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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

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Gräfinn von G **
ster erzogen. Jhr unschuldiges und auf-
richtiges Herz hätte auch den Mangel
des Witzes tausendmal ersetzt, wenn sie
gleich weniger Einsicht gehabt hätte, als
sie in der That hatte. Es hieng ihr
noch etwas Schüchternes aus dem Klo-
ster an; allein selbst diese Schüchternheit
schickte sich so wohl zu ihrer Unschuld,
daß man sie ungern würde vermißt ha-
ben. Ja, ich sage noch mehr, man lieb-
te so gar an ihr die Schüchternheit; so
wie oft ein Fehler unter gewissen Um-
ständen zu einer Schönheit werden
kann.

Jch suche die Worte vergebens, mit
denen ich ihre Zärtlichkeit gegen ihren
Mann beschreiben will. Man stelle sich
einen sehr einnehmenden, feurigen und
blühenden Mann, (denn dieses war Carl-
son) und dann ein von Natur zärtliches
Frauenzimmer vor, die von Jugend auf
eine Nonne gewesen war, und bey der die

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Gräfinn von G **
ſter erzogen. Jhr unſchuldiges und auf-
richtiges Herz hätte auch den Mangel
des Witzes tauſendmal erſetzt, wenn ſie
gleich weniger Einſicht gehabt hätte, als
ſie in der That hatte. Es hieng ihr
noch etwas Schüchternes aus dem Klo-
ſter an; allein ſelbſt dieſe Schüchternheit
ſchickte ſich ſo wohl zu ihrer Unſchuld,
daß man ſie ungern würde vermißt ha-
ben. Ja, ich ſage noch mehr, man lieb-
te ſo gar an ihr die Schüchternheit; ſo
wie oft ein Fehler unter gewiſſen Um-
ſtänden zu einer Schönheit werden
kann.

Jch ſuche die Worte vergebens, mit
denen ich ihre Zärtlichkeit gegen ihren
Mann beſchreiben will. Man ſtelle ſich
einen ſehr einnehmenden, feurigen und
blühenden Mann, (denn dieſes war Carl-
ſon) und dann ein von Natur zärtliches
Frauenzimmer vor, die von Jugend auf
eine Nonne geweſen war, und bey der die

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[83/0083] Gräfinn von G ** ſter erzogen. Jhr unſchuldiges und auf- richtiges Herz hätte auch den Mangel des Witzes tauſendmal erſetzt, wenn ſie gleich weniger Einſicht gehabt hätte, als ſie in der That hatte. Es hieng ihr noch etwas Schüchternes aus dem Klo- ſter an; allein ſelbſt dieſe Schüchternheit ſchickte ſich ſo wohl zu ihrer Unſchuld, daß man ſie ungern würde vermißt ha- ben. Ja, ich ſage noch mehr, man lieb- te ſo gar an ihr die Schüchternheit; ſo wie oft ein Fehler unter gewiſſen Um- ſtänden zu einer Schönheit werden kann. Jch ſuche die Worte vergebens, mit denen ich ihre Zärtlichkeit gegen ihren Mann beſchreiben will. Man ſtelle ſich einen ſehr einnehmenden, feurigen und blühenden Mann, (denn dieſes war Carl- ſon) und dann ein von Natur zärtliches Frauenzimmer vor, die von Jugend auf eine Nonne geweſen war, und bey der die ſüſ- F 2

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/83>, abgerufen am 22.11.2024.