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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748.

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Gräfiinn von G**
nicht: so bleiben sie hier. Jch will es bey dem
Könige so weit bringen, daß sie als Schwedi-
scher Envoye bey meiner Abreise zurück bleiben
sollen. Sagen sie ja, Herr Graf, damit ich
das Vergnügen habe, sie zu überzeugen, daß
ich sie hoch schätze und das Vergangene wieder
gut machen will. Der Graf schlug beydes aus.
Jch bin zufrieden, sprach er, daß sie mein Freund
sind, und mich in die Gnade des Königs von
neuem setzen wollen: mehr verlange ich nicht.
Sollte ich mich noch einmal in die grosse Welt
wagen und glücklich seyn, um vielleicht wieder
unglücklich zu werden? Jch will mein Leben oh-
ne öffentliche Geschäfte beschliessen. Robert
mengte sich endlich in das Gespräch, und unsere
Furcht vor dem Prinzen verminderte sich. Es
sey nun, daß seine Rache gesättigt war, oder daß
ihn sein Gewissen gequält hatte: so bezeugte er
den ganzen Abend eine ausserordentliche Freude,
daß der Graf noch lebte, den er so viele Jahre
hindurch für todt gehalten hatte. Mein Ge-
mahl that so großmüthig gegen| ihn, als ob er
nie von ihm wäre beleidigt worden. Der
Prinz nahm noch denselben Abend von uns Ab-
schied, weil er sehr früh wieder zurück nach
London wollte. Wenn sie mein Freund sind,
sprach er zum Grafen, so besuchen sie mich noch
diese Woche, oder ich komme zu ihnen. Der
Graf versprach es ihm, allein er konnte sein
Wort nicht halten; die Zeit war da, daß ich ihn
zum andern male verlieren sollte. Denn in
eben dieser Nacht bekam er einen Anfall von ei-

nem
J 3

Graͤfiinn von G**
nicht: ſo bleiben ſie hier. Jch will es bey dem
Koͤnige ſo weit bringen, daß ſie als Schwedi-
ſcher Envoye bey meiner Abreiſe zuruͤck bleiben
ſollen. Sagen ſie ja, Herr Graf, damit ich
das Vergnuͤgen habe, ſie zu uͤberzeugen, daß
ich ſie hoch ſchaͤtze und das Vergangene wieder
gut machen will. Der Graf ſchlug beydes aus.
Jch bin zufrieden, ſprach er, daß ſie mein Freund
ſind, und mich in die Gnade des Koͤnigs von
neuem ſetzen wollen: mehr verlange ich nicht.
Sollte ich mich noch einmal in die groſſe Welt
wagen und gluͤcklich ſeyn, um vielleicht wieder
ungluͤcklich zu werden? Jch will mein Leben oh-
ne oͤffentliche Geſchaͤfte beſchlieſſen. Robert
mengte ſich endlich in das Geſpraͤch, und unſere
Furcht vor dem Prinzen verminderte ſich. Es
ſey nun, daß ſeine Rache geſaͤttigt war, oder daß
ihn ſein Gewiſſen gequaͤlt hatte: ſo bezeugte er
den ganzen Abend eine auſſerordentliche Freude,
daß der Graf noch lebte, den er ſo viele Jahre
hindurch fuͤr todt gehalten hatte. Mein Ge-
mahl that ſo großmuͤthig gegen| ihn, als ob er
nie von ihm waͤre beleidigt worden. Der
Prinz nahm noch denſelben Abend von uns Ab-
ſchied, weil er ſehr fruͤh wieder zuruͤck nach
London wollte. Wenn ſie mein Freund ſind,
ſprach er zum Grafen, ſo beſuchen ſie mich noch
dieſe Woche, oder ich komme zu ihnen. Der
Graf verſprach es ihm, allein er konnte ſein
Wort nicht halten; die Zeit war da, daß ich ihn
zum andern male verlieren ſollte. Denn in
eben dieſer Nacht bekam er einen Anfall von ei-

nem
J 3
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[133/0133] Graͤfiinn von G** nicht: ſo bleiben ſie hier. Jch will es bey dem Koͤnige ſo weit bringen, daß ſie als Schwedi- ſcher Envoye bey meiner Abreiſe zuruͤck bleiben ſollen. Sagen ſie ja, Herr Graf, damit ich das Vergnuͤgen habe, ſie zu uͤberzeugen, daß ich ſie hoch ſchaͤtze und das Vergangene wieder gut machen will. Der Graf ſchlug beydes aus. Jch bin zufrieden, ſprach er, daß ſie mein Freund ſind, und mich in die Gnade des Koͤnigs von neuem ſetzen wollen: mehr verlange ich nicht. Sollte ich mich noch einmal in die groſſe Welt wagen und gluͤcklich ſeyn, um vielleicht wieder ungluͤcklich zu werden? Jch will mein Leben oh- ne oͤffentliche Geſchaͤfte beſchlieſſen. Robert mengte ſich endlich in das Geſpraͤch, und unſere Furcht vor dem Prinzen verminderte ſich. Es ſey nun, daß ſeine Rache geſaͤttigt war, oder daß ihn ſein Gewiſſen gequaͤlt hatte: ſo bezeugte er den ganzen Abend eine auſſerordentliche Freude, daß der Graf noch lebte, den er ſo viele Jahre hindurch fuͤr todt gehalten hatte. Mein Ge- mahl that ſo großmuͤthig gegen| ihn, als ob er nie von ihm waͤre beleidigt worden. Der Prinz nahm noch denſelben Abend von uns Ab- ſchied, weil er ſehr fruͤh wieder zuruͤck nach London wollte. Wenn ſie mein Freund ſind, ſprach er zum Grafen, ſo beſuchen ſie mich noch dieſe Woche, oder ich komme zu ihnen. Der Graf verſprach es ihm, allein er konnte ſein Wort nicht halten; die Zeit war da, daß ich ihn zum andern male verlieren ſollte. Denn in eben dieſer Nacht bekam er einen Anfall von ei- nem J 3

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G**. Bd. 2. Leipzig, 1748, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben02_1748/133>, abgerufen am 22.11.2024.