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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.

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Leben der Schwedischen
nem Fieber. Wir eilten den andern Tag von
unserm großmüthigen Wirthe auf unser Land-
gut zurück, und das Fieber ließ den armen Grafen
kaum mehr aufdauern. Er ward in wenig Tagen
so entkräftet, daß er die Hofnung zum Leben
aufgab. Jch kam bis in den neunten Tag
weder Tag noch Nacht von seiner Seite und
suchte mir ihn recht wider den Willen des Schick-
sals zu erhalten; so vollkommen liebte ich ihn
noch. Drey Tage vor seinem Ende wünschte er,
daß ihn der Prinz besuchen möchte. Wir liessens
ihm eiligst melden, und er war den Tag darauf
schon zugegen. Sehn sie, sprach der Graf, daß
ich keine Gnade des Königs mehr nöthig habe?
Jch will nur Abschied von ihnen nehmen und sie
und mich überzeugen, daß ich als ihr Freund
sterbe. Der Prinz war so gerührt uud zugleich
so beschämt, daß er ihm wenig antworten konn-
te. Er blieb wohl eine halbe Stunde vor dem
Bette sitzen und drückte ihm die Hand, und
fragte, ob er ihm denn mit nichts mehr dienen
könnte, als mit seinem Mitleiden. Der Graf
ward so schwach, daß er kaum mehr reden konn-
te; und bat den Prinzen ihn zu verlassen. Der
Prinz gieng mit der größten Wehmuth fort und
wagte es nicht, von mir Abschied zu nehmen.
Den andern Tag kam der Graf aus einem
tiefen Schlafe eine Stunde lang wieder zu sich
selber. Amalie, Steeley und R. der doch selbst
noch krank war, traten alle zu ihm. Bald,
sprach er zu mir, hätte ich euch nicht wieder ge-
sehn. Ach meine Gemahlinn, der Tod ist nicht

schwer,

Leben der Schwediſchen
nem Fieber. Wir eilten den andern Tag von
unſerm großmuͤthigen Wirthe auf unſer Land-
gut zuruͤck, und das Fieber ließ den armen Grafen
kaum mehr aufdauern. Er ward in wenig Tagen
ſo entkraͤftet, daß er die Hofnung zum Leben
aufgab. Jch kam bis in den neunten Tag
weder Tag noch Nacht von ſeiner Seite und
ſuchte mir ihn recht wider den Willen des Schick-
ſals zu erhalten; ſo vollkommen liebte ich ihn
noch. Drey Tage vor ſeinem Ende wuͤnſchte er,
daß ihn der Prinz beſuchen moͤchte. Wir lieſſens
ihm eiligſt melden, und er war den Tag darauf
ſchon zugegen. Sehn ſie, ſprach der Graf, daß
ich keine Gnade des Koͤnigs mehr noͤthig habe?
Jch will nur Abſchied von ihnen nehmen und ſie
und mich uͤberzeugen, daß ich als ihr Freund
ſterbe. Der Prinz war ſo geruͤhrt uud zugleich
ſo beſchaͤmt, daß er ihm wenig antworten konn-
te. Er blieb wohl eine halbe Stunde vor dem
Bette ſitzen und druͤckte ihm die Hand, und
fragte, ob er ihm denn mit nichts mehr dienen
koͤnnte, als mit ſeinem Mitleiden. Der Graf
ward ſo ſchwach, daß er kaum mehr reden konn-
te; und bat den Prinzen ihn zu verlaſſen. Der
Prinz gieng mit der groͤßten Wehmuth fort und
wagte es nicht, von mir Abſchied zu nehmen.
Den andern Tag kam der Graf aus einem
tiefen Schlafe eine Stunde lang wieder zu ſich
ſelber. Amalie, Steeley und R. der doch ſelbſt
noch krank war, traten alle zu ihm. Bald,
ſprach er zu mir, haͤtte ich euch nicht wieder ge-
ſehn. Ach meine Gemahlinn, der Tod iſt nicht

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[134/0134] Leben der Schwediſchen nem Fieber. Wir eilten den andern Tag von unſerm großmuͤthigen Wirthe auf unſer Land- gut zuruͤck, und das Fieber ließ den armen Grafen kaum mehr aufdauern. Er ward in wenig Tagen ſo entkraͤftet, daß er die Hofnung zum Leben aufgab. Jch kam bis in den neunten Tag weder Tag noch Nacht von ſeiner Seite und ſuchte mir ihn recht wider den Willen des Schick- ſals zu erhalten; ſo vollkommen liebte ich ihn noch. Drey Tage vor ſeinem Ende wuͤnſchte er, daß ihn der Prinz beſuchen moͤchte. Wir lieſſens ihm eiligſt melden, und er war den Tag darauf ſchon zugegen. Sehn ſie, ſprach der Graf, daß ich keine Gnade des Koͤnigs mehr noͤthig habe? Jch will nur Abſchied von ihnen nehmen und ſie und mich uͤberzeugen, daß ich als ihr Freund ſterbe. Der Prinz war ſo geruͤhrt uud zugleich ſo beſchaͤmt, daß er ihm wenig antworten konn- te. Er blieb wohl eine halbe Stunde vor dem Bette ſitzen und druͤckte ihm die Hand, und fragte, ob er ihm denn mit nichts mehr dienen koͤnnte, als mit ſeinem Mitleiden. Der Graf ward ſo ſchwach, daß er kaum mehr reden konn- te; und bat den Prinzen ihn zu verlaſſen. Der Prinz gieng mit der groͤßten Wehmuth fort und wagte es nicht, von mir Abſchied zu nehmen. Den andern Tag kam der Graf aus einem tiefen Schlafe eine Stunde lang wieder zu ſich ſelber. Amalie, Steeley und R. der doch ſelbſt noch krank war, traten alle zu ihm. Bald, ſprach er zu mir, haͤtte ich euch nicht wieder ge- ſehn. Ach meine Gemahlinn, der Tod iſt nicht ſchwer,

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben02_1748/134>, abgerufen am 25.11.2024.