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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

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Gräfinn von G **
holen und zu uns bringen sollte. Er
hatte sie bereits unterwegs angetroffen,
und sie war bey uns, ehe wir es ver-
mutheten. Sie hatte sich recht verjüngt,
und sie ward durch die Freude über ih-
res Sohnes Glück und mein Vergnü-
gen alle Tage belebter und munterer.
Jndessen versicherte uns diese rechtschaf-
fene Frau, daß ihr Vergnügen gar zu
groß sey, als daß es lange Bestand ha-
ben könnte. Mariane kam mit einer
Tochter darnieder. Auch dieses diente
uns zu einer neuen Freude. Doch ie
mehr wir Ursache hatten, mit Marianen
zufrieden zu seyn, desto begieriger wur-
den wir, etwas gewisses von ihrer Her-
kunft zu erfahren. Gleichwohl war alle
unsere angewandte Mühe vergebens, uns
dieses Geheimniß zu entdecken. Maria-
ne hatte ihrem Manne zu Liebe das
Kloster heimlich verlassen, und wir muß-
ten bey unserer Nachforschung sehr be-
hutsam gehen, damit wir sie nicht in die

Gefahr
F 3

Gräfinn von G **
holen und zu uns bringen ſollte. Er
hatte ſie bereits unterwegs angetroffen,
und ſie war bey uns, ehe wir es ver-
mutheten. Sie hatte ſich recht verjüngt,
und ſie ward durch die Freude über ih-
res Sohnes Glück und mein Vergnü-
gen alle Tage belebter und munterer.
Jndeſſen verſicherte uns dieſe rechtſchaf-
fene Frau, daß ihr Vergnügen gar zu
groß ſey, als daß es lange Beſtand ha-
ben könnte. Mariane kam mit einer
Tochter darnieder. Auch dieſes diente
uns zu einer neuen Freude. Doch ie
mehr wir Urſache hatten, mit Marianen
zufrieden zu ſeyn, deſto begieriger wur-
den wir, etwas gewiſſes von ihrer Her-
kunft zu erfahren. Gleichwohl war alle
unſere angewandte Mühe vergebens, uns
dieſes Geheimniß zu entdecken. Maria-
ne hatte ihrem Manne zu Liebe das
Kloſter heimlich verlaſſen, und wir muß-
ten bey unſerer Nachforſchung ſehr be-
hutſam gehen, damit wir ſie nicht in die

Gefahr
F 3
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[85/0085] Gräfinn von G ** holen und zu uns bringen ſollte. Er hatte ſie bereits unterwegs angetroffen, und ſie war bey uns, ehe wir es ver- mutheten. Sie hatte ſich recht verjüngt, und ſie ward durch die Freude über ih- res Sohnes Glück und mein Vergnü- gen alle Tage belebter und munterer. Jndeſſen verſicherte uns dieſe rechtſchaf- fene Frau, daß ihr Vergnügen gar zu groß ſey, als daß es lange Beſtand ha- ben könnte. Mariane kam mit einer Tochter darnieder. Auch dieſes diente uns zu einer neuen Freude. Doch ie mehr wir Urſache hatten, mit Marianen zufrieden zu ſeyn, deſto begieriger wur- den wir, etwas gewiſſes von ihrer Her- kunft zu erfahren. Gleichwohl war alle unſere angewandte Mühe vergebens, uns dieſes Geheimniß zu entdecken. Maria- ne hatte ihrem Manne zu Liebe das Kloſter heimlich verlaſſen, und wir muß- ten bey unſerer Nachforſchung ſehr be- hutſam gehen, damit wir ſie nicht in die Gefahr F 3

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/85>, abgerufen am 25.11.2024.