George, Stefan: Das Jahr der Seele. Berlin, 1897.Ein jedes einen schlanken strauss umschlänge Hell-flitternd wie von leichtgeregter espe Daraus als wimpel eine silber-trespe Hoch über ihre schwachen stirnen schwänge Und beide langsam kämen nach dem weiher Auf breitem marmelstiege manchmal wankend Bis bei dem flügelschlag der nahen reiher Der arme sanfte bürde heftig schwankend Duft-nebel wirbelte von kühlen narden Mit denen die Vereinten höherem raume Entgegen schwebend immer lichter warden Bald eines mit dem reinen äther-flaume. Nachtwachen I Deine stirne verborgen halb durch die beiden Wölkchen von haaren (sie sind blond und seiden) Deine stirne spricht mir von jugendlichem leide Deine lippen (sie sind stumm) erzählen die geschichte Der seelen verurteilt in gottes gerichte · Erregender spiegel dein auge spiel damit nicht! Wenn du lächelst (endlich flog über dir der schlummer her) Dein lächeln gleicht dem weinen sehr Und du neigst ein wenig dein haupt von kummer schwer. Ein jedes einen schlanken strauss umschlänge Hell-flitternd wie von leichtgeregter espe Daraus als wimpel eine silber-trespe Hoch über ihre schwachen stirnen schwänge Und beide langsam kämen nach dem weiher Auf breitem marmelstiege manchmal wankend Bis bei dem flügelschlag der nahen reiher Der arme sanfte bürde heftig schwankend Duft-nebel wirbelte von kühlen narden Mit denen die Vereinten höherem raume Entgegen schwebend immer lichter warden Bald eines mit dem reinen äther-flaume. Nachtwachen I Deine stirne verborgen halb durch die beiden Wölkchen von haaren (sie sind blond und seiden) Deine stirne spricht mir von jugendlichem leide Deine lippen (sie sind stumm) erzählen die geschichte Der seelen verurteilt in gottes gerichte · Erregender spiegel dein auge spiel damit nicht! Wenn du lächelst (endlich flog über dir der schlummer her) Dein lächeln gleicht dem weinen sehr Und du neigst ein wenig dein haupt von kummer schwer. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0034"/> <lg n="2"> <l><hi rendition="#blue">E</hi>in jedes einen schlanken strauss umschlänge</l><lb/> <l><hi rendition="#red">H</hi>ell-flitternd wie von leichtgeregter espe</l><lb/> <l><hi rendition="#red">D</hi>araus als wimpel eine silber-trespe</l><lb/> <l><hi rendition="#red">H</hi>och über ihre schwachen stirnen schwänge</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l><hi rendition="#blue">U</hi>nd beide langsam kämen nach dem weiher</l><lb/> <l><hi rendition="#red">A</hi>uf breitem marmelstiege manchmal wankend</l><lb/> <l><hi rendition="#red">B</hi>is bei dem flügelschlag der nahen reiher</l><lb/> <l><hi rendition="#red">D</hi>er arme sanfte bürde heftig schwankend</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l><hi rendition="#blue">D</hi>uft-nebel wirbelte von kühlen narden</l><lb/> <l><hi rendition="#red">M</hi>it denen die Vereinten höherem raume</l><lb/> <l><hi rendition="#red">E</hi>ntgegen schwebend immer lichter warden</l><lb/> <l><hi rendition="#red">B</hi>ald eines mit dem reinen äther-flaume.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#red">Nachtwachen</hi> </head><lb/> <lg type="poem"> <head>I</head><lb/> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in #red">D</hi>eine stirne verborgen halb durch die beiden</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">W</hi>ölkchen von haaren (sie sind blond und seiden)</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">D</hi>eine stirne spricht mir von jugendlichem leide</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l><hi rendition="#red">D</hi>eine lippen (sie sind stumm) erzählen die geschichte</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">D</hi>er seelen verurteilt in gottes gerichte ·</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">E</hi>rregender spiegel dein auge spiel damit nicht!</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l><hi rendition="#red">W</hi>enn du lächelst (endlich flog über dir der schlummer her)</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">D</hi>ein lächeln gleicht dem weinen sehr</l><lb/> <l><hi rendition="#blue">U</hi>nd du neigst ein wenig dein haupt von kummer schwer.</l> </lg><lb/> <l/> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0034]
Ein jedes einen schlanken strauss umschlänge
Hell-flitternd wie von leichtgeregter espe
Daraus als wimpel eine silber-trespe
Hoch über ihre schwachen stirnen schwänge
Und beide langsam kämen nach dem weiher
Auf breitem marmelstiege manchmal wankend
Bis bei dem flügelschlag der nahen reiher
Der arme sanfte bürde heftig schwankend
Duft-nebel wirbelte von kühlen narden
Mit denen die Vereinten höherem raume
Entgegen schwebend immer lichter warden
Bald eines mit dem reinen äther-flaume.
Nachtwachen
I
Deine stirne verborgen halb durch die beiden
Wölkchen von haaren (sie sind blond und seiden)
Deine stirne spricht mir von jugendlichem leide
Deine lippen (sie sind stumm) erzählen die geschichte
Der seelen verurteilt in gottes gerichte ·
Erregender spiegel dein auge spiel damit nicht!
Wenn du lächelst (endlich flog über dir der schlummer her)
Dein lächeln gleicht dem weinen sehr
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