[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.Leben der Schwedischen leyn oder mit Remourn, theilen konnte. VonSteeleyn hatte mein Wohlthäter auf mein Bitten die Nachricht eingezogen, daß er nach Pohem, vierzehn Tagereisen von Tobolskoy, gebracht worden wäre, ob er aber noch lebte, das konnte ich nicht erfahren. Der Jude hat- te mir ein Geschenk von ein Duzend Dukaten gemacht, damit ich in seiner Abwesenheit et- was zu meiner Versorgung hätte. Jch wag- te es und bat ihn, daß er drey davon Re- mourn überbringen, oder ihm einige Erqui- ckungen dafür schaffen möchte, die übrigen hub ich in Gedanken für Steeleyn auf. Er that es, und das war nicht genug: er brachte es noch denselben Tag dahin, daß Remour etliche Stunden zu mir gelassen wurde. Jch thei- lete mein Herz mit ihm und alles, was ich hat- te. Jch hoffte dieses Vergnügen noch mehr- mal zu geniessen; allein er ward darauf krank und starb; und ich erhielt nicht eher, als et- liche Stunden vor seinem Tode die Erlaubniß ihn zu besuchen, da er kaum noch etliche Wor- te stammeln konnte. Der Jude setzte, wie er mir versprochen hatte, seine Besuche fleißig fort. Er gab mir allerhand Anschläge, aller- hand Nachrichten von dem Gouverneur, und sagte mir, daß er bey dem Zaar in grossen Gnaden stünde, daß er mit ihm in Deutsch- land
Leben der Schwediſchen leyn oder mit Remourn, theilen konnte. VonSteeleyn hatte mein Wohlthaͤter auf mein Bitten die Nachricht eingezogen, daß er nach Pohem, vierzehn Tagereiſen von Tobolskoy, gebracht worden waͤre, ob er aber noch lebte, das konnte ich nicht erfahren. Der Jude hat- te mir ein Geſchenk von ein Duzend Dukaten gemacht, damit ich in ſeiner Abweſenheit et- was zu meiner Verſorgung haͤtte. Jch wag- te es und bat ihn, daß er drey davon Re- mourn uͤberbringen, oder ihm einige Erqui- ckungen dafuͤr ſchaffen moͤchte, die uͤbrigen hub ich in Gedanken fuͤr Steeleyn auf. Er that es, und das war nicht genug: er brachte es noch denſelben Tag dahin, daß Remour etliche Stunden zu mir gelaſſen wurde. Jch thei- lete mein Herz mit ihm und alles, was ich hat- te. Jch hoffte dieſes Vergnuͤgen noch mehr- mal zu genieſſen; allein er ward darauf krank und ſtarb; und ich erhielt nicht eher, als et- liche Stunden vor ſeinem Tode die Erlaubniß ihn zu beſuchen, da er kaum noch etliche Wor- te ſtammeln konnte. Der Jude ſetzte, wie er mir verſprochen hatte, ſeine Beſuche fleißig fort. Er gab mir allerhand Anſchlaͤge, aller- hand Nachrichten von dem Gouverneur, und ſagte mir, daß er bey dem Zaar in groſſen Gnaden ſtuͤnde, daß er mit ihm in Deutſch- land
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Leben der Schwediſchen
leyn oder mit Remourn, theilen konnte. Von
Steeleyn hatte mein Wohlthaͤter auf mein
Bitten die Nachricht eingezogen, daß er nach
Pohem, vierzehn Tagereiſen von Tobolskoy,
gebracht worden waͤre, ob er aber noch lebte,
das konnte ich nicht erfahren. Der Jude hat-
te mir ein Geſchenk von ein Duzend Dukaten
gemacht, damit ich in ſeiner Abweſenheit et-
was zu meiner Verſorgung haͤtte. Jch wag-
te es und bat ihn, daß er drey davon Re-
mourn uͤberbringen, oder ihm einige Erqui-
ckungen dafuͤr ſchaffen moͤchte, die uͤbrigen hub
ich in Gedanken fuͤr Steeleyn auf. Er that
es, und das war nicht genug: er brachte es
noch denſelben Tag dahin, daß Remour etliche
Stunden zu mir gelaſſen wurde. Jch thei-
lete mein Herz mit ihm und alles, was ich hat-
te. Jch hoffte dieſes Vergnuͤgen noch mehr-
mal zu genieſſen; allein er ward darauf krank
und ſtarb; und ich erhielt nicht eher, als et-
liche Stunden vor ſeinem Tode die Erlaubniß
ihn zu beſuchen, da er kaum noch etliche Wor-
te ſtammeln konnte. Der Jude ſetzte, wie er
mir verſprochen hatte, ſeine Beſuche fleißig
fort. Er gab mir allerhand Anſchlaͤge, aller-
hand Nachrichten von dem Gouverneur, und
ſagte mir, daß er bey dem Zaar in groſſen
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