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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

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Gräfinn von G **
sie mirs nur. Jch will sie durch meine
Gegenwart nicht länger quälen. Jch will
sie gleich verlassen. Sie sind mir nicht
untreu geworden. Sie haben mich für todt
gehalten. Jch mache ihnen keine Vorwürfe.
Niemand ist an meinem Unglücke Schuld,
als das Verhängniß. Vielleicht ist dieses
die Strafe für die Liebe mit Carolinen.
Ueberwinden sie sich und reden sie mit
mir, fuhr er fort. Jch kann es von
niemanden, als von ihnen anhören, wer
ihr Mann ist. Jch sprang von dem
Stuhle auf, und fiel ihm in die Arme, aber
ich sagte noch kein Wort. Nein, fieng er
an, erweisen sie mir keine Zärtlichkeiten.
Jch verdiene sie, das weis mein Herz; aber
ihr itziger Ehegemahl kann ihre Liebe allein
fordern, und ich muß dem Schicksale und
der Tugend mit meiner Liebe weichen.
Durch dieses Geständniß brachte er mich
nur mehr in Bewegung. Er fragte end-
lich das kleine Kind, wo der Papa wäre,
und warum er nicht herein käme? Er ist

ja
J 5

Gräfinn von G **
ſie mirs nur. Jch will ſie durch meine
Gegenwart nicht länger quälen. Jch will
ſie gleich verlaſſen. Sie ſind mir nicht
untreu geworden. Sie haben mich für todt
gehalten. Jch mache ihnen keine Vorwürfe.
Niemand iſt an meinem Unglücke Schuld,
als das Verhängniß. Vielleicht iſt dieſes
die Strafe für die Liebe mit Carolinen.
Ueberwinden ſie ſich und reden ſie mit
mir, fuhr er fort. Jch kann es von
niemanden, als von ihnen anhören, wer
ihr Mann iſt. Jch ſprang von dem
Stuhle auf, und fiel ihm in die Arme, aber
ich ſagte noch kein Wort. Nein, fieng er
an, erweiſen ſie mir keine Zärtlichkeiten.
Jch verdiene ſie, das weis mein Herz; aber
ihr itziger Ehegemahl kann ihre Liebe allein
fordern, und ich muß dem Schickſale und
der Tugend mit meiner Liebe weichen.
Durch dieſes Geſtändniß brachte er mich
nur mehr in Bewegung. Er fragte end-
lich das kleine Kind, wo der Papa wäre,
und warum er nicht herein käme? Er iſt

ja
J 5
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[137/0137] Gräfinn von G ** ſie mirs nur. Jch will ſie durch meine Gegenwart nicht länger quälen. Jch will ſie gleich verlaſſen. Sie ſind mir nicht untreu geworden. Sie haben mich für todt gehalten. Jch mache ihnen keine Vorwürfe. Niemand iſt an meinem Unglücke Schuld, als das Verhängniß. Vielleicht iſt dieſes die Strafe für die Liebe mit Carolinen. Ueberwinden ſie ſich und reden ſie mit mir, fuhr er fort. Jch kann es von niemanden, als von ihnen anhören, wer ihr Mann iſt. Jch ſprang von dem Stuhle auf, und fiel ihm in die Arme, aber ich ſagte noch kein Wort. Nein, fieng er an, erweiſen ſie mir keine Zärtlichkeiten. Jch verdiene ſie, das weis mein Herz; aber ihr itziger Ehegemahl kann ihre Liebe allein fordern, und ich muß dem Schickſale und der Tugend mit meiner Liebe weichen. Durch dieſes Geſtändniß brachte er mich nur mehr in Bewegung. Er fragte end- lich das kleine Kind, wo der Papa wäre, und warum er nicht herein käme? Er iſt ja J 5

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/137>, abgerufen am 22.11.2024.