119/0137] §. 39. Die Landstände. eine Sicherheit dafür bestehen, dass der persönliche Wille des Monarchen mit der sittlichen Ueberzeugung des Volks zusammentreffe. Denn von dem sittlichen Bewusstsein des letzteren sollen die materiellen Motive des Staatswillens ausgehen. Sonach bedarf der Staat noch ein besonderes Organ, welches die beiden Auf- gaben erfüllt, die Rechtmässigkeit des Regierens zu sichern und die sittlichen Ueberzeugungen des Volks zum unmittelbaren und wirksamen Ausdrucke zu bringen. Dieses Organ sind die Landstände; ihre Aufgabe ist nicht: zu herrschen, sondern beschränkend zu dem herrschenden Willen des Monarchen hinzuzutreten, so dass dieser erst zu rechtlicher Existenz gelangt, wenn er da, wo es die Verfassung fordert, den Willen der Landstände in sich aufgenommen hat. 2 Landstände sind von jeher ein Element der deut- schen Landesverfassung gewesen. Aber die älteren deutschen Territorialstände können nur in Verbindung mit den allgemeinen staatsrechtlichen Verhältnissen ihrer Zeit begriffen werden, mit deren Untergang sie als eine ihr angehörende Gestaltung verschwunden sind; die Stände der Gegenwart sind als ein neues Institut aus dem Boden eines völlig veränderten Staatsrechts hervor- gewachsen. 3 Die älteren deutschen Stände, Prälaten, 2 So und nicht anders fasst das deutsche Staatsrecht die Stellung der Landstände auf. 3 Die Ansicht, dass die heutigen Stände eine unmittelbare Fortsetzung der älteren Stände seien, etwa nur modificirt nach dem Bedürfnisse der Gegenwart, ist gewiss unrichtig. Diess selbst für diejenigen Länder, welche in die neue Verfassung einzelne Ele- mente der älteren ständischen Verfassung aufgenommen haben.

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Zitationshilfe: Gerber, Carl Friedrich von: Grundzüge eines Systems des deutschen Staatsrecht. Leipzig, 1865, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerber_staatsrecht_1865/137>, abgerufen am 28.11.2024.