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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.

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Leben der Schwedischen
Jch und Sidne baten ihn oft, es nicht zu
thun, weil wir nach und nach viel Bosheit bey
dem Popen merkten. Da endlich unser Geld
alle wurde und der Pope auf die letzt meistens
betrunken zu uns kam: so dankten wir diesen
Geistlichen ab. Dieses verdroß ihn. Er
schalt auf Steeleyn und den armen Sidne, der
ihm das letzte Geld für seine Unterweisung
auszahlte. Wir suchten ihn bald durch gute
Worte, bald durch Stillschweigen zu besänfti-
gen; aber vergebens. Der Brandtwein und
eine niederträchtige Seele tobten aus ihm, und
er lärmte und schrie, biß die Wache hereintrat.
Sie fragte, was es wäre, und der Bösewicht
beschuldigte uns, daß wir wider den
Zaar und die Kirche gesprochen hät-
ten. Die Wache ward über diese Beschuldi-
gung so rasend, daß wir in der Gefahr waren,
umgebracht zu werden. Der Oberaufseher
kam und versprach dem Popen Genugthuung;
wir aber wurden gleich als die größten Misse-
thäter geschlossen. Ach meine Gemahlinn, soll
ich euch unsere damalige Angst beschreiben?
soll ich euch alles sagen? Wir wurden den
andern Tag zum Verhör gebracht. Der Po-
pe, dessen Wort unbetrüglich war, widerhol-
te seine Beschuldigung zuerst gegen Steeleyn.
Mein Freund berufte sich auf seine Unschuld;

aber

Leben der Schwediſchen
Jch und Sidne baten ihn oft, es nicht zu
thun, weil wir nach und nach viel Bosheit bey
dem Popen merkten. Da endlich unſer Geld
alle wurde und der Pope auf die letzt meiſtens
betrunken zu uns kam: ſo dankten wir dieſen
Geiſtlichen ab. Dieſes verdroß ihn. Er
ſchalt auf Steeleyn und den armen Sidne, der
ihm das letzte Geld fuͤr ſeine Unterweiſung
auszahlte. Wir ſuchten ihn bald durch gute
Worte, bald durch Stillſchweigen zu beſaͤnfti-
gen; aber vergebens. Der Brandtwein und
eine niedertraͤchtige Seele tobten aus ihm, und
er laͤrmte und ſchrie, biß die Wache hereintrat.
Sie fragte, was es waͤre, und der Boͤſewicht
beſchuldigte uns, daß wir wider den
Zaar und die Kirche geſprochen haͤt-
ten. Die Wache ward uͤber dieſe Beſchuldi-
gung ſo raſend, daß wir in der Gefahr waren,
umgebracht zu werden. Der Oberaufſeher
kam und verſprach dem Popen Genugthuung;
wir aber wurden gleich als die groͤßten Miſſe-
thaͤter geſchloſſen. Ach meine Gemahlinn, ſoll
ich euch unſere damalige Angſt beſchreiben?
ſoll ich euch alles ſagen? Wir wurden den
andern Tag zum Verhoͤr gebracht. Der Po-
pe, deſſen Wort unbetruͤglich war, widerhol-
te ſeine Beſchuldigung zuerſt gegen Steeleyn.
Mein Freund berufte ſich auf ſeine Unſchuld;

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[24/0024] Leben der Schwediſchen Jch und Sidne baten ihn oft, es nicht zu thun, weil wir nach und nach viel Bosheit bey dem Popen merkten. Da endlich unſer Geld alle wurde und der Pope auf die letzt meiſtens betrunken zu uns kam: ſo dankten wir dieſen Geiſtlichen ab. Dieſes verdroß ihn. Er ſchalt auf Steeleyn und den armen Sidne, der ihm das letzte Geld fuͤr ſeine Unterweiſung auszahlte. Wir ſuchten ihn bald durch gute Worte, bald durch Stillſchweigen zu beſaͤnfti- gen; aber vergebens. Der Brandtwein und eine niedertraͤchtige Seele tobten aus ihm, und er laͤrmte und ſchrie, biß die Wache hereintrat. Sie fragte, was es waͤre, und der Boͤſewicht beſchuldigte uns, daß wir wider den Zaar und die Kirche geſprochen haͤt- ten. Die Wache ward uͤber dieſe Beſchuldi- gung ſo raſend, daß wir in der Gefahr waren, umgebracht zu werden. Der Oberaufſeher kam und verſprach dem Popen Genugthuung; wir aber wurden gleich als die groͤßten Miſſe- thaͤter geſchloſſen. Ach meine Gemahlinn, ſoll ich euch unſere damalige Angſt beſchreiben? ſoll ich euch alles ſagen? Wir wurden den andern Tag zum Verhoͤr gebracht. Der Po- pe, deſſen Wort unbetruͤglich war, widerhol- te ſeine Beſchuldigung zuerſt gegen Steeleyn. Mein Freund berufte ſich auf ſeine Unſchuld; aber

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben02_1748/24>, abgerufen am 24.11.2024.